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Wohnungskrise und Bürgergeld: VdK lehnt Kürzung bei Wohnkosten ab

Von: Jörg Ciszewski

Steigende Mieten treiben die Wohnkosten fürs Bürgergeld hoch. Anstelle von Kürzungen, wie Kanzler Merz vorschlägt, fordert der Sozialverband VdK mehr bezahlbare Wohnungen – sonst droht vielen Menschen Obdachlosigkeit.

Eine junge Familie: Vater, Mutter und ein kleines Mädchen schauen gemeinsam aus einem großen Pappkarton heraus, der auf dem Boden liegt.
Die Mieten steigen immer weiter, die Jobcenter übernehmen für Bürgergeld-Empfänger aber nur einen bestimmten Anteil für Wohnkosten. Betroffene zahlen die Differenz dann notgedrungen aus dem Regelsatz, da es immer weniger bezahlbaren Wohnraum gibt. © IMAGO / photothek / Ute Grabowsky

Nettokaltmieten steigen um 64 Prozent

Die Mieten werden immer teurer. Nach Angaben des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) stieg die durchschnittliche Nettokaltmiete zwischen 2010 und 2024 um 64 Prozent. Besonders betroffen sind Großstädte wie München oder Berlin, dort wird oft 20 Euro und mehr pro Quadratmeter verlangt. 

Viele Kommunen haben in der Vergangenheit durch den Verkauf von Wohnungen zu dieser negativen Entwicklung beigetragen. Während die Immobilienwirtschaft davon profitiert, belastet sie alle Menschen, die zur Miete wohnen – insbesondere jene mit geringen Einkommen. 

VdK: Wohnkosten-Kürzung ist realitätsfremd

Die Ausgaben der Jobcenter für die Wohnkosten von Bürgergeldempfängerinnen und -empfängern sind ebenfalls stark gestiegen. Im aktuellen Bundeshaushalt sind dafür 13 Milliarden Euro vorgesehen, hinzu kommt ein Anteil in Milliardenhöhe, den die Kommunen übernehmen.

Weil Wohnraum insgesamt viel teurer geworden ist, sieht der VdK keine Lösung darin, bei den Kosten für die Unterkunft von Bürgergeldempfängern zu kürzen. Das sei realitätsfremd und verkenne das eigentliche Problem, kritisiert VdK-Präsidentin Verena Bentele. „Es braucht vielmehr eine große politische Offensive, um das Wohnen wieder bezahlbar zu machen. Und zwar für alle. Dazu gehören mehr Sozialwohnungen, eine gezielte Stärkung der gemeinwohl-orientierten Wohnungswirtschaft und echte Beschränkungen bei den Mietsteigerungen durch eine effektive und unbefristete Mietpreisbremse und Mietendeckelungen.“

Ämter übernehmen Wohnkosten nur bis zu einer Obergrenze. „Viele Sozialgerichte bescheinigen den Jobcentern, dass die gewährten Wohnkosten zu niedrig und zu diesen Preisen keine Wohnungen zu finden sind“, kritisiert Bentele.

Betroffene zahlen Miete aus ihrem Regelsatz

Die Folge ist, dass viele Familien im Bürgergeld einen Teil der Miete aus ihrem Regelsatz selbst zahlen müssen und dadurch weniger Geld etwa für Lebensmittel haben. „Diese sogenannte Wohnkostenlücke betrug 2024 fast 500 Millionen Euro im Jahr. Wer hier noch kürzen will, sorgt für massenweise Wohnungs- und Obdachlosigkeit“, erklärt Bentele.

Die Ausgaben für die Wohnkosten seien hoch, räumt die VdK-Präsidentin ein. Das betrifft das Bürgergeld, aber auch das Wohngeld, das vor allem Rentnerinnen und Rentnern und arbeitenden Alleinerziehenden zugutekommt. „Doch hier zu kürzen, hieße, die Wohnungskrise auf dem Rücken der Schwächsten auszutragen.“

Hintergrund: Wie hoch ist die Wohnkosten-Lücke?

Aus der Externer Link:Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke im Deutschen Bundestag geht folgendes hervor:

Im Durchschnitt des Jahres 2024 überstiegen in rund 334.000 Bedarfsgemeinschaften die tatsächlichen laufenden Kosten der Unterkunft und Heizung die anerkannten Kosten. Bezogen auf alle Bedarfsgemeinschaften mit laufenden anerkannten Kosten der Unterkunft entspricht dies einem Anteil von 12,6 Prozent. Diejenigen, die davon betroffen waren mussten durchschnittlich rund 116 Euro im Monat aus dem Regelbedarf oder Ersparnissen selbst finanzieren. Im Jahr 2023 lag dieser Betrag noch bei rund 103 Euro.

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