Sturz bei Angehörigenpflege ist Arbeitsunfall
Als VdK-Mitglied Verena Bost (Name von der Redaktion geändert) ihrer pflegebedürftigen Mutter half, die Treppe hinabzusteigen, stürzte sie selbst schwer. Die gesetzliche Unfallversicherung wollte den Sturz nicht als Arbeitsunfall anerkennen. Mithilfe des Sozialverbands VdK Sachsen gelang es der pflegenden Angehörigen, ihren Anspruch auf dem Klageweg durchzusetzen.
Tochter leistet Hilfe für die pflegebedürftige Mutter
Verena Bost kümmert sich um die Pflege ihrer stark gehbehinderten Mutter, die zum Zeitpunkt des Unfalls im Dezember 2016 Pflegestufe 2 hatte, einen Grad der Behinderung von 100 und das Merkzeichen „aG“ für außergewöhnliche Gehbehinderung. Im gemeinsam bewohnten Haus lebt die Mutter auf der zweiten Etage, die Tochter im ersten Stock. Im Erdgeschoss befinden sich weitere Räume sowie eine Dusche.
Täglich versucht Verena Bost, die Mutter zu mobilisieren, indem sie ihr einen Spaziergang vorschlägt. Je nach Tagesform kann es sich dabei aber auch nur um die Strecke vom zweiten Stock ins Erdgeschoss handeln. Nach draußen geht sie mit der Mutter nur, wenn eine weitere Hilfsperson dabei ist, was am Unfalltag nicht der Fall gewesen war, erklärt das VdK-Mitglied. Nach dem Spazierengehen schließt sich das Duschen an, um der alten Dame ein erneutes Treppensteigen zu ersparen, da es im zweiten Stock kein Bad gibt. Da die Mutter mit multiresistenten Keimen belastet ist, finden Körperpflege, Kleidungswechsel und das Anziehen der Straßenkleidung und der Straßenschuhe immer im Erdgeschoss statt.
Unfallversicherung lehnt Anerkennung als Berufsunfall zunächst ab
Als Verena Bost ihre Mutter auf der Treppe hinunter ins Erdgeschoss begleitet, stürzt sie selbst schwer. Sie zieht sich eine Fraktur am linken Außenknöchel zu und verstaucht sich zusätzlich noch das rechte Sprunggelenk. Das VdK-Mitglied meldet den Unfall der Versicherung. Diese lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab. Versicherungsschutz bestehe nur auf Wegen zu Verrichtungen, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung unumgänglich seien. Spazierengehen gehöre nicht dazu. Zudem sei das Duschen erst später geplant gewesen.
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Klage vor Sozialgericht eingelegt
Mithilfe der Beratungsfachkraft Gerd Mayer vom VdK Freiberg legte Verena Bost Widerspruch ein und verwies darauf, dass die Begleitung der Mutter auf den Wegen zwischen zweiter Etage und Erdgeschoss bereits eine Pflegetätigkeit sei. Die Versicherung wies den Widerspruch im Juni 2017 zurück. Das Treppensteigen sei nicht wesentlich auf die Pflegetätigkeit, sondern das Spazierengehen gerichtet gewesen. Daraufhin erhob VdK-Juristin Kathleen Puschbeck vom VdK Sachsen Klage beim Sozialgericht Chemnitz.
Dank VdK: Unfall als Arbeitsunfall eingestuft
Das Gericht kam in der mündlichen Verhandlung mehrheitlich zu dem Schluss, dass Verena Bost einen Arbeitsunfall gehabt hatte, da das geplante tägliche Duschen der Mutter im Vordergrund gestanden habe. Insofern sei die Pflegetätigkeit im Zusammenhang mit der Körperpflege der Mutter zu sehen und damit eine versicherte Tätigkeit, urteilte das Sozialgericht Chemnitz (Aktenzeichen: S 8 U 166/17).