Reform des Transplantationsgesetzes: Neue Wege in der Organspende
In Deutschland warten Menschen jahrelang auf ein Spenderorgan, besonders häufig auf eine Niere. Deshalb sollen die gesetzlichen Regelungen angepasst werden. Die sogenannte Überkreuzlebendspende soll in bestimmten Fällen möglich werden.

Betroffene warten im Durchschnitt acht Jahre
Gabriele Meiers (Name von der Redaktion geändert) Sohn ist groß gewachsen und 25 Jahre alt. Die 58-Jährige beschreibt ihn als einfühlsam, als großen Fan des englischen Fußballclubs FC Chelsea. Früher hat er selbst Fußball gespielt, war aktiv und unternehmungslustig – bis vor fünf Jahren seine Nieren versagten. Seitdem wartet er auf eine Transplantation.
8575 Menschen in Deutschland benötigten nach Angaben der Externer Link:Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) Ende 2024 ein Spenderorgan, 6397 von ihnen eine Niere. Doch die Zahl der verfügbaren Organe reicht nicht aus.
Laut DSO haben im vergangenen Jahr 953 Menschen nach ihrem Tod 2854 Organe gespendet. Statistisch gesehen finden sich hierzulande unter einer Million Menschen 11,4 Organspenderinnen und -spender. In Spanien sind es rund 43. Dort werden pro Kopf so viele Organe verstorbener Personen gespendet wie in keinem anderen Land der Welt.
Bis Betroffene in Deutschland mit einer Niere von verstorbenen Spenderinnen oder Spendern versorgt werden können, vergehen im Schnitt acht Jahre. Mitunter dauert es deutlich länger. 253 Menschen starben im vergangenen Jahr, weil sie kein Organ erhielten.
Dreimal pro Woche zur Dialyse
Bis für Meiers Sohn eine neue Niere gefunden wird, muss er dreimal pro Woche für fünf bis sechs Stunden an ein Gerät zur Dialyse. Dieses übernimmt die Funktion der Nieren und reinigt sein Blut von Giftstoffen, überschüssigem Wasser und Elektrolyten.
„Es kostet ihn viel Kraft“
, sagt die 58-Jährige. Sie erzählt, dass er manchmal keinen Dialyseplatz in der Nähe findet, sodass er lange Fahrzeiten in Kauf nehmen muss. Diese belasten ihn zusätzlich. „Nach der Dialyse geht es ihm ohnehin nicht gut, und er hat Schmerzen“
, so Meier.
Der 25-Jährige soll in seiner Ernährung Kalium, Phosphat und Salz meiden. Vieles, wie Spinat, Brokkoli, Vollkorn- und Fertigprodukte, kann er nicht essen. Die Trinkmenge muss er begrenzen. „Wenn er uns besucht, habe ich oft Angst, etwas zu übersehen“
, sagt seine Mutter.
Kreis der möglichen Spender soll erweitert werden
Nieren oder Leberteile können von lebenden Menschen übertragen werden. Laut Transplantationsgesetz ist die sogenannte Lebendspende derzeit nur erlaubt, wenn die Personen eng miteinander verbunden sind, wie etwa nahe Verwandte, Ehegatten oder Lebenspartnerinnen und -partner. Es darf auch kein geeignetes Organ einer verstorbenen Person verfügbar sein. Meier und ihr Mann – beide VdK-Mitglieder – kommen aufgrund eigener Erkrankungen nicht als Spenderin oder Spender für ihren Sohn infrage.
Das Transplantationsgesetz soll nun geändert werden, um den Kreis von Spenderinnen und Spendern sowie Empfängerinnen und Empfängern zu erweitern. Dann könnten sich durch eine sogenannte Überkreuzlebendnierenspende zwei Paare über Kreuz Organe spenden, wenn eine direkte Spende an die eigene Partnerin oder den Partner wegen Unverträglichkeiten nicht möglich ist.
Der Sozialverband VdK fordert, dass Spenderinnen und Spender vor einer solchen Lebendspende umfassend über Risiken und Folgen aufgeklärt werden. „Ob sie sich dann dafür oder dagegen entscheiden, liegt allein bei ihnen. Sie müssen diese Wahl in Ruhe und ohne Druck treffen können“
, fordert VdK-Präsidentin Verena Bentele. Zudem müssen alle Betroffenen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen.
Klarheit schaffen für den Ernstfall
Meier wünscht sich, dass sich mehr Menschen mit dem Thema Organspende beschäftigen. „Wie schnell kann es passieren, dass man selbst auf eine Transplantation angewiesen ist“
, sagt sie.
Wichtig ist, so der VdK, dass jede und jeder einzelne eine Entscheidung zur Organ- und Gewebespende trifft. Um die persönliche Auseinandersetzung mit einer möglichen Organspende zu fördern, sollten Arztpraxen und Bürgerämter regelmäßig dazu informieren.
Zudem sollte die eigene Position im Organspendeausweis beziehungsweise Organspenderegister dokumentiert werden. Das schafft Klarheit für den Ernstfall. „Angehörigen nimmt es die schmerzliche Last, über eine Spende zu entscheiden oder über den Willen der Verstorbenen mutmaßen zu müssen“
, so Bentele.
Spenden von Organen und Geweben sind bis ins hohe Alter möglich. Hier gibt es keine Altersbeschränkung. Der älteste bekannte Spender in Deutschland war 98 Jahre alt.
Infos zur Organspende
Das Info-Telefon Organspende ist von Montag bis Freitag, 9 bis 18 Uhr gebührenfrei erreichbar: (08 00) 9 04 04 00
Externer Link:www.organspende-info.de
Externer Link:www.organspende-register.de