Kategorie Aktuelle Meldung Pflege

Mehr Pflegebedürftige nehmen Leistungen in Anspruch

Von: Jörg Ciszewski

Die Zahl der Pflegebedürftigen ist deutlich gestiegen. Das hat auch positive Gründe: Pflegebdürftigkeit wird über die Pflegegrade besser erfasst. Dass mehr Betroffene Leistungen beanspruchen können, ist für den Sozialverband VdK ein Fortschritt.

Ein alter Mann sitzt auf der Kante seines Bettes, man sieht nur seine nackten Unterschenkel, die Füße stecken in beigen Filzpantoffeln.
© IMAGO / photothek / Ute Grabowsky
Das Foto zeigt Verena Bentele, sie sitzt in einem grauen Sessel und hat einen Arm auf der Lehne abgelegt

Die Kranken- und Pflegekasse sollte sich stärker auf Prävention und Rehabilitation fokussieren. Denn die beste Pflege ist die, die vermieden werden kann.

Verena Bentele, VdK-Präsidentin

Anteil der häuslichen Pflege stark gestiegen

Im Jahr 2001 waren mehr als zwei Millionen Menschen pflegebedürftig. 2023 gab es laut Statistischem Bundesamt in Deutschland sogar 5,7 Millionen Pflegebedürftige. In diesem Zeitraum hat eine deutliche Verschiebung von der Heimversorgung zur häuslichen Pflege stattgefunden: Der Anteil der zu Hause Gepflegten ist zwischen 2001 und 2023 um 15 Prozent auf 86 Prozent gestiegen. 

Knapp drei Millionen dieser Menschen haben die Pflegegrade 1 oder 2, weitere 1,3 Millionen den Pflegegrad 3. Das zeigt, dass der größere Teil der Pflegebedürftigen niedrige Pflegegrade hat und zu Hause versorgt wird.

Betroffene werden im System besser erfasst

Die wachsende Zahl an Pflegebedürftigen wird in der Öffentlichkeit oft als finanzielle Belastung dargestellt und mit steigenden Kosten in Verbindung gebracht. In der Tat gibt es nicht zuletzt aufgrund des Fachkräftemangels große Herausforderungen in der Pflege. 

Doch diese Entwicklung zeigt auch, dass Betroffene früher im Pflegesystem erfasst werden: Damit können sie rechtzeitig besser versorgt werden, weil in den niedrigen Pflegegraden Prävention und Rehabilitation in den Fokus rücken. Das kann schwere Pflegebedürftigkeit hinauszögern oder verhindern. Dass Pflegebedürftige in vielen Fällen dadurch länger selbstständig leben können, ist aus Sicht des VdK eine positive Entwicklung. 

Zudem können eine frühe Unterstützung durch Leistungen aus der Pflegeversicherung sowie Prävention langfristig die Kosten für die stationäre Pflege und für das Krankenhaussystem verringern helfen.

Mehr Menschen haben Zugang zu Pflegeleistungen

Neben der Tatsache, dass die Menschen in Deutschland älter werden, hat auch eine Reform im Jahr 2017 dazu geführt, dass die Zahl der Pflegebedürftigen zugenommen hat. Damals wurde der Begriff der Pflegebedürftigkeit geändert. Zuvor war der Hilfebedarf bei Alltagsverrichtungen ausschlaggebend für die Bewertung der Pflegebedürftigkeit. Der neue Begriff rückte die Selbstständigkeit einer Person in den Mittelpunkt. Seit der Reform stehen bei der Bewertung nicht mehr ausschließlich körperliche Einschränkungen im Mittelpunkt, sondern es fließen auch kognitive und psychische Beeinträchtigungen ein, wie sie etwa durch Demenz entstehen können. Dadurch hat sich der Kreis der Anspruchsberechtigten vergrößert.

Das bedeutet, dass die steigende Zahl an Pflegebedürftigen weniger ein Zeichen für eine rapide Verschlechterung der gesundheitlichen Lage der Bevölkerung ist. Vielmehr spiegelt sie wider, dass mehr Menschen Zugang zu Leistungen erhalten. Das führt zu mehr Prävention, weniger unversorgten und unterversorgten Pflegebedürftigen und damit auch zu einer Kostenentlastung des Pflege- und Gesundheitssystems. 

VdK: Prävention und Reha stärken

VdK-Präsidentin Verena Bentele fordert von einer neuen Regierung, dass sie eine gute Versorgung fördert und den Ausbau von Reha-Angeboten und Leistungen in den niedrigen Pflegegraden finanziell unterstützt, anstatt den eingeschlagenen Weg mit Kürzungsdiskussionen zu verbauen. „Es ist dringend notwendig, die ambulanten Versorgungsstrukturen sicherzustellen und dem tatsächlichen Bedarf anzupassen. Die Kranken- und Pflegekasse sollte sich stärker auf Prävention und Rehabilitation fokussieren. Denn die beste Pflege ist die, die vermieden werden kann“, sagt Bentele.

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