Medizinische Diagnose aus dem Netz
Immer mehr Menschen informieren sich online über Krankheitssymptome. Doch die Diagnosefähigkeiten von Suchmaschinen und KI-gestützten Chatbots wie ChatGPT sind begrenzt und fehleranfällig

Suchen und Chatbots sind oft fehlerhaft
87 Prozent der Deutschen haben im Internet schon einmal gezielt nach Informationen zu gesundheitlichen oder medizinischen Themen gesucht. Das ist das Ergebnis einer Externer Link:aktuellen Umfrage, die Forsa im Auftrag der Bertelsmann Stiftung erstellt hat.
87 Prozent derjenigen Befragten, die Suchmaschinen wie Google kennen, nutzen diese häufig oder gelegentlich. Bei Gesundheitsportalen sind es 54 Prozent und bei Chatbots wie ChatGPT 40 Prozent.
Allerdings kritisieren Fachleute die Ergebnisse der Google-Suche häufig als fehlerhaft, unzureichend oder nicht wissenschaftlich belegt. Auch die Antworten von Chatbots sind nicht immer zutreffend, wie eine Externer Link:Studie der Technischen Universität (TU) Berlin kürzlich gezeigt hat. Hier bewertete der Chatbot ChatGPT fast jeden Fall als hoch dringlich oder Notfall – auch bei harmlosen Symptomen. Das könne zu einer massiven Überlastung von Praxen und Notaufnahmen führen, warnt Studienleiter Dr. Marvin Kopka.
Dramatische Online-Diagnose trotz harmloser Erkrankung
Sogenannte Symptom-Checker-Apps schnitten in der Studie besser ab. Sie fragen gezielt nach Symptomen, Dauer, Vorerkrankungen und Alter, liefern abgestufte Diagnosen und geben klare Empfehlungen, ob die Selbstbehandlung ausreicht oder ein Arztbesuch nötig ist.
Dr. Kristina Spöhrer, Vorstandsmitglied im Hausärztinnen- und Hausärzteverband, erlebt es im Praxisalltag immer wieder, dass Google oder ein Chatbot teilweise dramatische Erkrankungen erkannt haben, obwohl die eigentliche Diagnose weit weniger schlimm ist. „Das verunsichert viele Patientinnen und Patienten natürlich massiv. Im persönlichen Gespräch können wir die Sorgen allerdings häufig schnell zerstreuen“
, sagt die Hausärztin.
Zwar könne die Online-Suche Patientinnen und Patienten helfen, sich einen ersten allgemeinen Überblick zu verschaffen. Eine ärztliche Diagnose könne sie aber nicht ersetzen. „Symptome müssen immer im Kontext einer Vielzahl von Rahmenbedingungen bewertet werden“
, so Spöhrer. Dazu gehören eingenommene Medikamente, die Krankheitsgeschichte oder persönliche Lebensumstände. Hinzu kommen körperliche Untersuchungen, Laboranalysen sowie bildgebende Verfahren.
Wichtig: Kritisch bleiben, den Datenschutz beachten
Wer sich online zu Krankheiten informiert, sollte sich eine kritische Grundhaltung bewahren. Auch Chatbots können falsche Ergebnisse liefern. Es lohnt sich, den Chatbot nach Quellen zu fragen und die eigene Antwort beurteilen zu lassen. Sensible Gesundheitsdaten sollte man nur mit Vorsicht teilen.
Spöhrer ist überzeugt, dass Künstliche Intelligenz die Hausärztin oder den Hausarzt nicht ersetzen kann. Sie könne aber einen Beitrag zur Diagnosestellung leisten, wie es auch heute schon oft der Fall ist.

