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Klinik-Rankings sind oft nutzlos

Von: Annette Liebmann

Wer nach einem guten Krankenhaus sucht, informiert sich oft online in Klinik-Rankings. Doch sind diese Listen hilfreich? Der VdK hat bei Carola Sraier, Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft der Patientenstellen (BAGP), nachgefragt.

Eine Hand stapelt Würfel aufeinander, auf denen kleine Gesundheits-Icons zu sehen sind, z.B. ein Herz, ein Stethoskop und eine Arzneiflasche. Daneben liegt ein Stethoskop.
Bei der Auswahl des Krankenhauses spielen verschiedene Faktoren und Kriterien eine Rolle. Portale können bei der Einschätzung helfen - sofern sie neutral sind. © IMAGO / Depositphotos

Auf einen Blick

  1. Nicht verlässlich: private Anbieter

    Klinik-Rankings privater Anbieter sind oft wenig verlässlich, da sie unterschiedliche Faktoren unterschiedlich gewichten, keine Transparenz bieten und teils durch bezahlte Werbung beeinflusst werden.

  2. Besser: Neutrale Portale

    Bessere Orientierung bieten neutrale Portale wie der Bundes-Klinik-Atlas, das Deutsche Krankenhaus-Verzeichnis oder Krankenkassenportale – allerdings beruhen deren Daten meist auf älteren Angaben.

  3. Mehrere Faktoren berücksichtigen

    Für die Klinikwahl sind mehrere Faktoren wichtig, darunter Fachabteilungen, Erfahrung mit Eingriffen, Ausstattung, Empfehlungen von Ärzten und Bekannten sowie „weiche Faktoren“ wie Patientenzufriedenheit, Service und Erreichbarkeit.

Warum sind Listen von Privatunternehmen oft nicht hilfreich?

Seit 2005 veröffentlichen die Krankenhäuser Qualitätsberichte, in denen sie über ihre Arbeit informieren. Diese Angaben lassen sich nutzen, um Kliniken zu vergleichen und die passende auszuwählen. Viele private Anbieter erstellen auf Grundlage dieser Daten Klinik-Rankings, beispielsweise das F.A.Z-Institut, die Webseite „Klinik Kompass“ oder die Zeitschrift „Focus“. Diese liefern teils widersprüchliche Ergebnisse. „Wir empfehlen diese Listen nicht, weil wir finden, dass sie nicht hilfreich sind“, sagt Carola Sraier, Sprecherin der Externer Link:Bundesarbeitsgemeinschaft der Patientenstellen (BAGP). 

Je nach Portal werden unterschiedliche Faktoren erfasst und gewichtet, wie etwa Hygiene, Pflege, technische Ausstattung, Behandlungsergebnisse, aber auch die Einschätzungen von Expertinnen und Experten sowie Patientinnen und Patienten. „Es gibt keine Transparenz, wie diese Bewertungen zustande kommen“, so die Expertin. 

Außerdem können einige Angaben die Bewertung verfälschen. Beispielsweise werden in großen Krankenhäusern häufiger schwere Fälle behandelt, bei denen manchmal Komplikationen auftreten. Problematisch ist auch die Tatsache, dass viele Privatunternehmen den in ihrem Ranking genannten Top-Kliniken das Recht verkaufen, mit ihrer Platzierung zu werben.

Wie findet man eine gute Klinik?

Um eine gute Klinik zu finden, empfiehlt Sraier, mehrere Portale zu nutzen, um neutralere Informationen zu erhalten. Hilfreich sind dabei auch der Externer Link:Bundes-Klinik-Atlas, das Externer Link:Deutsche Krankenhaus-Verzeichnis sowie die Webseiten verschiedener Krankenkassen, zum Beispiel der Externer Link:AOK-Gesundheitsnavigator. Die Anbieter dieser Portale verfolgen keine wirtschaftlichen Interessen. 

Dabei sollte man sich immer vor Augen halten, dass die Daten, auf die die Portale zurückgreifen, bereits eineinhalb Jahre alt sind. „Es kann gut sein, dass zwischenzeitlich eine Veränderung stattgefunden hat“, so Sraier. Im Zweifelsfall solle man in der Klinik anrufen und nachfragen. 

Zusätzlich rät die Expertin, mehrere Quellen heranzuziehen. „Portale sind nur ein Anhaltspunkt“, betont sie. „Für die Auswahl der richtigen Klinik braucht es etwas Zeit.“ Eine erste Vorauswahl findet statt, wenn sich das Krankenhaus in der Nähe des Wohnorts befinden soll. Wichtig ist, sich zu erkundigen, ob es die entsprechende Fachabteilung gibt, und wie häufig dort Eingriffe vorgenommen werden.

Welche Meinungen und Faktoren sollte man einbeziehen?

Ein weiterer Faktor, der in die Entscheidung miteinbezogen werden kann, ist die Ausstattung der Klinik mit Pflegepersonal, Ärzten und Therapeuten. Nicht zuletzt sollte man sich mit dem behandelnden Arzt oder der Ärztin besprechen. Auch Freunde und Bekannte können gute Ratgeber sein. „Man ist als Patientin oder Patient froh, wenn man eine gute Empfehlung bekommt“, bekräftigt Sraier. 

Ebenfalls relevant sind die sogenannten „weichen Faktoren“, die einen großen Anteil daran haben, ob man sich in einer Klinik wohlfühlt oder nicht: Hier geht es um die Patientenzufriedenheit, Beschwerdemöglichkeiten, Patientenfürsprecher, Serviceangebote wie ein ehrenamtlicher Empfangs- und Begleitdienst oder Seelsorge. Wünscht man ein Ein- oder Zweibettzimmer, sollte man Preise und Verfügbarkeit checken. Telefon am Bett, Fernsehen oder Internet kosten oft extra. 

Und schließlich ist auch die Lage des Krankenhauses wichtig: Ist es gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar? Weitere Auswahlkriterien können Barrierefreiheit oder Serviceangebote sein, wie beispielsweise die Unterbringung von Begleitpersonen.

Links zu Klinik-Portalen

Die BAGP empfiehlt folgende Klinik-Portale, um unabhängige und neutrale Informationen zu erhalten:

Externer Link:www.bundes-klinik-atlas.de

Externer Link:www.deutsches-krankenhausverzeichnis.de

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