Immer mehr Milliardäre, immer mehr Armut
Vermögen in Deutschland sind ungleich verteilt. Der Sozialverband VdK fordert Reformen bei Erbschafts- und Vermögenssteuer, um mehr Steuergerechtigkeit zu schaffen.

Deutschland an der Spitze bei ungleicher Vermögensverteilung
Die Fakten sprechen eine klare Sprache: Deutschland gehört zu den Ländern in der Europäischen Union, in denen private Vermögen am ungerechtesten verteilt sind. Das denken aktuellen Umfrage zufolge 60 Prozent der Deutschen. Diese Einschätzung wird durch den sogenannten Gini-Koeffizienten belegt, der die Vermögensverteilung wissenschaftlich bemisst.
Er bildet ab, dass die zehn Prozent der reichsten Haushalte in Deutschland über mehr als die Hälfte des gesamten Vermögens verfügen, während die ärmere Hälfte der Haushalte gerade einmal drei Prozent besitzt.
Arme werden noch ärmer, Reiche reicher
Die Ungleichheit ist zudem in den vergangenen Jahren immer weiter angestiegen. Das liegt unter anderem daran, dass der Immobilienbesitz in Deutschland im europäischen Vergleich besonders ungleich verteilt ist. Während einige wenige Menschen von den rasant steigenden Immobilienwerten in ihrem Portfolio profitiert haben, ächzen viele über stetig steigende Mietpreise.
So hat der aktuelle Externer Link:Verteilungsbericht der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung gezeigt, dass die Gruppe der Menschen in Armut seit dem Jahr 2010 größer geworden und sie im Verhältnis zur gesellschaftlichen Mitte noch ärmer geworden ist. Auf der anderen Seite zeigen Externer Link:neue Daten des Manager-Magazins, dass es immer mehr Milliardäre in Deutschland gibt, während die Infrastruktur, das Bildungs- und Gesundheitssystem infolge fehlender Investitionen und leerer Steuerkassen unter Druck geraten.
Das Gefühl der 60 Prozent der Bevölkerung, die die Besitzverhältnisse in Deutschland als ungerecht empfinden, trügt nicht. Angesichts der immer ungleicheren Vermögensverteilung mahnt VdK-Präsidentin Verena Bentele: „Hier läuft gewaltig etwas schief, wenn es auf der einen Seite immer mehr Milliardäre mit immer mehr Milliarden gibt und auf der anderen Seite immer mehr Armut und einen Staat, der so wenig Geld hat, dass unsere sozialen Errungenschaften in Gefahr geraten. Wir brauchen eine sichere und armutsfeste Rente, eine gute Gesundheitsversorgung und Pflege für alle sowie eine ausreichende Existenzsicherung für Menschen in Not und nicht noch mehr Milliardäre.“
VdK fordert mehr Gerechtigkeit für einen starken Sozialstaat
Der Sozialverband VdK ist davon überzeugt, dass ein Externer Link:starker Sozialstaat die Gesellschaft in Deutschland zusammenhält und die Demokratie stärkt. Wichtig ist dabei, dass sich alle Bürgerinnen und Bürger gerecht an der Finanzierung des Sozialstaats beteiligen. Deshalb muss die Politik aktiv gegen eine ungerechte Vermögensverteilung vorgehen.
Dies war in Deutschland über Jahrzehnte stärker der Fall, als es heute ist. Von 1923 an wurde in Deutschland eine Vermögenssteuer erhoben. Sie wurde 1996 nur für verfassungswidrig erklärt, weil ihre Ausgestaltung reformbedürftig war. Damals wurden Immobilienvermögen und andere Vermögensarten unterschiedlich bewertet. Dieses Problem wurde durch die Grundsteuerreform aus dem Jahr 2022 behoben, sodass es keinen Grund mehr gibt, die Vermögenssteuer noch weiter auszusetzen.
Was schlägt der VdK vor?
Der VdK schlägt eine sozial gerechte Ausgestaltung der Vermögens- und Erbschaftssteuer vor, um das Gemeinwesen zu stärken. So sollten bei der Erbschaftssteuer zwar einerseits Ausnahmen wegfallen, andererseits aber mit hohen Freibeträgen von zwei Millionen Euro – zum Schutz von „Oma Ernas Häuschen“ – sichergestellt werden, dass nur sehr große Erbschaften besteuert werden. Außerdem sollte die Vermögenssteuer mit einem niedrigen Steuersatz von einem Prozent für Vermögen ab fünf Millionen Euro und von zwei Prozent für Vermögen über 100 Millionen Euro wiedereingesetzt werden.
Dies würde viel Geld in den bundesdeutschen Staatshaushalt spülen, ohne wesentlich in die Vermögenssubstanz der Besteuerten einzugreifen. Bentele sagt: „Die Super- und Überreichen, die Vermögen von mehr als 100 Millionen Euro haben, würden die Besteuerung gar nicht merken und gleichzeitig hätten wir die Möglichkeit, den Alltag sehr vieler Menschen besser zu machen.“


