
Fokus auf den inklusiven Arbeitsmarkt
Die neue Regierung tritt auf dem Weg zu einem inklusiveren Arbeitsmarkt auf die Bremse und will die Förderung von Behindertenwerkstätten aus der Ausgleichsabgabe wieder stärken. Der VdK sieht das kritisch.

Mehr schwerbehinderte Menschen ohne Arbeit
Menschen mit einer Externer Link:Schwerbehinderung haben auch in Zeiten des Fachkräftemangels auf dem ersten Arbeitsmarkt oft mit Hürden zu kämpfen. Im April 2025 waren 182.870 von ihnen ohne Arbeit. Das ist ein Anstieg von fünf Prozent gegenüber dem April des Jahres 2024.
Noch immer scheuen viele Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber davor zurück, Menschen mit Beeinträchtigungen einzustellen – nicht selten, weil sie skeptisch sind, dass sie die gleiche Leistung erbringen können wie jemand ohne Behinderung. Dabei sind viele Arbeitsuchende mit einer Schwerbehinderung gut ausgebildet.
Zudem denken viele, dass etwa durch die behindertengerechte Umgestaltung eines Arbeitsplatzes höhere Kosten entstehen. Diese Sorge ist in den meisten Fällen unbegründet. Denn es gibt zahlreiche Förderungen, die Firmen in Anspruch nehmen können, um Arbeitsplätze inklusiv zu gestalten.
Ausgleichsabgabe für Betriebe, die die Pflichtquote nicht einhalten
Um mehr Menschen mit einer Schwerbehinderung den Weg in den ersten Arbeitsmarkt zu erleichtern, verpflichtet der Gesetzgeber Betriebe mit 20 Mitarbeitenden oder mehr, schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen – und zwar auf mindestens fünf Prozent der Stellen. Für kleine Betriebe mit bis zu 59 Beschäftigten gelten Sonderregelungen.
Erfüllt ein Betrieb diese Pflichtquote nicht, muss er für jeden unbesetzten Pflichtarbeitsplatz eine Ausgleichsabgabe zahlen: Pro Monat und pro Person sind das zwischen 140 und 720 Euro, abhängig von der Größe des Unternehmens. Firmen, die diese Pflichtquote nicht erfüllen, müssen die fällige Ausgleichsabgabe an das zuständige Inklusions- oder Integrationsamt zahlen.
Dieses Geld wird bisher dafür verwendet, Menschen mit Behinderung in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen. Gefördert werden zum Beispiel die behindertengerechte Gestaltung des Arbeitsplatzes, technische Hilfen oder Kosten für eine personelle Unterstützung. Das können Computersysteme für blinde und sehbehinderte Menschen oder spezielle Bürostühle und -tische sein, die von Menschen mit einer körperlichen Behinderung genutzt werden können. Zudem werden aus der Ausgleichsabgabe Integrationsfachdienste und Inklusionsfirmen unterstützt. So entstehen qualifizierte Arbeitsplätze in sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen.
Rückschritt bei der Inklusion
Der Koalitionsvertrag der neuen Regierung sieht vor, aus der Ausgleichsabgabe wieder Werkstätten für Menschen mit Behinderung und Behinderteneinrichtungen zu fördern. Diese Wiedereinführung lehnt der VdK ab.
„Die erst im Jahr 2021 abgeschaffte und nun wieder vorgesehene Förderung von Werkstätten und Wohneinrichtungen für Menschen mit Behinderung über die Ausgleichsabgabe halten wir für einen Rückschritt auf dem Weg zur Inklusion“
, erklärt VdK-Präsidentin Verena Bentele. Die Abgabe solle allein für die Förderung von Arbeitsplätzen verwendet werden.
„Die Regierung sollte nicht nachlassen in den Bemühungen um mehr Inklusion. Im Gegenteil, sie sollte sie intensivieren, denn es gibt großen Handlungsbedarf. So ist zum Beispiel die Beantragung von Fördermitteln, die es vom Lohnkostenzuschuss bis zur behinderungsgerechten Ausstattung des Arbeitsplatzes gibt, noch viel zu kompliziert. Es gibt Firmen, die jemanden einstellen wollen, aber lange auf eine Reaktion des zuständigen Reha-Trägers oder des Integrationsamts warten, und es sich dann wieder anders überlegen“
, so Bentele. „Wenn die neue Regierung es ernst meint mit mehr Inklusion, sollte sie die Kräfte bündeln, um mehr gute Jobs für schwerbehinderte Menschen zu ermöglichen“
, so Bentele.