Kategorie Aktuelle Meldung Sozialpolitik

Europa wählt. Machen Sie Ihr Kreuz!

Von: Henrike Weber

In instabilen Zeiten ist es umso wichtiger, für unsere Demokratie und den damit verbundenen Freiheiten einzustehen und seine Grundrechte, wie das Recht auf Wahlen auch wahrzunehmen. 

Au dem Foto sieht man eine Wahlurne, in die jemand einen Wahlzettel einwirft. Im Hintergrund ist die Europaflagge zu sehen.
Jeder Einzelne ist wichtig, um etwas zu verändern. © Canva/Sefa Ozel

2023 war ein Jahr, in dem der Krieg in der Ukraine ins zweite Jahr ging und ein Ende nicht absehbar ist. Der Nahostkonflikt mündete in einen weiteren Krieg. Und der Kipppunkt im Klimasystem ist nicht nur in aller Munde, sondern steht als Synonym für eine drohende globale Katastrophe.

Auch das erste Quartal 2024 startete turbulent. In den USA stehen in diesem Jahr Präsidentschaftswahlen an, was in Anbetracht der zur Wahl stehenden Präsidentschaftskandidaten zu einer weiteren Destabilisierung im Weltgefüge führen könnte. In Deutschland zeigen Bauernproteste und Bahnstreiks nicht nur eine Verschärfung im politischen Diskurs, sondern ein Auseinanderklaffen der sozialen Schere im Spannungsfeld von Rezession, Inflation und Fachkräftemangel. Millionen Menschen sind auf der Flucht und kämpfen an Europas Außengrenzen nicht nur um eine Zukunft, sondern häufig um das nackte Überleben. Und innerhalb Europas fürchten die Menschen nicht selten um ihre soziale Sicherheit und ringen um die Demokratie.

In Anbetracht der Dimensionen dieser Probleme ist ein singuläres Gefühl der Ohnmacht nur allzu verständlich und eine Einflussnahme des Einzelnen erscheint fast aussichtslos. Aber dennoch, gerade jetzt, ist der Einzelne stärker gefragt denn je. Gerade in einer stabilen Demokratie ist die Einflussnahme jedes Einzelnen nicht nur möglich, sondern ihr zentrales Element. Denn in Deutschland geht alle Staatsgewalt vom Volke aus (Art. 20 GG). Aber auch das politische Europa ist demokratisch legitimiert (Art. 2 und 14 des Vertrags über die Europäische Union).

2024 bietet viele Möglichkeiten genau zu dieser Einflussnahme, denn es ist Wahljahr. In Brandenburg, Sachsen und Thüringen finden im Herbst Landtagswahlen statt und im vergangenen Monat wurde in einigen Berliner Wahlbezirken auf der Grundlage einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Wahl zum 20. Deutschen Bundestag wiederholt. Zwar hat sie die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag nicht wesentlich verschoben. Jedoch kann sie als Stimmungsbarometer für die nächsten Wahlen dienen. Und die nächsten Wahlen stehen unmittelbar bevor. Vom 6. bis 9. Juni sind die Unionsbürger europaweit aufgerufen, das Europäische Parlament zu wählen.

Gerade diese Wahl wird die Situation eines jeden Einzelnen von uns maßgeblich beeinflussen. Denn die überwiegende Mehrheit der EU-Verordnungen und der EU-Richtlinien, die dann entweder unmittelbar in der Bundesrepublik gelten (EU-Verordnungen) oder gesetzlich umgesetzt werden müssen (EU-Richtlinien), werden durch das einzig direkt gewählte Organ der EU, dem Europäischen Parlament, miterlassen. Dementsprechend bestimmen die jeweiligen Fraktionsstärken innerhalb des Europäischen Parlaments unser zukünftiges Zusammenleben innerhalb der EU, aber auch im jeweiligen Alltag nachhaltig. Denn ein relativ hoher Anteil bundesdeutscher Gesetze beruht auf europäischen Rechtsgrundlagen und setzt damit europäische Regelungen um. 

Darüber hinaus bestimmt das Europäische Parlament über den Haushalt der EU und kontrolliert die Exekutive der EU, die Europäische Kommission. Jeder Wähler und jede Wählerin bestimmen also durch die Abgabe ihrer Stimme, in welche Richtung sich das Rechtsetzungsverfahren der EU, zum Beispiel bei den Ukrainehilfen beziehungsweise in Flüchtlingsfragen bewegt. 

Auch wenn die EU in erster Linie eine Wirtschaftsgemeinschaft ist, so legt diese auch einheitliche sozialrechtliche Regelungen fest. Diese gab es schon immer, nämlich dann, wenn sie eine Berührung zum Beispiel mit dem Arbeitsmarkt der EU hatten und haben. Im Recht der Arbeitsförderung und im Krankenversicherungsrecht finden sich eine Fülle an Regelungen, die EU-einheitlich sind, man denke an die Europäische Gesundheitskarte. Aber auch in anderen Bereichen entwickelt sich zunehmend eine einheitliche Europäische Sozialpolitik und folgerichtig gegebenenfalls auch eine einheitliche Rechtssetzung. 

Neben den Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit prägt unseren Landesverband der Wunsch nach Inklusion. War zum Beispiel eine einheitliche europäische Politik für schwerbehinderte Menschen vor Jahren noch kein Thema, ist sie inzwischen zentraler Baustein der Politik der EU geworden. Und dennoch geht aus dem Sonderbericht 20/2023 des Europäischen Rechnungshofes hervor, dass das Rechtssetzungsverfahren für ein einheitliches Europäisches Behindertenrecht stagniert. Das führt dazu, dass Menschen mit Behinderungen aufgrund unterschiedlicher – auch arbeitsrechtlicher – Bedingungen in den einzelnen Mitgliedsstaaten sich nicht so freizügig innerhalb der EU bewegen können, wie es eigentlich sein müsste. Das ist aber bedenklich. Denn die EU als solche unterzeichnete ebenfalls die UN-Behindertenrechtskonvention. Es ist also auch hier höchste Zeit, für eine Verbesserung der Situation der Menschen mit Behinderungen in Europa zu sorgen. 

Tun Sie einen ersten Schritt! Gehen Sie am 9. Juni wählen!