Die Versorgung in der Pflege wird immer teurer
Pflege wird immer teuer - nicht nur im Pflegeheim, auch die ambulanten Pflegedienste kosten immer mehr. Für Pflegebedürftige bedeutet das: Immer weniger Hilfe für das Geld.
Nicht nur Heime, sondern auch Pflegedienste heben die Preise an
Seit Jahren steigen die Kosten für die Pflege stetig an. Während ein Platz in einem Pflegeheim mittlerweile monatlich durchschnittlich 2548 Euro kostet (Stand Juli 2023), können sich auch ambulant versorgte Pflegebedürftige immer weniger Hilfe leisten. Der Sozialverband VdK fordert eine Pflegevollversicherung und die Erhöhung von Pflegegeld und Pflegesachleistung.
Erst im September war Erika Schneider (Name von der Redaktion geändert) in ein neu errichtetes Pflegeheim eingezogen. Ende September kündigte die Einrichtung eine Erhöhung an und begründete dies mit gestiegenen Kosten in allen Bereichen. „Das Heim gehörte schon mit monatlich 3800 Euro zu den teuren Pflegeheimen. Jetzt zahlt sie noch mal rund 700 Euro mehr“
, berichtet ihre Nichte Monika Böhm (Name von der Redaktion geändert) . „Sie wird wohl ihre kompletten Ersparnisse opfern müssen.“
40 Prozent können die Heimkosten nicht tragen
Steigende Kosten in der Pflege sind nichts Neues. Allerdings haben die Preise in den vergangenen beiden Jahren extrem angezogen. Gründe dafür sind zum einen die Energiekrise und die Inflation der Lebensmittelpreise, zum anderen die Lohnerhöhungen für die Pflegekräfte. Letztere sind zwar notwendig, um die Qualität in der Pflege zu sichern, aber die gestiegenen Personalkosten werden von den Einrichtungen direkt an die Pflegebedürftigen weitergereicht. Laut BIVAkurz fürBundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen-Pflegeschutzbund sind mittlerweile bereits knapp 40 Prozent aller Heimbewohnerinnen und -bewohner nicht mehr in der Lage, die Heimkosten aus eigener Kraft zu tragen, und müssen Hilfe zur Pflege in Anspruch nehmen.
Auch im ambulanten Bereich sind die Löhne rapide gestiegen. Die Beträge für Pflegegeld und Pflegesachleistung hingegen wurden nur geringfügig erhöht. Das heißt: Die Preissteigerungen werden nicht ausgeglichen. Die Pflegebedürftigen können sich immer weniger Leistungen kaufen. Zu befürchten ist, dass viele Menschen künftig nicht mehr adäquat versorgt werden.
Pflegedienst erhöht Preise drastisch
Davon betroffen ist auch VdK-Mitglied Regina Edinger. Die 73-Jährige lebt allein in ihrer Wohnung im oberbayerischen Weilheim. Sie ist an Multipler Sklerose erkrankt und sitzt im Rollstuhl. Jeden Morgen und Abend bekommt sie Besuch vom Pflegedienst, der ihr bei der Körperpflege und beim An- und Ausziehen hilft. Nun hat der Pflegedienst angekündigt, seine Preise um 25 bis 40 Prozent zu erhöhen. Die Verhandlungen sind noch im Gange.
Egal, wie diese ausgehen – Edinger befürchtet, sich weiter einschränken zu müssen. „Die Pflegesachleistung reicht schon länger nicht mehr zur Deckung der Pflegekosten aus“, erzählt sie. Die Differenz zahlt sie aus eigener Tasche. Dazu gehört auch eine Helferin, die für sie einkauft und das Gemüse vorschneidet, da Edinger das aufgrund ihrer Behinderung nicht mehr kann. „Hilfe im Haushalt bietet mein Pflegedienst nicht an“
, sagt sie.
VdK fordert Pflege-Vollversicherung
„Auch bei der größten Gruppe der Pflegebedürftigen, den zu Hause Gepflegten, haben sich die Kosten aufgrund der Anhebung der Pflegelöhne drastisch erhöht. Das kriegt aber kaum einer mit, weil die Betroffenen darin erprobt sind, eigene Lösungen zu finden“
, stellt VdK-Präsidentin Verena Bentele fest. „Sie schränken sich ein und bestellen den Pflegedienst nicht mehr so oft, weil sie sich die Pflege nicht mehr leisten können.“
Bentele fordert echte Verbesserungen für die Betroffenen. Dazu zählen die Erhöhung des Pflegegelds und eine Anhebung der ambulanten Pflegesachleistung.
Die Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen dürfen ebenfalls nicht alleingelassen werden. Der Sozialverband VdK fordert kurzfristig die Anhebung der Zuschüsse der Pflegeversicherung sowie langfristig den Umbau der Pflegeversicherung, die zurzeit nur eine Teilversicherung ist, hin zu einer Vollversicherung. „Pflege ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und muss daher solidarisch finanziert werden“
, begründet Bentele.