Kategorie Aktuelle Meldung Gesundheit

Bundesamt mahnt Pflege- und Krankenkassen ab

Von: Jörg Ciszewski

Das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) hat gesetzliche Krankenkassen abgemahnt, weil deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter versuchen, Versicherte telefonisch von Widersprüchen abzuhalten. Dieses Vorgehen steht bei einigen sogar in den Arbeitsanweisungen.

Eine Frau sitzt an einem Tisch und telefoniert, sie fasst sich an den Kopf, wirkt besorgt und schaut ernst. 
© IMAGO / Panthermedia

Versicherte werden am Telefon zur Rücknahme von Widersprüchen gedrängt

Einige gesetzliche Krankenkassen setzen ihre Mitglieder gezielt unter Druck, wenn diese einen Widerspruch gegen die Ablehnung eines Hilfsmittels oder eine Therapie eingelegt haben. Das geht aus dem kürzlich erschienenen Tätigkeitsbericht 2022 des Bundesamtes für Soziale Sicherung hervor.

Die Kassen rufen demnach Versicherte während eines Widerspruchsverfahrens an, um sie zur Rücknahme des Widerspruchs zu bewegen. Dieses Vorgehen ist in einem Großteil der überprüften Arbeitsanweisungen sogar vorgesehen, und laut BAS rechtlich zumindest problematisch.
Fragwürdige Post

Das BAS hat zudem bemängelt, dass die Kassen irreführende Schreiben verschicken, die den Eindruck erwecken, ein Widerspruch sei bereits abgelehnt, obwohl dies gar nicht der Fall war.

Insgesamt hat das BAS elf Krankenkassen wegen ihres Vorgehens bei der Bearbeitung von Widersprüchen abgemahnt, darunter sind nach Angaben des Amtes die Techniker Krankenkasse, die Barmer und die Knappschaft. Die Behörde beaufsichtigte im Berichtsjahr jene 59 gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen, die in mehr als drei Bundesländern vertreten sind.

VdK rät, schriftliche Bescheide einzufordern

Der Sozialverband VdK warnt davor, sich am Telefon zu der Rücknahme eines Antrags oder Widerspruchs überreden zu lassen. VdK-Präsidentin Verena Bentele kennt die Konsequenzen, auf die die Kassen nicht hinweisen: „Eine telefonische Auskunft der Krankenkasse macht das Einlegen eines Widerspruchs oder den Klageweg viel schwieriger, weil der Versicherte oder sein Rechtsbeistand in so einem Fall nichts zum Prüfen vor sich haben. Versicherte können am Telefon leichter zur Rücknahme eines Widerspruchs überredet werden, weil sie vielleicht die Stichhaltigkeit der Gründe nicht sofort nachvollziehen können.“

Bentele rät, einen schriftlichen Bescheid zu verlangen und ansonsten das Gespräch sofort zu beenden. Nur ein rechtsmittelfähiger Bescheid ermöglicht dem VdK, zum Beispiel gegen die Ablehnung eines Widerspruchs durch die Krankenkasse vorzugehen.

Weitere Belastung

Für Versicherte ist so ein Überredungsversuch eine zusätzliche Belastung. Betroffen sind oft Menschen, die schwer krank sind. Sie können anfällig sein für solche rechtlich fragwürdigen Vorstöße der Krankenkassen.
Das BAS kritisiert zudem das Vorgehen einiger Pflegekassen. In Einzelfällen würden sie Widersprüche gegen die Zuordnung des Pflegegrads ablehnen, obwohl der Medizinische Dienst zuvor zu einem anderen Ergebnis gekommen ist. Die Gutachten des Medizinischen Dienstes sind jedoch bestimmend für die Entscheidung der Pflegekasse, heißt es vom BAS.

Das Bundesamt hatte bereits in den Jahren 2018 und 2020 verschiedene Krankenkassen angeschrieben, weil diese die Vorschriften bei der Bearbeitung von Widersprüchen unzureichend umsetzten. Viel bewirkt hat das aber offenbar nicht.

Info

Ihr VdK vor Ort hilft Ihnen, wenn ein beantragtes Hilfsmittel oder eine Therapie von Ihrer gesetzlichen Kasse abgelehnt wird. Wir unterstützen Sie bei einem Widerspruch oder – wenn es sein muss – auch bei einer Klage. Unsere Juristinnen und Juristen beraten Sie gern.

Wenn Sie mit der Entscheidung oder dem Vorgehen Ihrer gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Unfall- oder Rentenversicherung nicht einverstanden sind, können Sie sich beim Bundesamt für Soziale Sicherung darüber beschweren.

www.bundesamtfuersozialesicherung.de