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Bestenfalls nutzlos: Viele lassen sich zu Zusatzleistungen beim Orthopäden überreden

Von: Bettina Schubarth

Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) sind lukrative Zusatzleistungen für Praxen: Versicherte geben jährlich 2,4 Milliarden Euro aus. Der Medizinische Dienst hat orthopädische Angebote geprüft – ihr medizinischer Nutzen ist umstritten.

Ein Arzt oder eine Ärztin mit blauen Handschuhen untersuchen das Knie einer Patientin. Auf dem Knie sieht man eine große Narbe von einer Kniegelenks-Operation.
© IMAGO / YAY Images

Schaden überwiegt zum Teil den Nutzen

400 Millionen Euro verdienen orthopädische Praxen jährlich mit IGeL. Patientinnen und Patienten sind verunsichert, wenn ihnen dort zur Linderung ihrer Beschwerden teils teure Selbstzahler-Therapien angeboten werden. Prospekte und geschickte Gespräche suggerieren ihnen, dass diese Ausgaben unbedingt gerechtfertigt sind.

Externer Link:In seinem IGeL-Monitor kommt der MDkurz fürMedizinischer Dienst zu einem anderen Schluss: Vor Hyaluronspritzen bei Hüft- und Kniegelenkschmerzen wird sogar ausdrücklich gewarnt. „Es zeigt sich, dass der Schaden den Nutzen überwiegt“, sagt Dr. Stefan Lange, Bereichsleiter Evidenzbasierte Medizin beim MDkurz fürMedizinischer Dienst Bund. 

Er warnt vor dem durch die Injektionen deutlich erhöhten Risiko für Herzbeschwerden und Gelenkentzündungen. „Die damit verbundene Schmerzreduktion ist so minimal, dass sie klinisch nicht von Bedeutung ist.“ Als „nicht überzeugend“ schätzt der MDkurz fürMedizinischer Dienst zudem die Studienlage zur Stoßwellentherapie für mehr Beweglichkeit und Schmerzlinderung bei Kalkschulter und Tennisarm ein.

VdK sieht den Markt kritisch

Der Sozialverband VdK beobachtet den Markt der Selbstzahlerleistungen seit Jahren kritisch. VdK-Präsidentin Verena Bentele sagt: „Die Arztpraxis muss ein Vertrauensraum sein und kein Platz für Geschäftemacherei. Die bisherigen Untersuchungen auch anderer Angebote, etwa in der Augenheilkunde oder Gynäkologie, lassen selten einen Mehrwert für Patientinnen und Patienten erkennen. Wir fordern, dass die wenigen nützlichen IGeL als Regelleistungen in die gesetzliche Krankenversicherung aufgenommen werden, und dass alle anderen aus den Praxen verbannt werden.“

Bevorzugt wegen IGeL?

Die Aussicht auf Mehreinnahmen durch Privatzahlerleistungen wie IGeL führt in manchen Arztpraxen offenbar zu einer Bevorzugung bei Terminvergaben. Diese Erfahrung gaben jedenfalls bei einer Forsa-Umfrage im Auftrag der Krankenkasse AOK 17 Prozent der Befragten an, die gesetzlich versichert sind. 

Verena Bentele: „Das ist eine bedenkliche Entwicklung, die das Prinzip unserer Sozialversicherungen untergräbt. Dem muss dringend ein Riegel vorgeschoben werden. Gesetzlich Versicherte sind ohnehin mit ständig steigenden Beiträgen konfrontiert. Jeder hat das Recht auf faire Terminvergabe und bestmögliche Behandlung.“

IGeL-Monitor

Der IGeL-Monitor bewertet Nutzen und Schaden der IGeL. Anbieter ist der Medizinischer Dienst Bund. Hier geht es zum IGeL-Monitor: Externer Link:www.igel-monitor.de

Zur Pressemitteilung Externer Link:IGeL können mehr schaden als nützen – Aufklärung über Schadensrisiko unzureichend

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