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Verbesserungen bei der Eingliederungshilfe, für Betriebsrentner und beim Wohngeld, Entlastung für Angehörige von Pflegebedürftigen: Das Jahr 2020 bringt einige gesetzliche Veränderungen. Die wichtigsten Neuregelungen haben wir für Sie zusammengefasst.
Seit dem 1. Januar 2020 in Kraft ist eine Änderung des Sozialgesetzbuches (SGB) IX durch das Bundesteilhabegesetz. Die bisher in SGB XII geregelte Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen wird zum Teil 2 des SGB IX. Dort finden sich die folgenden „Leistungen zur Teilhabe“:
Zudem dürfen der Neuregelung zufolge Menschen mit Behinderungen und Eltern von Kindern mit Behinderungen deutlich mehr als bisher von ihrem Einkommen und Vermögen behalten: Einkommen und Vermögen des Ehegatten oder Partners werden nicht mehr berücksichtigt.
Entscheidend für die Berechnung des Betrages, den Betroffene selbst aufbringen müssen ("Eigenleistung"), ist grundsätzlich das Einkommen des Vorvorjahres. Eine Eigenleistung wird nur fällig, wenn das Einkommen die folgenden Grenzen übersteigt:
Zusätzliche Freibeträge gelten für nicht getrennt lebende Partner und unterhaltsberechtige Kinder.
Aber auch wenn das Einkommen oberhalb dieser Freibeträge liegt, muss es nicht komplett zur Finanzierung der Eingliederungshilfe eingesetzt werden. Die monatliche Eigenleistung beträgt in dem Fall zwei Prozent der den Freibetrag übersteigenden Summe. Wie bisher müssen bestimmte Vermögensgegenstände – das sogenannte Schonvermögen – nicht eingesetzt werden. Auch der „kleine Barbeitrag“ bleibt unangetastet. Dieses persönliche Taschengeld liegt 2020 bei 150 Prozent der jährlichen Bezugsgröße.
Mit § 32 Sozialgesetzbuch IX wurde die Grundlage geschaffen, eine Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (EUTB) zu fördern. Die Förderung war ursprünglich bis zum 31. Dezember 2022 befristet. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat jedoch betont, dass die EUTB einen wichtigen Eckpfeiler in der Neuordnung des Leistungsrechts für Menschen mit Behinderungen in Übereinstimmung mit der UN-Behindertenrechtskonvention bildet. Bundestag und Bundesrat haben jetzt die Entfristung der EUTB-Förderung beschlossen. Das Angebot ist somit dauerhaft gesichert.
Im November 2019 hat der Bundesrat grünes Licht für das sogenannte Angehörigen-Entlastungsgesetz gegeben, das im Januar 2020 in Kraft getreten ist. In dem Rahmen wurde auch ein „Budget für Ausbildung“ eingeführt. Dieses soll jungen Menschen mit Behinderungen den Einstieg in eine betriebliche Ausbildung – und damit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt – erleichtern und eine Alternative zur Werkstatt für behinderte Menschen bieten.
Die Ausbildung von Therapeuten, Diätassistenten, Logopäden und Podologen sowie anderen sogenannten Heilmittelerbringern findet zum großen Teil an privaten Schulen statt. Diese fördert das Land Hessen künftig nach dem neuen Gesetz zur Abschaffung des Schulgeldes in Gesundheitsfachberufen jährlich mit bis zu fünf Millionen Euro, damit die Schüler nicht zur Kasse gebeten werden. Die Neuregelung ist am 1. August 2020 in Kraft getreten. In Thüringen berät derzeit der Landtag über die Finanzierung der Ausbildungsgebühren im Gesundheitswesen.
Zu dem Stichtag ist nach dem Terminservice- und Versorgungsgesetz das Angebot um eine 24-Stunden-Erreichbarkeit der Terminservicestellen an sieben Tagen pro Woche unter der Telefonnummer 116117 sowie im Internet oder per App erweitert worden. Die 116117 gilt seit Januar 2020 für den Ärztlichen Bereitschaftsdienst und die Terminservicestellen.
Ab 1. Oktober 2020 übernehmen die Krankenkassen für Zahnersatz 60 Prozent der Kosten einer Regelversorgung. Bisher wurden 50 Prozent der Kosten erstattet. Dieser Festzuschuss kann sich – je nach Zahnpflege und Vorsorgeuntersuchungen – auf 70 oder 75 Prozent erhöhen. Deshalb ist die Pflege des Bonusheftes wichtig!
Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung ist zum 1. Januar 2020 steigt um 0,2 Prozent auf 1,1 Prozent. Er gibt an, welchen Zusatzbeitrag die Krankenkassen erheben müssten, um ihre Ausgaben mit den Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds decken zu können. Wie hoch allerdings die individuellen Zusatzbeiträge der Krankenkassen jeweils sind, legen diese selbst fest.
Die Regelsätze für Empfänger von Arbeitslosengeld II (Hartz IV), Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung sowie Hilfe zur Pflege sind ebenfalls gestiegen, und zwar wie im Folgenden aufgelistet:
Regelbedarfsstufe 1
Alleinlebende und alleinerziehende Erwachsene sowie nicht erwerbsfähige Erwachsene im Haushalt der Eltern oder in einer Wohngemeinschaft: 432 Euro
Regelbedarfsstufe 2
Erwachsene, die in einer Wohnung als Paar zusammenleben: 389 Euro
Regelbedarfsstufe 3
Erwachsene, die nicht im eigenen Haushalt / nicht in einer Wohnung mit einem Partner leben sowie Erwachsene, die in einer stationären Einrichtung leben: 345 Euro
Regelbedarfsstufe 4
Jugendliche von 14 Jahren bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres: 328 Euro
Regelbedarfsstufe 5
Kinder von 6 Jahren bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres: 308 Euro
Regelbedarfsstufe 6
Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres: 250 Euro
Für den VdK decken aber auch die erhöhten Grundsicherungssätze die besonderen Bedürfnisse von Älteren, chronisch Kranken und Kindern nicht ab. Sie müssten deutlich angehoben werden, um wirkliche Teilhabe zu gewährleisten.
Im Rahmen des Gesetzes zur zielgenauen Stärkung von Familien und ihren Kindern durch die Neugestaltung des Kinderzuschlags und die Verbesserung der Leistungen für Bildung und Teilhabe (Starke-Familien-Gesetz) wurden zum 1. Januar 2020 die Einkommensgrenzen für den Bezug des Kinderzuschlags angepasst, sodass mehr Menschen Anspruch auf diese Leistung haben.
Entsprechend der Zweiten Verordnung zur Anpassung der Höhe des Mindestlohns stieg der gesetzliche Mindestlohn zum 1. Januar 2020 auf 9,35 Euro pro Stunde (2019: 9,19 Euro pro Stunde). Diese Anhebungen reichen aus Sicht des VdK bei Weitem nicht aus: Die Höhe des gesetzlichen Mindestlohns muss so festgelegt werden, dass dieser bei einer Vollzeitbeschäftigung und 45 Beitragsjahren zu einer Rente oberhalb des Grundsicherungsniveaus führt. Nach den Werten von 2019 müsste der Mindestlohn 12,80 Euro betragen. Nur so lässt sich Altersarmut konsequent verhindern.
Auf eine Betriebsrente wird seit Januar 2020 erst der volle Krankenkassenbeitrag inklusive Zusatzbeitrag fällig, wenn diese 159,25 Euro übersteigt. Bisher musste der Krankenkassenbeitrag auf die komplette Betriebsrente bezahlt werden, sobald diese über der Freigrenze lag. Betriebsrentnerinnen und -rentner werden damit durchschnittlich um etwa 23 Euro pro Monat entlastet. Der VdK macht sich seit Langem gegen die hohe Verbeitragung von Betriebsrenten stark und begrüßt, dass mit der Neuregelung des abgabenfreien Freibetrags endlich Bewegung in das Thema gekommen. Der Verband wird den Gesetzgebungsprozess weiter aktiv begleiten.
Nach dem neuen Angehörigen-Entlastungsgesetz können Kinder erst ab einem Brutto-Jahreseinkommen von 100.000 Euro für den Unterhalt ihrer pflegebedürftigen Eltern herangezogen werden, wenn Vater oder Mutter für die Pflegekosten nicht selbst aufkommen können und Hilfe zur Pflege beantragen müssen. Damit gelten hier dieselben Freigrenzen wie bei der Grundsicherung im Alter. Dies hatte der Sozialverband VdK seit Langem gefordert. Die Regelung gilt auch für Eltern von volljährigen pflegebedürftigen Kindern.
Seit dem 1. Januar 2020 greift das sogenannte Wohngeldstärkungsgesetz. Demnach erhalten nach Angaben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat mehr Menschen mehr Wohngeld. Für einen 2-Personen-Haushalt, der bereits vor der Reform Wohngeld erhalten hat, wird dieses im Durchschnitt um etwa 30 Prozent monatlich steigen. Außerdem haben 2020 rund 180.000 Haushalte erstmals oder erneut einen Wohngeldanspruch – insgesamt 660.000. Zum 1. Januar 2022 wird darüber hinaus eine Dynamisierung des Wohngeldes eingeführt, das demnach alle zwei Jahre an die aktuelle Miet- und Einkommensentwicklung angepasst wird.
Zusätzlich um 10 Prozent angehoben wird das Wohngeld zum 1. Januar 2021. Damit soll verhindert werden, dass Menschen mit geringem Einkommen zu stark unter den Kosten für mehr Klimaschutz leiden müssen. Der Hintergrund: Ab 2021 müssen Unternehmen, die mit Heizöl, Erdgas, Benzin und Diesel handeln, einen CO2-Preis bezahlen, genauer: Sie werden verpflichtet, für den Treibhausgas-Ausstoß, den ihre Produkte verursachen, Verschmutzungsrechte in Form von Zertifikaten im Rahmen des neuen nationalen Emissionshandels zu erwerben.
Auch durch die Einführung der Grundrente zum 1. Januar 2021 für Bestands- und Neurentner soll kein Ruheständler Nachteile beim Wohngeld haben. Damit die Erhöhung der staatlichen Altersversorgung nicht zu einer Kürzung oder zum Verlust des Wohngeldes führt, soll ein Budget für Freibeträge in Höhe von 80 Millionen Euro bereitgestellt werden.
Die Beitragsbemessungsgrenze regelt, bis zu welcher Einkommenshöhe Sozialversiche-rungsbeiträge bezahlt werden müssen. Ab 2020 liegt diese für das Brutto-Jahreseinkommen bei der Renten- und Arbeitslosenversicherung bei 82.800 Euro (West) und 77.400 Euro (Ost). Bei Kranken- und Pflegeversicherung wurde die Grenze auf 56.250 Euro festgelegt.
Der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung ist 2020 von 2,5 auf 2,4 Prozent gesunken. Ab 2023 soll dieser auf 2,6 Prozent steigen. Der VdK sieht die Senkung des Beitrags kritisch. Aus Sicht des Verbands sollten die Einnahmen besser in einen längeren Bezug von Arbeitslosengeld (ALG) I für ältere Arbeitslose und in eine Qualifizierung von Arbeitslosen, die der zunehmenden Digitalisierung im Arbeitsleben entspricht, fließen.
Positiv bewertet der VdK, dass nach einer Neuregelung im Qualifizierungschancengesetz seit 2020 eine längere Rahmenfrist zur Beantragung von Arbeitslosengeld I gilt. Anspruchsberechtigt war bisher nur, wer mindestens zwölf Monate innerhalb der vergangenen zwei Jahre sozialversicherungspflichtig beschäftigt war. Diese Frist wurde auf zweieinhalb Jahre ausgeweitet. Von der Verbesserung betroffen sind etwa 20.000 arbeitslose Menschen, die nach der alten Regelung in den Hartz-IV-Bezug gerutscht wären.
Mehr Informationen hält das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Internet unter www.bmas.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2019/das-aendert-sich-im-neuen-jahr.html bereit.
Stabsstelle Sozialpolitik
Esther Wörz
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