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Bislang gibt es in Deutschland nur wenig Seniorenheime, die ihren Bewohnerinnen und Bewohnern VR-Brillen anbieten. Dabei haben auch Menschen in hohem Alter Spaß an digitaler Innovation. Zudem sehen Expertinnen und Experten Vorteile in dieser Technik, etwa wenn sie in der Bewegungstherapie eingesetzt wird.
Das Vorurteil, Gaming und VR (Virtual Reality, virtuelle Realität), gehöre in den Jugendbereich, hält sich hartnäckig, obwohl Umfragen das widerlegen. „Silver Gamer“ sind hierzulande keine Seltenheit: Laut dem Verband der deutschen Games-Branche haben 2020 mehr als 34 Millionen Menschen regelmäßig Computer- und Videospiele gespielt. 15 Prozent davon waren über 60 Jahre alt. Das heißt: Mehr als fünf Millionen Seniorinnen und Senioren sind Gamer. Tendenz steigend.
Die Erfahrung, dass ältere Menschen Spaß an Technik haben, macht auch Alexandra Kasper. Sie arbeitet als Betreuungskraft im Caritas-Altenzentrum Sankt Maternus in Köln und setzt sich dort für mehr Digitalisierung ein. So hat sie für ihre Einrichtung ein digitales Betreuungskonzept aufgebaut, bei dem Social Media, Computerspiele und VR-Brillen zum Einsatz kommen. Die Sozialpädagogin blickt auf die erste Begegnung ihrer Schützlinge mit VR-Brillen zurück: Vor drei Jahren hatte sie mit Bewohnerinnen und Bewohnern eine Bibliothek besucht, in der diese Technik ausprobiert werden konnte. „Das hat alle so fasziniert, dass wir uns inzwischen bereits drei VR-Brillen für unser Seniorenheim angeschafft haben“, erinnert sich die 42-Jährige. Seitdem hat jeder und jede zweimal wöchentlich die Möglichkeit, in die virtuelle dritte Dimension zu wechseln.
Welche 3D-Welten gibt es zu entdecken? Zum Einstieg sei eine bunte Unterwasserwelt mit Korallen und Fischen besonders beliebt, berichtet die Kölnerin. Außerdem werde die Software „Google Earth VR“ genutzt. Damit ist das virtuelle Reisen rund um den Globus möglich, wahlweise in der Vogelperspektive oder in der Straßenansicht. Die Betreuungskraft erzählt von einem schönen Erlebnis: „Einer unserer Bewohner kommt aus Chile. Er geht bei seiner virtuellen Reise gern am Strand seiner alten Heimatstadt spazieren.“
Die Abwechslung im Pflegealltag gefällt auch den Mitarbeitenden des Altenzentrums. Kasper spricht sogar von einer Aufwertung, die der Pflegeberuf dadurch erfährt. Bislang nutzen nur wenig Pflegeeinrichtungen VR-Brillen. „Das Thema Digitalität wird in der Ausbildung zur Betreuungskraft noch zu wenig angesprochen“, bedauert die Sozialpädagogin. Es ist auch eine Frage des Budgets. Ein Modell, wie es die Kölner Einrichtung verwendet, kostet 3000 Euro. Zudem sei es eine Herausforderung, Personal zu finden. „Es braucht mindestens einen, besser zwei Menschen, die ein solches Projekt mit Leben füllen. Das gesamte Team sollte das unterstützen“, gibt Alexandra Kasper zu bedenken.
Die Chancen der Techniknutzung im höheren Lebensalter untersucht Dr. Stefan Kamin am Institut für Psychogerontologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. „Während der Corona-Pandemie hat die digitale Technik vielen älteren Menschen die gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht“, sagt der Experte.
Kamin schätzt, dass auch VR-Brillen in Pflegeheimen einen Aufschwung erleben werden. „Ich sehe vor allem große Potenziale im Bereich der Bewegungstherapie, die durch virtuelle Realität gestützt werden kann.“ Für Menschen, die an Demenz leiden, sei die Technik dagegen nicht geeignet. „Es ist eine ethische Frage, einen Menschen, der zeitlich und räumlich nicht mehr orientiert ist, in einen virtuellen Raum zu setzen und wieder herauszuholen.“ Eine Reise mit der VR-Brille erfordert sensibles Personal, das den emotionalen Ankerpunkt für den Demenzkranken bereitstellt, so der Gerontologe. Kamin fordert mehr Forschung im Pflegebereich, um Chancen und Grenzen besser abschätzen zu können.
Elisabeth Antritter
Schlagworte virtuelle Realiät | VR-Brillen im Seniorenheim | Digitalisierung im Heim | Pflege
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