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Bei den bayerischen Landtagswahlen am 8. Oktober werden viele Menschen mit Behinderung noch immer auf Hindernisse treffen, die ihnen die Ausübung der Wahl erschweren. Bei Blinden und Sehbehinderten wird sogar das Grundrecht der geheimen Wahl verletzt.
Wenn Markus Ertl aus Lenggries zur Landtagswahl geht, braucht er eine Vertrauensperson. Diese wird das VdK-Mitglied nicht nur zum Wahllokal begleiten, sondern auch mit ihm zur Abstimmung gehen. Denn Ertl selbst kann die Kreuze nicht machen, da es für ihn als blinden Wähler kein Hilfsmittel gibt, das eine selbstständige Wahl ermöglicht. Damit ist bei ihm und anderen Blinden und Sehbehinderten das Grundrecht der geheimen Wahl verletzt.
Für Markus Ertl, der sich im VdK Bayern unter anderem als Berater für Barrierefreiheit engagiert, ist es enttäuschend, dass er nicht ohne Hilfe einer anderen Person sein Wahlrecht ausüben kann. Bei Bundestags- und Europawahlen gibt es Schablonen, die Blinde und Sehbehinderte nutzen können, um die Kreuze an der gewünschten Stelle zu machen.
Bei der bayerischen Landtagswahl gab es diese Möglichkeit bisher nicht, da nach Behördenangaben die Wahlzettel dafür zu groß wären. Nur in einem Bezirk wird es am 8. Oktober eine Art Modellversuch geben. Denn in Mittelfranken soll es erstmals möglich sein, mit einer entsprechenden Schablone zu wählen.
Für den Oberbayern Markus Ertl bleibt die Enttäuschung, dass er nicht allein abstimmen kann. Auch andere können nicht ohne Einschränkungen zur Wahl gehen. Gemeinsam mit der Ortswahlleitung hat er alle sieben Wahllokale in Lenggries inspiziert. Vor diesem Termin waren alle als barrierefrei ausgegeben worden. „Vier davon sind es definitiv nicht“, sagte Markus Ertl nach der Begehung. So war der Zugang zum Teil nur über Stufen oder eine zu steile Rampe möglich. Außerdem behinderte mehrmals Kopfsteinpflaster den Weg.
Die Gemeinde reagierte auf die Kritikpunkte: So wurde ein Wahllokal in ein Nachbargebäude verlegt, das für jeden zugänglich ist. Bei drei anderen steht in der Wahlbenachrichtigung, dass diese nicht barrierfrei sind. Welche Hindernisse auftreten, wird zwar nicht erwähnt. Markus Ertl meint aber, dies sei vertretbar, da Betroffene sich rechtzeitig im Vorfeld kundig oder Briefwahl machen könnten.
Jan Gerspach, Leiter des Ressorts „Leben mit Behinderung“ beim VdK Bayern, kann die Einschränkungen bei der Landtagswahl nicht nachvollziehen. „Sozialministerin Ulrike Scharf hatte im Januar angekündigt, dass die Wahllokale zur Landtagswahl barrierefrei sein sollen und die Wahlunterlagen für alle verständlich formuliert werden“, erklärt er. „Wenn man jetzt aber hört, dass beispielsweise nur in Mittelfranken testweise Wahlschablonen für blinde Menschen zur Verfügung stehen oder einige Wahllokale immer noch nicht stufenlos erreichbar sind, müssen wir feststellen, dass wir von barrierefreien Wahlen noch weit entfernt sind.“
Menschen mit Behinderung sollten ohne Unterstützung wählen können und nicht auf die Briefwahl vertröstet werden, sagt Gerspach. „Die UN-Behindertenrechtskonvention schreibt in Artikel 29 vor, dass die Wahlen für alle Menschen geeignet und zugänglich sein müssen. Die Konvention gilt in Deutschland bereits seit 2009, und noch immer haben wir dieses Ziel in Bayern nicht erreicht.“ Der Freistaat bleibt damit auch beim Thema barrierefreies Wählen hinter anderen Ländern zurück, in denen Schablonen für Blinde und Sehbehinderte schon längst Standard sind
Den VdK-Forderungskatalog in Leichter Sprache finden Sie auf unserer Seite zur Landtagswahl.
Weitere Informationen zur Wahl für Menschen mit Behinderung gibt es auf der Website des bayrischen Beauftragten für Menschen mit Behinderung.
Sebastian Heise
Schlagworte Landtagswahl 2023 | Barrierefreiheit | Wahlen
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