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Unterrichtsfach Inklusion

Menschen mit einer sogenannten geistigen Behinderung lehren an Universitäten und Hochschulen

Zwei Frauen sind in einem Klassenzimmer, eine von ihnen mit körperlicher Behinderung.

© Institut für Inklusive Bildung Kiel

Laura Schwörer und Horst-Alexander Finke sind zwei von sechs Bildungsfachkräften am Institut für Inklusive Bildung in Kiel. Sie geben Seminare und Vorlesungen und sind gefragte Rednerinnen und Redner auf Konferenzen. Sie sprechen über Menschen mit Behinderungen, über Teilhabe, Barrierefreiheit, Bildung oder Arbeit. Und zwar aus eigener Erfahrung. Denn die sechs Bildungsfachkräfte sind Frauen und Männer mit einer sogenannten geistigen Behinderung.

Ihre Qualifizierung haben sie im Rahmen eines Modellprojekts in Schleswig-Holstein durchlaufen. Alle sechs waren zuvor in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen tätig. Heute sind sie am Institut für Inklusive Bildung in Kiel angestellt und haben sozialversicherungspflichtige Jobs auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Bildungsfachkräfte unterrichten in Fächern wie Pädagogik, soziale Arbeit, Medizin oder Verwaltung. Mit ihrer Expertise sensibilisieren sie für die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen. Und das auf Augenhöhe.

Das Institut für Inklusive Bildung wurde im Jahr 2016 von Dr. Jan Wulf-Schnabel gegründet. Sein Ziel: getrennte Lebenswelten zusammenbringen. „Wenn Menschen mit und ohne Behinderung zusammenkommen, fühlen sich diejenigen ohne Behinderung oft überfordert und wissen nicht, wie sie sich verhalten sollen. Und genau diese Lücke schließt das Institut“, erklärt Wulf-Schnabel. Es ist als wissenschaftliche Einrichtung der Christian-Albrechts-Universität angegliedert. Die Qualifizierung ist einzigartig in Europa. Erste Absolventinnen und Absolventen arbeiten in Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg. Andere Bundesländer ziehen nach.

Schwörer hat sich für die Qualifizierung beworben, weil sie in einem ähnlichen Projekt bereits erste Erfahrungen in der Bildungsarbeit sammeln konnte. „Kommunikation und Interaktion beflügeln mich“, sagt die 32-Jährige. „Wenn eine zukünftige Lehrkraft in einem unserer Seminare erfährt, wie man einem Schüler mit Beeinträchtigung besser helfen kann, dann tragen wir zur Entwicklung des Schülers bei“, erklärt sie ihre Motivation. Finke spricht davon, dass er seine Berufung gefunden hat: „Dass ich als Bildungsfachkraft arbeiten darf und kann, ist für mich ein wertvolles Geschenk, das ich dankbar angenommen habe.“ Für ihn ist am wichtigsten, dass Menschen mit Behinderungen so angenommen werden, wie sie sind.

„Bildungsfachkraft kann jede Person mit einer sogenannten geistigen Behinderung werden, die Lust und Mut hat, die Werkstatt für Menschen mit Behinderungen zu verlassen und eine Qualifizierung anzutreten“, erklärt Dr. Dorothea Keudel-Kaiser, Regionalmanagerin am Institut. Und was brauchen die zukünftigen Auszubildenden? „Ein gewisses Sendungsbewusstsein“, sagt Keudel-Kaiser. Denn zu ihren wichtigsten Aufgaben gehört es, über ihr Leben mit einer Behinderung zu sprechen, sich auszutauschen und Gruppenarbeiten anzuleiten.

Das Bildungsangebot richtet sich an alle, die den Inklusionsgedanken in ihre Arbeitspraxis aufnehmen möchten. Das können Studierende, Lehr-, Fach- und Führungskräfte oder Personalverantwortliche sein. In Schleswig-Holstein nutzen vor allem Hochschulen und Universitäten, aber auch Politik und Verwaltung das Angebot. Die Nachfrage ist hoch: Im Jahr 2020 haben die sechs Bildungsfachkräfte 5000 Studierende virtuell erreicht.

Barrieren abbauen
Ihre Arbeit trägt dazu bei, Barrieren in den Köpfen abzubauen und Berührungsängste zu nehmen. Studierende berichten oft, dass sie durch den Austausch einen anderen Blick auf Behinderungen bekommen haben. „Er wandelt sich vom Fokus auf Defizite zu einem Fokus auf Kompetenzen“, sagt Keudel-Kaiser. Damit mehr Menschen zur Bildungsfachkraft ausgebildet werden können, hat das Institut eine Fundraising-Kam­pagne auf betterplace.org ge­startet.

Schwörer ist es ein wichtiges Anliegen, dass die individuellen Fähigkeiten von Menschen mit Beeinträchtigungen gesehen und anerkannt werden, damit sie am gesellschaftlichen Leben mitwirken können. Sie sagt: „Teilhabe muss zur Selbstverständlichkeit werden.“ Und Finke ergänzt: „Ich wünsche mir sehr, dass Inklusion vorgelebt wird und erlebbar wird. Inklusion ist möglich. Aber sie braucht Vorbilder.“

Kristin Enge

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  1. Zwei Frauen sind in einem Klassenzimmer, eine von ihnen mit körperlicher Behinderung. | © Institut für Inklusive Bildung Kiel
  2. Para-Tanzsportler Erik Machens in seinem YouTube-Tutorial | © Screenshot YouTube
  3. Eine Frau im Rollstuhl und ein Mann auf einem Stuhl sitzen vor einem Laptop im Büro | © Andi Weiland | Gesellschaftsbilder.de

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