Sozialverband VdK - Ortsverband Mittleres Schozachtal
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Rede zum Volkstrauertag 2019

Liebe Mitbürger,

hier und heute begehen wir gemeinsam den alljährlichen Volkstrauertag, der für die Erinnerung und den offenen Umgang mit unserer Vergangenheit steht. Erst diese Offenheit hat es uns erlaubt, dass der Volkstrauertag zu einem Tag der Versöhnung wurde – ohne dabei unsere Toten zu vergessen, ohne die Fehler und Verantwortung zu leugnen, ohne der geschichtlichen Wahrheit aus dem Weg zu gehen.
In diesem Bewusstsein denken wir heute in einem wieder vereinten Deutschland ebenso wie in ganz Europa insbesondere an den Beginn des Zweiten Weltkrieges. Fast auf den Tag genau vor 80 Jahren begann das tragischste Kapitel in der Ge-schichte Europas. Der von Deutschland entfesselte Krieg brachte unermessliches Leid über viele Völker – denn Krieg zerstört umfassend. Er zerstört nicht nur Städte, Häuser und Straßen. Krieg zerstört Menschen! Er verwandelt Lebende in Tote und hinterlässt in unzähligen Überlebenden tote Seelen.
Die Gräuel des Zweiten Weltkrieges können wir nicht ungeschehen machen. Doch sind wir es den Opfern schuldig, die Schrecken des Krieges im Gedächtnis zu be-wahren! Wir gedenken daher heute den Millionen Menschen, die durch diesen schrecklichen Krieg ihr Leben verloren haben. Wir gedenken den unzähligen Menschen mit Behinderungen, die abscheulich behandelt und systematisch ermordet wurden. Wir schließen in unser Gedenken sechs Millionen jüdische Menschen und alle anderen Volksgruppen ein, die in deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagern einen grausamen Tod erleiden mussten – ja vernichtet wurden.
Wir trauern aber auch um die vielen unschuldigen Opfer aus der Mitte unseres eigenen Volkes. Gemeinsam wollen wir uns an die über sechs Millionen Deutschen erinnern, die in diesem schrecklichen Krieg ihr Leben gelassen haben, aber auch an die Millionen von deutschen Flüchtlingen, die aus ihrer Heimat vertrieben und entwurzelt wurden.
Unsere gemeinsame Vergangenheit sollte uns allen Mahnung und Warnung zu-gleich sein. Und dennoch sind wir vor wenigen Wochen Zeugen eines feigen rechtsextremistischen Anschlags auf die jüdische Gemeinde in Halle mit zwei Todesopfern geworden. „Ein Tag der Scham und Schande“ wie unser Staatsoberhaupt, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, zu Recht erklärte.
Wieder findet unvorstellbare Gewalt mit dem Ziel statt, andere Menschen und andere Personengruppen zu unterdrücken, ihnen im Namen von Nation, Volk, Rasse, Religion oder Ideologie den eigenen Willen aufzuzwingen. Wieder vor unserer Haustür!
Doch auch in vielen anderen Ländern dieser Welt werden im Moment Menschen grausam verfolgt, gefoltert und umgebracht. Terror und Krieg sind alltäglich geworden. Die Medien berichten davon unaufhörlich und immer wieder aufs Neue. Dabei kann Terror und Krieg niemand wirklich wollen, der sich ein menschliches Herz, Nächstenliebe und Mitgefühl bewahrt hat. Denn Frieden schaffen und zu erhalten ist Menschenpflicht und muss unsere gemeinsame alltägliche Aufgabe sein.
Der Terrorakt in Halle ist ein gemeiner Angriff auf unsere offene, vielfältige und friedliche Gesellschaft. Wir alle sind deshalb mehr denn je verpflichtet, uns jeglichen Tendenzen entgegenzustellen, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Freiheit und Frieden untergraben wollen. Wir dürfen deshalb auch nicht das geringste Verständnis für Rechtsextremismus und Rassenhass zeigen. Wir dürfen nicht zu untätigen Beobachtern, egal welchen Terrors werden.
Diese Pflicht haben die Gründungsväter des Deutschen Grundgesetzes vor 70 Jahren, als Lehre staatlichen Unrechts und dem Zweiten Weltkrieg mit Artikel 1 des Grundgesetzes, nicht nur dem Staat selbst, sondern allen Menschen in Deutschland auferlegt.

Ich zitiere:

„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.“

Deshalb müssen wir uns alle gemeinsam gegen diejenigen Stimmen stellen, die Ängste, Vorurteile, Hass und Furcht verbreiten. Wir müssen uns alle daran stören, wenn die Würde, die Rechte und die Freiheit von Menschen missachtet, mit Fäusten traktiert oder mit Füßen getreten werden. Wir dürfen nicht wegsehen, wenn in unserer Gesellschaft Gleichgültigkeit, Unduldsamkeit und Verachtung gegenüber Andersdenkenden Platz finden und sich wie ein Krebsgeschwür ausbreitet.
Wir dürfen nicht bequem werden und dürfen nicht vergessen: „Demokratie ist nicht selbstverständlich!“ Ein Blick über Ländergrenzen hinaus reicht für diese Feststellung aus. Demokratie dient den Menschen, ist als solche geprägt vom Ausgleich widerstreitender Interessen auf der Grundlage von Einigkeit, Recht und Freiheit. Demokratische Werkzeuge sind der Kompromiss, das Verständnis, die Toleranz, die Solidarität. Gewalt und Terror gehören nicht dazu! Die demokratischen Instrumente und insbesondere der Kompromiss ist kein Ausdruck von Schwäche, sondern viel-mehr eine Grundeinstellung, geprägt von Rücksichtnahme, von Anerkennung und Respekt vor den Menschen. Der Kompromiss ist ein „Garant“ für ein friedliches Zusammenleben aller Menschen!
Daran sollten wir uns nicht nur am Volktrauertag erinnern. Dies ist unsere tägliche Pflicht! Die Vergangenheit darf nicht verdrängt werden und die Gegenwart darf uns nicht gleichgültig sein. Wir alle – ob jung oder alt – haben den Frieden zu sichern, denn er ist der Kitt, der unsere vielfältige Gesellschaft lebenswert macht und lebendig zusammenhält.
Es ist aber auch die besondere Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland, sich für Frieden und Gerechtigkeit einzusetzen, nicht nur vor der eigenen Haustür, sondern über alle Grenzen und alle Nationen hinweg.
Wir müssen deshalb auch allen Menschen zutiefst dankbar sein, die sich für ein friedliches Zusammenleben einsetzen und dabei oftmals ihre Gesundheit riskieren oder sich dafür sogar in Lebensgefahr bringen. Frieden braucht Mut – aber dieser Mut lohnt sich, denn er schafft die Grundlagen für ein menschliches und menschenwürdiges Leben.
Schließen möchte ich mit einem Zitat von Papst Benedikt XVI, der bei seinem letzten Deutschlandbesuch erklärte: „Aber auch der klare Blick auf die dunklen Seiten ist möglich, und er erst ermöglicht uns, aus der Vergangenheit zu lernen und Anstöße für die Gegenwart zu erhalten.“

Nie wieder Krieg ist nur eine davon!

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