Sozialverband VdK - Ortsverband Mittleres Schozachtal
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Bericht der Podiumsdiskussion

Teilnehmer Podiumsdiskussion

Klaus Zenth, Patrick Holl, Frank Stroh, Thomas Knödler, Ursula Wüstholz und Jürgen Link (von links) diskutieren in entspannter Runde© W. Hinzmann

Auf großes Interesse stieß die Podiumsdiskussion zum Thema ?Demographischer Wandel im Mittleren Schozachtal?, nicht nur bei VdK- Mitgliedern. Hannelore Plume konnte, neben den Bürgermeistern und Vertretern der sozialen Einrichtungen, auch viele Gemeinderäte und Gäste begrüßen.
Frank Stroh, Heilbronner VdK Kreisverbandsvorsitzender, gab einige grundsätzliche Informationen zum Thema und erklärte den Ablauf der Diskussionsrunde, bevor er Bürgermeister Thomas Knödler aus Ilsfeld das Wort erteilte.

Thomas Knödler

Thomas Knödler© W. Hinzmann

Thomas Knödler kam direkt von einer Urlaubsreise in unsere Veranstaltung, ein herzliches Dankeschön dafür.
Thomas Knödler findet die Diskussionen und Berichterstattungen im Allgemeinen zu jugendlastig. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht über Kitas, Schulen, Ausbildungsplatzdefizite etc. berichtet wird. Nicht, dass diese Probleme unwichtig wären, ein Bewusstsein und eine größere öffentliche Präsenz für die Probleme der Pflege wären aber wünschenswert. In Ilsfeld stellen sich die Gemeinderäte auf die sich veränderte Altersstruktur ein und haben verschiedene Projekte geplant und prüfen deren Umsetzung. So könnten im westlichen Teil, gegenüber der alten Kelter neue bezahlbare Wohnungen entstehen. Dabei müsse man die Gewinnmarschen ausblenden. Denn es sind immer mehr Senioren aus dem Mittelstand, deren Rente und Erspartes nicht mehr ausreicht, um die hohen Kosten für Miete oder Folgekosten im eigenen Heim zu schultern. Bei einem Besuch mehrerer Seniorengruppen bei Thomas Knödler sprach sich die Mehrheit für die Schaffung von Alters-WG`S aus. Dazu erfolgt in mehreren Monaten eine Gesprächsrunde, in der erörtert werden soll, wie das umzusetzen ist. In Ilsfeld sind 6 Hausärzte angesiedelt, was ein glücklicher Umstand für die Gemeinde ist. Durch ein Ärztehaus sollen auch Fachärzte in die Gemeinde kommen. Zielsetzung ist es Ende des Jahres einen Spatenstich für das Ärztehaus hinzubekommen. Die Mobilität der Bewohner ortskernferner Wohngebiete soll durch eine Verbesserung von Busverbindungen gewährleistet werden. Die Lebensqualität der Gemeinde soll sich nicht nur in Begegnungsstätten der jüngeren Generation, wie Sport- und Spielplätze, zeigen, daher ist eine neue Begegnungsstätte für Senioren in Planung. Es gibt bereits eine Koronare Herzgruppe, Rheumaliga und VHS-Angebote, um fit zu bleiben. Das Bewegungsangebot für Senioren soll aber noch weiter ausgebaut werden. Der Sportclub schafft dazu beispielsweise einen Bewegungsraum in seinem Neubau. Ein besonders glücklicher Umstand ist es auch, dass die Zusammenarbeit mit den sozialen Einrichtungen wie Diakonie, ev. Heimstiftung und ASB klappt und man miteinander gemeinsame Konzepte erarbeit

Klaus Zenth

Klaus Zenth© W. Hinzmann

Ein richtig großes Opfer brachte Bürgermeister Klaus Zenth aus Abstatt. Er hat an diesem Samstag einen neuen Hochdruckreiniger bekommen und musste von einem der liebsten "Männerspielzeuge" weg, um zu unserer Diskussionsrunde zu kommen. Trotzdem freute er sich über die Einladung.
Abstatt hat, so Klaus Zenth, beinahe so viele Arbeitsplätze wie Einwohner. Deshalb wäre der Stamm der Bevölkerungspyramide noch etwas stärker ausgeprägt, als im Bundesschnitt. Die städtebauliche Entwicklung trägt der demographischen Wandlung dennoch Rechnung, indem bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden soll. Ein städtebaulicher Wettbewerb befasste sich unter anderem auch mit der Einrichtung weiterer Pflegeplätze und altersgerechtem Wohnen. Die Diskussionen zeigen, dass der Wunsch nach möglichst langer Selbstständigkeit im Vordergrund stehe. Es würden deshalb altersgerechte Wohnungen benötigt, davon auch solche, die für alle bezahlbar sind. Viele ältere Menschen stellen, wenn die Pflege des Hauses, der Garten oder das große Grundstück zur Last werden, die Überlegung an, das "Häusle" zu verkaufen und sich eine Wohnung zu nehmen. Diesem Gedanken soll auch in Abstatt Rechnung getragen werden.
Die Nahversorgung sei in Abstatt noch verbesserungsfähig, da die Einkaufsmöglichkeiten fast alle außerhalb des Ortskerns liegen und für Menschen, die nicht oder nicht mehr Auto fahren können, schlecht erreichbar sind. Als besonders erfreulich sieht es Klaus Zenth daher an, dass ein Einkaufsfahrdienst besteht. Die Gemeinde stellt einen 9-Sitzer-Bus zur Verfügung und übernimmt die Anmeldungen und Koordination der Interessenten. Ein wesentlicher Punkt, um den Fahrdienst durchzuführen, sind verlässliche Fahrer. Dies ist in Abstatt gewährleistet. Die ehrenamtlichen Fahrer sind äußerst zuverlässig und haben volle Unterstützung durch die Gemeinde. Klaus Zenth sprach einen besonderen Dank an die Herren aus.
Wünschenswert wäre für Abstatt, wieder einen Vollsortimenter im Ortskern zu haben. Das ist nicht zuletzt deshalb schwierig zu realisieren, weil die Handelsketten mindestens 1500 m² Grundfläche und entsprechende Parkplätze fordern. Wie in vielen anderen Ortschaften ist es auch in Abstatt schwierig eine Fläche zu finden, die diesem Anspruch gerecht werden könnte.
Es ist nicht nur die reine Versorgung gefragt sondern auch die Begegnung. Einkaufsflächen stellen deshalb auch Kommunikationsmöglichkeiten dar. Auch hieran soll bei einem Konzept gedacht werden.

Die ärztliche Versorgung ist zurzeit noch gegeben, ein Hausarzt wird aber in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen. Die Gemeinde sucht nach Möglichkeiten, wie bei der Suche nach einem Nachfolger geholfen werden kann um den Bestand der Praxis nicht zu gefährden.
Des Weiteren gibt es Überlegungen, der die Erweiterung des Bürgerparks um einen altersgerechten Bereich mit entsprechenden Gerätschaften vorsieht. Die Realisierung liegt aber aufgrund der wirtschaftlichen Situation noch in der Zukunft.

Patrick Holl

Patrick Holl© W. Hinzmann

Bürgermeister Patrick Holl aus Beilstein sieht auch großen Handlungsbedarf in den nächsten Jahren auf die Gemeinde zukommen. Zum einen werden derzeit weniger Kinder geboren als Bürger sterben, zum anderen ist der ländliche Raum für junge Menschen oft nicht attraktiv genug, weshalb sie wegziehen. Die Lage Beilsteins ergibt wenig baulichen Entwicklungsraum. Beilstein hat durch seine Lage, im Vergleich zu umliegenden Gemeinden, ein vielfach geringeres Gewerbesteueraufkommen. Dadurch besteht wenig Einsparpotential seitens der Gemeinde. Aber gerade die idyllische Lage zieht viele Menschen in die Gemeinde, was den Wohnraum knapp und teuer macht. Bauplätze sind mehr angefragt, als zur Verfügung stehen. Viele Einheimische wollen allerdings ihr Häusle aufgeben, weil die Nebenkosten zu hoch sind oder das Eigentum einfach zu viel Arbeit macht. Dadurch werden zwar Angebote geschaffen, die für viele Kaufinteressenten aber unattraktiv sind, da Unsummen in die Modernisierung gesteckt werden müssen und man trotz aller Anstrengungen immer noch eine alte Bausubstanz hat. Als erste Lösung werden veraltete Kindergärten abgerissen und auf das gewonnene Areal, von etwa 4000 m², altersgerechte bezahlbare Wohnungen gebaut. Es ist geplant, in einem zweiten Bauabschnitt das 4000 m² große Gelände der alten Feuerwehr ebenfalls mit altersgerechten Wohnungen zu bebauen.
Die ärztliche Versorgung ist derzeit noch gut, wobei sich hier ein Generationenwechsel abzeichnet. Zwischen den wirtschaftlichen Großräumen ist die medizinische Versorgung dennoch als gut anzusehen. Die Nahversorgung lässt zu wünschen übrig. Es wird ein Vollsortimenter gesucht. Da sich der vermutlich auf ?der grünen Wiese? ansiedeln wird, wird überlegt, wie in diesem Zusammenhang eine Erreichbarkeit für nicht mobile Bürger geschaffen werden könnte. Eine Kommunikationsmöglichkeit fehlt. Es ist auch schwierig umzusetzen und geeignete Räumlichkeiten zu schaffen, da einfach zu wenig Geld in der Gemeindekasse ist.
Es hat sich auf der anderen Seite gezeigt, dass ein lebendiger Ortskern zu schaffen nicht so einfach ist. Das Cafe in der Alten Kelter ein angenehmer Kommunikationspunkt, musste aus wirtschaftlichen Gründen schließen. Der Supermarkt auf der grünen Wiese und ein lebendiger Ortskern widersprechen sich.
Für Fitgebliebene bieten die Landfrauen einen Bewegungstreff an. Ein Bewegungsraum für die VHS wird gerade ausgebaut. Es ist angedacht, abends Kindergartenräume für Bewegungsgruppen zur Verfügung zu stellen. Das Internet wird weiter ausgebaut. Die Gemeinde erstellt eine Demographie-Karte, die über die Jahre Aufschluss darüber geben soll, wie sich Beilstein demographisch entwickelt. Aus der Beobachtung der Altersstruktur in den Wohngebieten können Schlüsse darüber gezogen werden, ob die ältere Bevölkerung eher in Wohnungen geht oder in ihren Häusern bleibt. Aus den Ergebnissen kann man gezielte Angebote für die Senioren schaffen.
Regionaldirektor der ev. Heimstiftung, Jürgen Link, gab einen Gesamtüberblick der Pflegesituation und Seniorenbetreuung. Dabei liegt sein besonderes Augenmerk auf der Tatsache, dass ab 2019 eine Unterbringung von zu pflegenden Personen in Doppelzimmern gesetzlich verboten ist. Durch diese Tatsache werden allein in Baden-Württemberg 50 000 zusätzliche Pflegkräfte benötigt. Die Zahl der Sozialhilfeempfänger hat sich in den letzten 5 Jahren verdoppelt. Das ist den hohen Pflegekosten zuzurechnen. Viele Senioren, auch aus dem Mittelstand, können das Geld für eine pflegerische Versorgung nicht aufbringen, müssen ihr Eigentum veräußern, ihr Gespartes aufbrauchen und letztlich, wenn sie es erleben, Sozialhilfe beziehen. Es ist kein Armutsstatuts oder Zeichen einer falschen Lebensplanung mehr, im Alter Sozialhilfeempfänger zu werden. Gerade Demenzkranke, die sehr viel Pflege benötigen, werden bislang nicht genügend bedacht und erhalten kaum Zuwendungen von den Pflegeversicherungskassen. Eine Pflegeversicherungsreform ist daher dringend notwendig. Jürgen Link begrüßte aus diesem Grund die Initiative des VdK-Bundesverbandes, die Pflegeversicherungsreform mit einer Petition an den Bundestag zu einer schnelleren Entscheidung zu bewegen. Bedingt durch die familiäre Situation (beide berufstätig), Wegzug aus der Gemeinde, Arbeitsplatzverlagerung oder Arbeitsplatzwechsel wird die Notwendigkeit einer Unterbringung der Eltern in einem Heim immer größer. Laut der Bertelsmann-Stiftung ist der Landkreis Heilbronn, was die ambulante Versorgung Pflegebedürftiger angeht, nicht gut aufgestellt. Ein großer Wunsch von Jürgen Link ist es, dass sich die Bürgermeister mehr im Land und Bund dafür einsetzen, dass mehr Flexibilität in die Pflege kommt. Dazu gehört z.B. die stundenweise Unterbringung im Heim, bei Bedarf stationäre Pflege zu Hause, Zusammenführung verschiedener pflegebedürftiger Altersgruppen.
Schwester Ursula Wüstholz von der Diakoniestation Schozach-Bottwartal ev. brachte zum Ausdruck, dass für die Tätigkeit in der ambulanten Pflege sehr viel Idealismus erforderlich ist. Zum einen wegen der schlechten Bezahlung, zum anderen wegen den unregelmäßigen Arbeitszeiten. Mitarbeiterinnen in der Pflege schlagen schon mal lukrativere und von den Arbeitszeiten angenehmere Angebote aus, weil sie mit ?Herzblut? an den ihnen anvertrauten Menschen hängen. Leistungsverbesserungen der Pflegeversicherungen sind unabdingbar, besonders für an den an Demenz erkrankten Personenkreis. Eine optimale Versorgung von Demenzkranken ist nur in einem Heim möglich. Die ambulante Betreuung durch eine soziale Einrichtung reicht nicht aus und Angehörige von Demenzkranken stoßen sehr schnell an Grenzen ihrer Belastbarkeit. Ursula Wüstholz unterstrich die Aussage von Jürgen Link, dass immer mehr Mittelständler Sozialhilfe benötigen wenn der Pflegefall eintritt. Es besteht eine große Diskrepanz, zwischen den Möglichkeiten, die jüngeren Menschen geboten wird und der Versorgung der alten Menschen. Die Bürgermeister sollten flexibler und kreativer sein, was die Heimversorgung verschiedener Altersgruppen und verschiedener Krankheitsbilder angeht.
Auf die abschließende Frage von Frank Stroh: Was an der Zusammenarbeit mit den Gemeinden und den sozialen Diensten verbessert werden könne, kam unisono von den Bürgermeistern und den Vertretern der sozialen Einrichtungen die Antwort, es kann diesbezüglich so bleiben, da man gegenseitiges Verständnis aufbringt und Unterstützung erfährt.
Patrik Holl äußerte noch die Bitte, man solle das Thema des demographischen Wandels nicht so sehr zwischen Jung und Alt polarisieren, da das zu Unmut und Konflikten, gerade in kleineren Gemeinden führen kann.
Zusammenfassend sah Frank Stroh eine gute Entwicklung der Gemeinden im Mittleren Schozachtal. Das ist bei weitem nicht in allen Gemeinden des Einzugsgebietes des Kreisverbandes Heilbronn so.
Wolfgang Hinzmann

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  1. Teilnehmer Podiumsdiskussion | © W. Hinzmann
  2. Thomas Knödler | © W. Hinzmann
  3. Klaus Zenth | © W. Hinzmann
  4. Patrick Holl | © W. Hinzmann

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