Sozialverband VdK - Ortsverband Isny
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Ansprache von Frau Sieling zum Volkstrauertag in Isny

Ja – nie wieder!
Sie alle sind gekommen, um gemeinsam den alljährlichen Volkstrauertag zu begehen, der für die Erinnerung und den offenen Umgang mit unserer Vergangenheit steht.
Diese Offenheit hat es uns erlaubt, dass der Volkstrauertag zu einem Tag der Versöhnung wurde – ohne dabei unsere Toten zu vergessen, ohne die Fehler und Verantwortung zu leugnen, ohne der geschichtlichen Wahrheit aus dem Wege zu gehen.

In dem Bewusstsein denken wir heute in einem wiedervereinten Deutschland ebenso wie in ganz Europa insbesondere an den Beginn des Zweiten Weltkrieges. Vor 80 Jahren begann das tragische Kapitel in der Geschichte Europas. Der von Deutschland entfesselte Krieg brachte unermessliches Leid über viele Völker – denn Krieg zerstört umfassend.
Er zerstört nicht nur Städte, Häuser und Straßen, Krieg zerstört Menschen! Er verwandelt Lebende in Tote und hinterlässt in unzähligen Überlebenden tote Seelen.
Die Gräuel des Zweiten Weltkrieges können wir nicht ungeschehen machen. Doch sind wir es den Opfern schuldig, die Schrecken des Krieges im Gedächtnis zu bewahren!

Wir gedenken daher heute den Millionen Menschen, die durch diesen schrecklichen Krieg ihr Leben verloren haben.
Wir gedenken der unzähligen Menschen mit Behinderungen, die als Versuchsobjekte abscheulich behandelt und systematisch ermordet wurden.
Wir schließen in unser Gedenken sechs Millionen jüdische Menschen und alle anderen Volksgruppen ein wie Sinti und Roma, die in deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagern einen grausamen Tod erleiden mussten – ja vernichtet wurden!
Wir trauern um die vielen unschuldigen Opfer aus der Mitte unseres eigenen Volkes. Gemeinsam wollen wir uns an die über 6 Millionen Deutschen erinnern, die in diesem schrecklichen Krieg ihr Leben gelassen haben.
Aber auch an die Millionen von deutschen Flüchtlingen, die aus ihrer Heimat vertrieben und entwurzelt wurden.

NIE WIEDER!
Als Hitler am Morgen des 1. Septembers 1939 über den Rundfunk verkündete: „Seit 5:45 Uhr wird jetzt zurückgeschossen“, da kehrte er die realen Verhältnisse völlig um.
Er wollte die Deutschen glauben lassen, man führe einen gerechten Verteidigungskrieg.
Der Angriff auf die Halbinsel Westerplatte vor Danzig war als Freundschaftsbesuch des deutschen Kriegs- und Schulschiffs „Schleswig-Holstein“ getarnt.
Warum Danzig?
Die Stadt war nach dem Ersten Weltkrieg mit seiner mehrheitlich deutschen Bevölkerung zum Freistaat unter dem Schutz des Völkerbundes erklärt worden, eingeschlossen vom polnischen Staatsgebiet zwischen den zum Deutschen Reich gehörenden Provinzen Ostpreußen und Pommern.
Danzig sollte „heim ins Reich“, es handelte sich in Wahrheit um die geplante Erweiterung des Lebensraumes im Osten.
Die Luftangriffe auf Polen, das Massaker unter der Bevölkerung, der Einmarsch russischer Soldaten, lösten ungeheure Flüchtlingswellen aus.
Das Schicksal dieser Menschen begegnet uns bis heute in den Nachkommen der Heimatvertriebenen und noch einiger weniger Zeugen des Erlebten.

NIE WIEDER!
Eine Zeugin der Kriegsgeschehnisse im katholischen Teil Ostpreußens, nämlich in der Stadt Heilsberg im Ermland, können wir bis heute hören: Eine der Glocken der dortigen Pfarrkirche St. Peter und Paul ist vor dem Einschmelzen bewahrt worden und fand Heimat in der gleichnamigen Pfarrkirche St. Peter und Paul in Oberstaufen.
Was könnte sie uns alles erzählen! Auch diese Glocke ist eine Heimatvertriebene.
Unsere gemeinsame Vergangenheit sollte uns allen Mahnung und Warnung zugleich sein.

Wie vieles können wir aus der Geschichte lernen: Die Friedensverträge um 1648, die den 30jährigen Krieg beendeten, sind Vorbild bis heute und führten zu einer neuen Ordnung für Europa: Die Kriege wurden beendet durch Diplomatie, nicht durch Waffen!
Dass Polen, Frankreich und Deutschland heute in der Europäischen Union mit weiteren 25 Partnern vereint sind, ist für uns alle ein großes Glück.

Wir sind vor wenigen Wochen Zeugen eines feigen rechtsextremistischen Anschlags auf die jüdische Gemeinde in Halle mit zwei Todesopfern geworden. „Ein Tag der Scham und Schande“, wie unser Staatsoberhaupt, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, zu Recht erklärte.

Wieder findet unvorstellbare Gewalt mit dem Ziel statt, andere Menschen und andere Personengruppen zu unterdrücken, ihnen im Namen von Nation, Volk, Rasse, Religion oder Ideologie den eigenen Willen aufzuzwängen.
Der Terrorakt in Halle ist ein gemeiner Angriff auf unsere offene, vielfältige und friedliche Gesellschaft. Wir alle sind deshalb mehr denn je verpflichtet, uns jeglichen Tendenzen entgegenzustellen, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Freiheit und Frieden untergraben wollen. Wir dürfen deshalb auch nicht das geringste Verständnis für Rechtsextremismus und Rassenhass zeigen. Wir dürfen nicht zu untätigen Beobachtern, egal welchen Terrors werden.

NIE WIEDER!
Es passieren schreckliche, unverständliche Ereignisse, die sofort den Rechtsradikalen in die Hände spielen. In ungebremster Voreingenommenheit wird über Internetmedien jedem Unglück ein rassistischer Hintergrund unterstellt, wenn der Auslöser des Unglücks ein Mensch mit andersfarbiger Haut ist oder offensichtlich einer anderen Kultur angehört.
Ich denke in diesem Fall an den entsetzlichen, unsinnigen Tod eines Neunjährigen im Gleisbett des Frankfurter Hauptbahnhofes im vergangenen Sommer.
Der kleine Junge wurde ein tragisches Opfer eines psychisch kranken Eritreers, der nicht in Deutschland lebt.
Die unmittelbar darauf einsetzende undifferenzierte, unreflektierte Hetze in den Social Media macht mir Angst! Denken diese Menschen wirklich so? Wie viele denken auch so? Oder ist es eine Art Spiel, um die Gesellschaft zu spalten?

Wir sollten immer wieder aus unserer deutschen Geschichte lernen.
Und wir sollten uns nicht verunsichern lassen von diesem Gebaren, das uns misstrauisch machen soll gegenüber unserem Nächsten und seiner Einstellung.
Wir dürfen nicht bequem werden und dürfen nicht vergessen:
DEMOKRATIE IST NICHT SELBSTVERSTÄNDLICH!
Demokratie dient den Menschen, sie ist geprägt vom Ausgleich unterschiedlicher Interessen auf der Grundlage von Einigkeit, Recht und Freiheit. Demokratische Werkzeuge sind: Der Kompromiss, das Verständnis, die Toleranz, die Solidarität. Gewalt und Terror gehören nicht dazu!

Es ist unser aller Pflicht, mit diesen Instrumenten den Frieden zu sichern, denn er ist der Kitt, der unsere vielfältige Gesellschaft lebenswert macht und lebendig zusammenhält.
Denken wir dankbar an die Menschen, die sich täglich für den Frieden in unserem Land und auch über Grenzen hinweg einsetzen, oft unter Gefahr für Gesundheit und Leben.
Frieden braucht Mut!
Mut, aus der Vergangenheit zu lernen, Anstöße für die Gegenwart zu erhalten, um daraus Zukunft für alle zu schaffen.

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