10. Oktober 2022
So hilft der VdK

Weiterbildung beim Jobcenter erstritten

Das Jobcenter in Oldenburg verweigerte einem VdK-Mitglied die Weiterbildung, obwohl er nachweisen konnte, dass er danach eine Festanstellung bekommt. Der VdK Niedersachsen-Bremen klagte gegen die Ablehnung der Behörde.

Foto eines Gebäudes der Agentur für Arbeit
© andreas160578 auf Pixabay

Als Udo Behring (Name von der Redaktion geändert) in den 1990er-­Jahren Betriebswirtschaftslehre studierte, dachte er im Traum nicht daran, irgendwann von staatlichen Leistungen abhängig zu sein. Nach seinem Studium arbeitete er in dem Logistikunternehmen seines Vaters. Dort war er viele Jahre für die Finanzbuchhaltung und das Steuerrecht zuständig.

Weil Vater und Sohn unterschiedliche Vorstellungen von der Zukunft des Unternehmens entwickelten, begann Udo Behring nebenher eine Ausbildung im Bereich der Alternativmedizin – eher aus persönlichem Interesse, als um darin zu arbeiten. Dann starb der Vater. Und Behring wurde zu seiner großen Überraschung nicht im Testament berücksichtigt und konnte auch nicht mehr in der Firma arbeiten. „Ich stand plötzlich vor dem Nichts und musste zum Jobcenter“, erinnert sich der 59-Jährige.

Es hagelt Absagen

Er bewarb sich auf zahlreiche Stellen als Bilanz- und Finanzbuchhalter. Doch es hagelte Absagen. „Jenseits der 50 war ich vielen Arbeitgebern offenbar schon zu alt“, so sein Eindruck. „Nichts ging voran, und das Amt hat mich von einem Bewerbungstraining ins nächste geschickt.“

Schließlich entschloss er sich, an seine alternativmedizinische Ausbildung anzuknüpfen. Um den Beruf des Heilpraktikers ergreifen zu können, fehlte ihm aber noch eine entsprechende Weiterbildung. Das Jobcenter bewilligte ihm die Maßnahme im Rahmen eines Beschäftigungsprogramms für Menschen ab 50 Jahren. Doch weil die finanzielle Förderung für das Programm kurzfristig eingestellt wurde, musste der Kurs nach einem halben Jahr abgebrochen werden.

Behring schlug dem Jobcenter eine neue zweijährige Weiterbildung an einer renommierten Heilpraktiker-Schule vor und erhielt eine mündliche Zusage für den Bildungsgutschein. Doch als er der Behörde alle erforderlichen Unterlagen vorgelegt hatte, lehnte eine andere Sachbearbeiterin den Antrag ab: Ein Ende der Arbeitslosigkeit sei nicht zu erwarten, erklärte sie. Dabei hatte Behring bereits die schriftliche Zusage eines Heilpraktikers, der ihn nach der beantragten Weiterbildung einstellen wollte.

VdK-Jurist Kai Pöpken vom Landesverband Niedersachsen-Bremen legte beim Jobcenter Oldenburg Widerspruch gegen die Ablehnung ein. Die Behörde weigerte sich weiterhin, kritisierte plötzlich Inhalt und Form der Arbeitgeberbescheinigung und führte eine schlechte Beschäftigungsprognose für Heilpraktiker an. „Ich hatte den Eindruck, dass sich das Amt teilweise mit abstrusen Begründungen gegen die Erfüllung seiner Aufgaben stemmte“, so Pöpken, der Klage beim Sozialgericht einreichte.

Während des Verfahrens beauftragte das Jobcenter dann ein psychologisches Gutachten. Es wollte wissen, ob Behring motiviert genug für eine 24-monatige Weiterbildung ist. Dabei war er schon einmal begutachtet worden – mit positivem Ergebnis.

Frust und Freude

Nach zwei Jahren entschied das Gericht schließlich: Das Jobcenter muss „zwecks rascher Beendigung der Langzeitarbeitslosigkeit des Klägers“ die Weiterbildungskosten übernehmen. „Rasch“ – in Pöpkens Ohren klang das wie Ironie. „Es war frustrierend, dass weder Jobcenter noch Gericht Interesse zeigten, das Verfahren schnell zu erledigen“, sagt er.

Pöpkens Hoffnung liegt nun auf dem Bürgergeld, das Anfang 2023 eingeführt wird. Denn das setzt stärker als Hartz IV auf Qualifizierung und Weiterbildung. „Es wird Zeit, dass endlich der Arbeitsuchende im Mittelpunkt steht und unterstützt wird, anstatt ihm ständig Hürden in den Weg zu stellen.“

Behring hat nach einem Jahr die Hälfte seiner Ausbildung absolviert und blickt positiv in die Zukunft. Die Stelle in der Heilpraktiker-Praxis wird ihm weiterhin freigehalten.

Jörg Ciszewski

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