Sozialverband VdK - Kreisverband Heidelberg
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Soziale Ungerechtigkeit gefährdet Demokratie

Martin Gross, Verdi-Landeschef

Martin Gross, Verdi-Landeschef© Sabine Hebbelmann / RNZ

Eine kämpferische Rede hielt Verdi-Landeschef Martin Gross beim Kreisverbandstag des VdK-Kreisverbands Heidelberg im Wieslocher Palatin. Brandgefährlich sei es, die Wahlergebnisse auf einen Ost-West-Konflikt zu reduzieren, das verstelle den Blick auf die Probleme, die es im ganzen Land gebe. "Die eigentliche Ursache der Gefährdung unserer Demokratie - weltweit - ist die soziale Ungerechtigkeit", betont er.

Von Jamaika höre man zur Sozialpolitik bisher wenig, dabei sei die Rentenpolitik das wichtigste Thema überhaupt. Um millionenfache Altersarmut zu verhindern, fordert Gross ein Niveau der gesetzlichen Rente, das armutsfest ist. "Wer hier nicht gegensteuert, der wird sich ab 2030 nach Wahlergebnissen wie am 24. September 2017 noch zurücksehnen", warnt er.

Ein Rentenniveau von 50 Prozent bei einem Beitragssatz von 25 Prozent - je 12,5 Prozent für Arbeitgeber und Arbeitnehmer - sei dauerhaft möglich, das hätten die Wirtschaftsforscher von Prognos für Verdi ausgerechnet. Für die Arbeitnehmer wäre das sogar billiger, als zusätzlich zu den aktuell gut neun Prozent vier Prozent privat zu riestern. Die Arbeitgeber seien bereit, elf Prozent zu übernehmen. Die fehlenden 1,5 Prozent entsprächen den 25 Milliarden Euro Steuergeldern, die Donald Trump von Deutschland für mehr Rüstung fordert. "Das Geld ist da, wir entscheiden, wofür wir es verwenden wollen."

Volles Haus beim Kreisverbandstag

Volles Haus beim Kreisverbandstag© Sabine Hebbelmann / RNZ

Aber auch das Land nimmt der Nachfolger der jetzigen SPD-Landesvorsitzenden Leni Breymaier ins Visier. Die Landesregierung habe still und heimlich das Landestariftreuegesetz zum zahnlosen Tiger gemacht. Versteckt in der Novellierung des Naturschutzgesetzes sei - abgesehen vom Verkehrsbereich - jetzt einfach der bundesweite Mindestlohn bei öffentlichen Vergaben festgelegt worden. Sinn und Zweck des Gesetzes sei aber gewesen, bei öffentlichen Aufträgen einen Mindestlohn festzuschreiben, der höher sei und zum Leben in Baden-Württemberg auch reiche.

Aufstiegsversprechen durch Chancengerechtigkeit seien nicht alles, sagt Gross und erinnert an den Tarifkonflikt der Beschäftigten am Stuttgarter Flughafen, die im Schichtdienst das Check-In und Boarding leisten und sich mit Löhnen kaum über dem Mindestlohn die Mieten in Stuttgart nicht leisten können. "Irgendwer wird diese Arbeiten machen", betont er.

Das gilt auch für die Pflege. Eine gesetzliche Personalbemessung und faire Löhne sollten laut Verdi die Arbeitsbedingungen und damit auch die Qualität verbessern. "Die Arbeit an Menschen muss auch finanziell genauso wertgeschätzt werden wie das Zusammenbauen von Autos", so Gross.

Der Gewerkschafter fordert Steuergerechtigkeit, denn starke Schultern könnten mehr tragen. Dazu zählt Gross, dass der Fiskus beim Einkommen aus Arbeit zuschlägt, sich aber beim leistungslosen Einkommen durch Vermögen und Erbschaften zurückhält. Zehn Prozent der Deutschen besäßen zwei Drittel des Vermögens. Eine Erbschaftssteuer für Millionäre müsse dringend her, denn: "Wir brauchen mehr Geld für Kitas, für Krankenhäuser, für Schulen und für alle, die sich einen armen Staat nicht leisten können."

Gross spricht von Versäumnissen der Wohnungspolitik der vergangenen 20 Jahre. Während von einst vier Millionen Sozialwohnungen nur noch 1,5 Millionen übrig seien, hätten Spekulationen in Wohnraum und Boden die Preise für Wohnraum in die Höhe getrieben. Statt öffentliche Grundstücke an den Meistbietenden zu verkaufen, sollten sie an Unternehmen und Initiativen gehen, die sich verpflichten, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, fordert der Parteilose.

Damit die Sozialpolitik keine "offene Flanke" der künftigen Bundesregierung werde, brauche es in den nächsten vier Jahren eine starke außerparlamentarische Interessenvertretung: durch die Gewerkschaften und die Sozialverbände. Insgesamt 32 Organisationen hätten sich bereits zu einem Bündnis gegen Altersarmut zusammengeschlossen.

Hans-Josef Hotz, Kreisverbandsvorsitzender

Hans-Josef Hotz, Kreisverbandsvorsitzender© Sabine Hebbelmann

VdK-Kreisvorsitzender Hans-Josef Hotz freute sich, dass rund 300 der insgesamt 12.000 Mitglieder des Kreisverbandes sowie viele Gäste aus Politik und Verwaltung der Einladung gefolgt waren. Wieslochs Bürgermeister Ludwig Sauer lobte den starken VdK-Ortsverband und das Engagement der Ehrenamtlichen. Grußworte sprach unter anderen auch der Präsident der "Union Fédérale Marnaise", der französischen Partnerorganisation des VdK.

Die stellvertretende Kreisverbandsvorsitzende Susanne Wenz hatte Mühe, die Bühne zu erklimmen. Ihren Rollstuhl musste sie draußen im Foyer lassen, da der Saal nicht barrierefrei zugänglich ist. "Weg mit den Barrieren!", forderte sie in ihrem Schlusswort. Dringenden Handlungsbedarf sah sie auch bei den Kreiskrankenhäusern - der größte Fehler sei es gewesen, die Wirtschaftlichkeit einzuführen. Den Mitgliedern rief Susanne Wenz zu: "Ihr seid die Lobby für die, die keine haben!"

Von Sabine Hebbelmann / Rhein-Neckar-Zeitung

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  1. Martin Gross, Verdi-Landeschef | © Sabine Hebbelmann / RNZ
  2. Volles Haus beim Kreisverbandstag | © Sabine Hebbelmann / RNZ
  3. Hans-Josef Hotz, Kreisverbandsvorsitzender | © Sabine Hebbelmann

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