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RHEHACARE: Mit dem Geh-Roboter auf die Beine kommen

Endlich wieder gehen können - davon träumt jeder querschnittsgelähmte Mensch. Leider oft vergebens. Michael Steinmetz hat einen Weg gefunden - dank eines so genannten Exoskeletts, eine Art Geh-Roboter. Dieses Gerät stützt den Körper des 56-Jährigen von außen. Gehen, sitzen, Freunden auf Augenhöhe "Guten Tag" sagen, war plötzlich wieder möglich. Michael Steinmetz hätte sich das lange nicht vorstellen können. Zu aussichtslos waren die Diagnosen.

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Wenn Michael Steinmetz mit seinem Exoskelett unterwegs ist, erntet er oft neugierige Blicke - und es entwickeln sich spannende Gespräche mit seinen Mitmenschen.© www.eventfotograf.in

Was war passiert? 2007 wies ihn sein Hausarzt darauf hin, dass die Dreifach-Impfung für Tetanus, Diphtherie und Polio aufgefrischt werden müsse. "Gesagt, getan, aber 16 Tage später verspürte ich auf einmal Stiche im Rücken und klagte über Krämpfe in den Oberschenkeln", erzählt Michael Steinmetz. 30 Minuten später sei er gelähmt gewesen. "Und am Boden zerstört. Ich wusste gar nicht, was mit mir da gerade passiert."

Spezialisten in der Neurologischen Klinik in Bonn stellten ihn auf den Kopf - mit einem niederschmetternden Ergebnis: Querschnittslähmung! Die Ärzte vermuteten, dass ein Impfstoff verunreinigt war und das Rückenmark zerstörte. "Der absolute Horror. Ich wollte das nicht akzeptieren, im Kopf kam ich nicht klar", sagt der Overather heute noch mit Wut im Bauch und zittriger Stimme. Nachts plagten ihn Albträume, unbeschreibliche Schmerzen. Für den selbstständigen Kaufmann begann ein furchtbarer Kreislauf. Auch seine Ehe ging nach 25 Jahren in die Brüche - und Michael Steinmetz sagt: "Ich kann das sogar verstehen. Das Leben mit mir war nicht auszuhalten. Morphium, Psychopharmaka - ich war fertig, matschig in der Birne."

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Mit Motoren an den Seiten sowie hinten hilft der Geh-Roboter Menschen mit Querschnittslähmung wortwörtlich dabei, wieder auf die Füße zu kommen.© www.eventfotograf.in

Michael Steinmetz informierte sich beim Landschaftsverband Rheinland (LVR) über Hilfsmittel. Doch bis auf modern weiterentwickelte Rollstühle war da wohl nichts zu machen. Bis er eines Tages von einem LVR-Mitarbeiter einen Anruf erhielt: "Er sagte zu mir, er habe auf einer Fortbildung etwas gesehen - das sollte ich mir mal anschauen." Die Rede war von einem Exoskelett. Die Idee zu diesem Gerät hatte der Israeli Dr. Amit Goffer, der nach einem Quad-Unfall selbst gelähmt war. "Dafür würde ich alles geben, also habe ich einen Antrag gestellt", sagt Michael Steinmetz. Er wusste inzwischen, dass das Gerät in Deutschland seit 2013 vertrieben wird - allerdings mit einem Kostenfaktor von rund 100.000 Euro. "Doch der MDK lehnte mit der Begründung ab, ein Rollstuhl reiche völlig aus", erinnert sich der Overather. Zum Glück ließ der LVR nicht locker und setzte schließlich einen Exoskelett vom Hightech-Unternehmen "ReWalk Robotics" für ihn durch.
Sieben Jahre nach seiner folgenschweren Impfung war das Wunder perfekt.

Michael Steinmetz konnte wieder laufen - mit einem "äußeren Knochengerüst", das auf ihn abgestimmt wurde. Nach einem halben Jahr Training konnte er die ersten Schritte auf der Straße ohne Hilfe machen. An jeder Seite des Geräts befinden sich

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Im Interview mit Tobias Zaplata (li) von der Presseabteilung des VdK NRW stand Michael Steinmetz auf der REHACARE Rede und Antwort.© www.eventfotograf.in

zwei Motoren und hinten zwei Akkus, die vier bis fünf Stunden halten. Auch das Gewicht von über 27 Kilogramm macht ihm nichts aus. Sein Geh-Roboter, den er "Gustav Gans" getauft hat, brachte ihm auch gesundheitliche Vorteile. Dank der Bewegung benötigt er deutlich weniger Medikamente. Und dank "Gustav Gans" begleitete er 2016 seine Tochter Janina zum Traualtar - im Stehen.

Noch mehr Positives: Michael Steinmetz arbeitet wieder, als Berater für Existenzgründer. Und er möchte anderen querschnittsgelähmten Menschen helfen, auch einen "ReWalk" zu bekommen. Deshalb schrieb er eine Dokumentation über sich und erreichte, dass ein 17-jähriges Mädchen ebenfalls über den LVR einen Exoskelett bekommen hat. Auch Krankenkassen schreibt er an: "Ich will ein Umdenken erreichen, damit die Kosten schneller übernommen werden."
Michael Steinmetz ist wieder ein Kämpfer. Und wenn er am Ende des Gesprächs mit der VdK-Redaktion auf die vergangenen Jahre zurückblickt, fallen ihm die Worte seines Pfarrers ein: "Wenn neun Türen zugehen - die zehnte geht wieder auf."

Tobias Zaplata

Hintergrund Neu: Exoskelett in Hilfsmittelverzeichnis

Der GKV-Spitzenverband hat Exoskelette als neue Produktgruppe in das Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen. Mit diesen Geräten können etwa Paraplegiker wieder laufen. Die bis zu 100.000 Euro teuren Geräte können zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnet werden, sobald einzelne Hersteller ihre konkreten Produkte haben aufnehmen lassen. Der GKV-Spitzenverband ist die zentrale Interessenvertretung der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen und erstellt gemäß Paragraf 139 des 5. Sozialgesetzbuches ein systematisch strukturiertes Hilfsmittelverzeichnis, in dem grundsätzlich von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasste Hilfsmittel gelistet werden.

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