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Pflege geht jeden an!
Auszug aus "BAYERWALD-ECHO", und der "Chamer Zeitung"
"Ein kleiner Tropfen auf einen sehr heißen Stein"
VON STEPHANIE LEPPERT
Der Unmut der Büger über leere Politikerversprechen und gefühlte Willkür der Kassen war deutlich zu spüren. Am. Mittwoch hat der Sozialverband VdK in Randsberger Hof eine Podiumsdiskussion mit Politikern, Behörden und Organisationen veranstaltet.
Die Diskussionsteilnehmer (von links): Sozialrichter Dr. Rudolf Eichberger, MdL Karl Vetter, Landrat Franz Löffler, VdK- Präsidentin Ulrike Masche, Moderator Dominik Schott, MdB Marianne Schieder, Staatssekretär Marcus Sackmann und MdB Karl Holmeier© VdK
Betroffene und pflegende Angehörige sollten gehört und Vorschläge zur Verbesserung gesammelt werden. Wer als Angehöriger seine Berufstätigkeit aufgibt, um die häusliche Pflege zu übernehmen, gehe ein hohes Risiko ein, im Alter arm zu sein, sagte Ulrike Mascher, Präsidentin des VdK- Deutschland. Der Sozialverband fordert, dass Zeiten der Kindererziehung denen der Familienpflege rentenrechtlich gleichgestellt werden. Bisher erreichen Demenzkranke nicht einmal die Pflegestufe 1.
Die Folge: Die pflegenden Angehörigen gehen für die eigene Rente komplett leer aus. Die Aufnahme der Demenzkranken in zumindest eine Pflegestufe soll demnächst möglich werden. Staatssekretär Markus Sackmann begrüßte diesen Schritt, hätte sich aber gewünscht, dass das deutlicher rüberkommt".
Jahr der Pflege nicht spürbar
Das, was in Sachen Pflegereform herausgekommen ist, verdient diesen Namen nicht", lautete das Fazit der VdK- Präsidentin.
Stets sei es der VdK gewesen, der an die politischen Versprechungen im "Jahr der Pflege" erinnerte.
Insbesondere für Demenzkranke und ihre Angehörigen sollte das Jahr 2012 spürbare Verbesserungen bringen, versprach man aus dem Gesundheitsministerium.
Für die etwa 1.3 Millionen an Demenz erkrankten Menschenund diejenigen, die sich um sie kümmern, hat sich die Hoffnung nicht erfüllt, die ihnen noch Anfang des Jahres gemacht wurde. "Es hat sich nicht wirklich etwas zum Besseren gewendet". Dr. Karl Vetter bezeichnete das Erreichte als .Reförmchen". Der kleinste gemeinsame Nenner wurde mal wieder gefunden".
Mehr Solidarität in der Gesellschaft und neue Denkansätze beim Thema Pflege waren seine Forderungen. Es sind eigentlich alles Punkte, über die man nicht streiten kann weil sie dringend erforderlich sind", sagte Mascher.
Es macht mich zornig. "Jeder von uns kann pflegebedürftig werden." Nicht zu begreifen sei auch der Hürdenlauf, den Antragsteller auf eine geriatrische Rehabilitationsmaßnahme zu absolvieren hätten. Was in diesen Einrichtungen geleistet wird, grenzt fast an ein Wunder. Trotzdem kämpfen die geriatrischen Einrichtungen ums Überleben. Der Grund: Die Krankenkassen finanzieren nicht, was letztendlich nicht ihnen, sondern den Pflegekassen zu Gute kommt.
Pflegeschüler müssen zahlen.
Ein großer Kritikpunkt sei auch die Tatsache, dass Pflegeschüler trotz des riesigen Mangels an Fachkräften für ihre Ausbildung bezahlen müssten. "Im Prinzip sollte man ihnen eine Prämie zahlen", so Bundestagsabgeordnete Marianne Schieder. Sie forderte, Mut zur Realität und eine ehrliche Bestandsaufnahme.
"Dann muss man halt die Steuersenkungen bleiben lassen!"
Auf allgemeines Unverständnis stieß auch der sogenannte "PflegeBahr", eine staatlich geforderte Zusatzversicherung,
die das Risiko der Pflegebedürftigkeit absichern solle. Dafür sollen Versicherte mal eben, Monatsbeiträge von 30 bis 50 Euro auf die Seite
legen. Außerdemmüsse man etwa mit 20 Jahren mit dieser Zusatzversicherung anfangen", damit sie sich rentiere.
Schieder vermutete hinter dem "PflegeBahr" FDP- Klientel- Bedienungspolitik".
Zehn Tage bezahlte Freistellung haben die Bürger bisher, um die Angehörigen zu pflegen. Ebenfalls möglich ist ein halbes Jahr unbezahlte Freistellung. In Zukunft sollen es zwei Jahre sein, die aber selbst finziert werden müssen. Einen Rechtsanspruch auf Familien- Pflegezeit wie bei der Elternzeit gebe es nicht.
Es bleibt dem persönlichen Verhandlungsgeschick und dem guten Willen des Arbeitnehmers überlassen, ob man Familien- Pflegezeit in
Anspruch nehmen kann oder nicht.
"Ein kleiner Tropfen auf einen sehr heißen Stein", urteilte Mascher. Holmeier dagegen fand, dass man mit der Freiwilligkeit auf dem richtigen Werg sei.
Löffler forderte den Ausbau ambulanter Einrichtungen wie der Tagespflege. Er bezeichnete sich als "glühenden Verehrer der Pflege daheim". Diese müsse jedoch angemessen honeriert werden . " Pflege muss ejn gesamtgesellschaftspolitisches Thema werden" sagte Löffler. Von einer angemssenen Honorierung der Pflege Angehöriger sind wir im Moment jedenfalls meilenweit entfernt. war die Quintessenz der Diskussion.
> Vier Millionen Menschen in Deutschland werden von Angehörigen gepflegt und versorgt.
> Offiziell sind es 1.5 Millionen Menschen.
Diese Zahl umfasst aber nur die die von der Pflegeversicherung als pflegebedürftig anerkannt sirid.
> Hinzu kommen 2.5 Millionen Hilfebedürftige.
die keine leistungen erhalten etwa an Demenz erkrankte Menschen.
> Über 70 Prozentder pflegenden Angehörigen
sind Frauen. Pflege gilt als typisches "Frauenschicksal" mit allen Konsequenzen. Berufsausstieg, finanzielle Einbußen, geringe Rente, hohe Gesundheitsbelastungen, kaum noch soziale Kontakte und eine stark gesunkene Lebensqualität.
> Pflegende Angehörige sind rund 37 Stunden pro Woche im Einsatz- unbezahlt und ohne Urlaub.
ln Pflegestufe 2 sogar 54.2 Stunden. Das ist mehr als die zulässige Höchstarbeitszeit pro Woche.
> 60 Prozent der Pflegepersonensind über 55 Jahre alt.
,
> Ohne pflegende Angehörige würde Deutschland ein Mehr an 3.2 Millionen Vollzeitpflegekräften benötigen. Pflegende Angehörige entlasten Beitrags- und Steuerzahler um Milliardenbeträge.
- Pflege Cham1.pdf (0.9 MB, PDF-Datei)
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