Ehrenamtliche Richterinnen und Richter gesucht

Das ehrenamtliche Engagement der Hamburger Schöffinnen und Schöffen ist ein elementarer Bestandteil der Hamburger Justiz und der Rechtsprechung. An vielen Gerichten wird durch das Mitwirken der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter Rechtsprechung überhaupt erst möglich. Regelmäßig werden Nachrücker gesucht. Wir haben mit Günter Draeger aus der Rechtsabteilung des VdK Hamburg gesprochen.

Zur Veranschaulichung dient eine Justitia Figur.
Auch die Justizia im Hamburger Rathaus trägt wie alle Justizia-Figuren in der Hansestadt keine Augenbinde. Ihr freier Blick steht für Verantwortungsbewusstsein in der richterlichen Urteilsfindung. Um die Akzeptanz solcher Entscheidungen in der Bevölkerung zu erhöhen, gibt es das ehrenamtliche Richteramt. | © IMAGO/Winfried Rothermel

Herr Draeger, Sie sind seit 2019 ehrenamtlicher Richter am Hamburger Sozialgericht. Wie sind Sie zu dieser Aufgabe gekommen?
Die Bestellung zum ehrenamtlichen Richter kann man nicht selbst bewerkstelligen. Man wird entweder über eine Gewerkschaft oder einen Verband, wie beispielsweise den VdK, dem Sozialgericht vorgeschlagen. So war es auch bei mir.

Wie sieht Ihre Arbeit am Sozialgericht aus?
Ich bin bei unterschiedlichen Richtern bisher jeweils im Bereich des Schwerbehindertenrechts und des sozialen Entschädigungsrechts eingesetzt worden. Es könnte aber auch eine Kammer für sozialversicherungsrechtliche Angelegenheiten sein, also für Renten- oder für Krankenversicherungsrecht.

Was ist Ihre Aufgabe?
Die Aufgabe besteht darin, das Gericht bei der Wahrheits- beziehungsweise Urteilsfindung zu unterstützen.

Haben Sie die gleichen Rechte und Pflichten wie die Berufsrichter?
Ja, das ist grundsätzlich so, man hat eine gleichberechtigte Entscheidungsbefugnis. Wenn man in einer Kammer mit einem Berufsrichter zusammensitzt – das ist ja beim Sozialgericht immer so – dann kann es auch passieren, dass die beiden ehrenamtlichen Richter den Berufsrichter überstimmen.

Hat Corona Ihre Arbeit verändert?
Nein – verändert nur in dem Sinne, dass das Gericht etwas weniger mündliche Verhandlungen durchgeführt hat. Aber die Durchführung der Verhandlung ist nicht anders als vor Corona verlaufen – mit den entsprechenden Schutzmaßnahmen, das heißt, die Bänke und Sitzbereiche für die Prozessbeteiligten sind mit genügendem Abstand versehen, es gibt entsprechende Plexiglasscheiben, um das Gespräch abzuschirmen. Und im Umgang mit der Vorsitzenden Richterin/dem Vorsitzenden Richter werden entsprechende Masken getragen, zum Beispiel, wenn wir uns im Nebenraum besprechen. Insofern hat sich nichts geändert. Der Ablauf ist durch die Prozessordnung vorgegeben, davon gibt es keine Abweichung.

Wie viel Zeit investieren Sie normalerweise für die Aufgabe?
Ein Sitzungstag ist bei Gericht durch mehrere Verhandlungen geprägt. Die Prozessökonomie erfordert, dass vier, fünf oder auch mal sechs Verhandlungen hintereinander stattfinden. Was den zeitlichen Aufwand betrifft, kann das für den ehrenamtlichen Richter durchaus auch einen Umfang von drei bis vier Stunden erreichen. Es kann aber auch deutlich weniger sein. Häufig werden Verhandlungen kurzfristig abgesetzt, weil sich die Prozessbeteiligten vorher auf eine Regelung einigen konnten oder weil Verhandlungen durch Krankheitsfälle verschoben werden mussten.

Bei wie vielen Verhandlungen sind Sie als ehrenamtlicher Richter im Laufe eines Jahres vor Gericht dabei?
Man kann davon ausgehen, dass man nicht häufiger als einmal im Vierteljahr berufen wird.

Gibt es eine Entlohnung oder Ausgleichszahlung?
Wenn man zu denjenigen ehrenamtlichen Richtern gehört, die noch berufstätig sind, wird ein Ersatz für das ausgefallene Gehalt bezahlt. Wobei grundsätzlich gilt: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Arbeitnehmer für diese Tätigkeit freizustellen. Ansonsten werden bei Rentnern, wie beispielsweise bei mir, die Fahrtkosten ersetzt.

Neben Ihrem Amt als ehrenamtlicher Richter waren Sie viele Jahre als Fachanwalt für den VdK Hamburg tätig und vertreten heute noch, obwohl Sie schon im Rentenalter sind, VdK-Mitglieder vor Behörden und Gerichten. Ist diese Erfahrung nötig, um ehrenamtlicher Richter zu werden?
Nein. Es gibt grundsätzlich keinen Befähigungsnachweis dahingehend, dass man über nennenswerte juristische Erfahrungen verfügen muss. Es geht schlicht und einfach darum, dass Menschen gesucht werden, die eine gewisse Lebenserfahrung haben, längere Zeit im Berufsleben tätig waren und sich so allgemeine Kenntnisse angeeignet haben. Es geht um keine speziellen Kenntnisse beispielsweise im Sozialrecht.

Die Sozialbehörde sucht regelmäßig Menschen für das ehrenamtliche Richteramt. Können sich Interessenten selbst melden oder wie funktioniert die Kontaktaufnahme?
Die Kontaktaufnahme erfolgt nicht direkt. Beim VdK beispielsweise können sich Mitglieder auf Landesebene melden. Der Sozialverband Hamburg gibt dann eine Liste mit den Namen der interessierten Personen an das örtlich zuständige Sozialgericht weiter. Sofern Bedarf besteht, wird dem Vorschlag entsprochen.

Für welchen Zeitrahmen werden die Interessenten berufen und kann man in dieser Zeit auch vom Amt zurücktreten?
Die Berufung gilt grundsätzlich für fünf Jahre und kann verlängert werden. Ein Rücktritt ist nicht geregelt, würde aber möglicherweise in Betracht kommen, wenn gesundheitliche Gründe der Ausübung des Amtes entgegenstehen.

Wie oft kann man verlängern?
Eine altersgemäße zeitliche Begrenzung der Berufung gibt es nicht.

Wen können Verbände wie der VdK Hamburg vorschlagen? Welche Grundvoraussetzungen müssen erfüllt sein und welche beruflichen beziehungsweise menschlichen Erfahrungen sind für die Arbeit der Gerichte besonders wertvoll?
Vorgeschlagen werden kann jeder, der die Grundvoraussetzungen erfüllt: Es muss eine deutsche Staatsangehörigkeit vorliegen, das Mindestalter in der sozialgerichtlichen Instanz von 25 Jahren muss erreicht sein, die Aberkennung des Rechts zur Bekleidung öffentlicher Ämter darf nicht vorliegen und der Vorgeschlagene muss einen Wohnsitz im zuständigen Gerichtsbezirk haben.

Wenn sich ein VdK-Mitglied ohne juristische Erfahrung für das ehrenamtliche Richteramt interessiert, wo kann sie oder er Unterstützung erhalten?
VdK-Mitglieder erhalten Informationen von unseren Mitarbeitern, die in der VdK-Rechtsberatung tätig sind.

Wenn sich nach unserem Gespräch ein VdK-Mitglied für das ehrenamtliche Richteramt inte­ressiert, wie nimmt es Kontakt zum VdK Hamburg auf?
Wer Interesse an der Tätigkeit als ehrenamtliche Richterin oder ehrenamtlicher Richter hat, kann sich jederzeit bei uns in der VdK-Geschäftsstelle melden und ihr beziehungsweise sein Interesse bekunden. Wenn Fragen auftauchen, werden die Mitarbeiter der Rechtsabteilung diese im Rahmen eines Gesprächs gerne beantworten. Wenn danach die Bereitschaft besteht, würde das der Verband registrieren und turnusmäßig diejenigen, die in Frage kommen, an das Sozialgericht melden.

Interview: Ruth Seyboth-Kurth

Kontakt

VdK-Mitglieder, die sich für das Amt der ehrenamtlichen Richterin beziehungsweise des ehrenamtlichen Richters interessieren, wenden sich bitte an die Geschäftsstelle des VdK Hamburg, Stefan Svoboda, Telefon (0 40) 40 19 49-0.

Schlagworte Ehrenamtliche Richterinnen und Richter

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