Was sind die Pflegepersonenzeit und das Pflegepersonengeld?

Die Belastung privat Pflegender ist hoch - psychisch, körperlich, finanziell. Die aktuellen Gesetze ändern daran wenig. Deshalb hat der Sozialverband VdK ein Konzept vorgelegt, mit dem Pflegenden geholfen werden soll. In diesem Beitrag stellen wir die "Pflegepersonenzeit" und das "Pflegepersonengeld" vor.

Symbolfoto: Senioren sitzen vor einem Pflegeheim
© AOK-Mediendienst

Die Mehrheit der pflegebedürftigen Menschen wird zuhause von Angehörigen, Freunden oder Nachbarn versorgt. In der Beratungspraxis des VdK und auch in Studien zeigt sich immer wieder, dass Pflegende körperlich und psychisch stark belastet sind (siehe Info-Kasten unten). Auch leiden sie oft unter einer prekären finanziellen Situation.

Der Sozialverband VdK fordert, dass Pflegende besser unterstützt und entlastet werden müssen. Die aktuell geltenden Gesetze für Pflegende gehen nicht weit genug.

Daher hat der Sozialverband VdK die Pflegepersonenzeit und das Pflegepersonengeld als Konzept entwickelt. Vorbild dafür sind die Elternzeit und das Elterngeld für Mütter und Väter. Mit der Pflegepersonenzeit sollen Pflegende einen Rechtsanspruch auf eine teilweise oder vollständige Freistellung von ihrer Arbeit haben. Das Besondere: Analog zum Elterngeld sollen Pflegende als eine Art Lohnersatzleistung ein Pflegepersonengeld erhalten. Die Pflegenden erfüllen eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe.

Im Folgenden beantworten wir die wichtigsten Fragen zur Pflegepersonenzeit und zum Pflegepersonengeld.

Haben Pflegende einen rechtlichen Anspruch auf Pflegepersonenzeit?

Ja, bei der Personenpflegezeit soll es sich um einen Rechtsanspruch auf Freistellung von der Arbeit handeln. Der Anspruch besteht nur ein Mal pro pflegebedürftiger Person.

Darf der Arbeitgeber die Pflegepersonenzeit ablehnen?

Nein. Arbeitgeber dürfen den Antrag eines Beschäftigten nicht ablehnen, auch nicht wegen der Betriebsgröße oder wegen betrieblicher Gründe. Ankündigen muss man die Pflegepersonenzeit gegenüber dem Arbeitgeber zehn Tage vor ihrem Beginn. Das entspricht den Regeln zur aktuell greifenden Pflegezeit (siehe dazu weiter unten).

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?

Bedingung für das Nutzen der Pflegepersonenzeit soll sein, dass Pflegende mindestens zehn Stunden pro Woche, verteilt auf mindestens zwei Tage, pflegen. Grundlage dafür ist § 19 SGB XI. Auch dürfen Pflegende maximal 30 Wochenstunden erwerbstätig sein.

Die Pflege soll in häuslicher Umgebung stattfinden. Die pflegebedürftige Person muss dabei mindestens einem Pflegegrad von 2 haben. Dabei spielt es keine Rolle, ob Pflegende auch einen ambulanten Pflegedienst nutzen. Außerdem ist es unerheblich, ob die Pflegeperso-nenzeit bei Eintreten der Pflegebedürftigkeit oder zu einem späteren Zeitpunkt genutzt wird.  

Können mehrere Personen die Pflegepersonenzeit nutzen?

Ja. Die Pflegepersonenzeit sollen bis zu zwei Pflegepersonen in Anspruch nehmen können, die einen Pflegebedürftigen pflegen.

Gilt sie nur für die Pflege von Angehörigen?

Nein. Auch wer Freunde oder Nachbarn pflegt, kann die Pflegepersonenzeit nutzen.

Wie lange soll die Pflegepersonenzeit dauern?

Die Höchstdauer der Pflegepersonenzeit pro Pflegeperson beträgt drei Jahre. Da bis zu zwei Pflegepersonen pro Pflegebedürftigem eine Pflegepersonenzeit beanspruchen können, beträgt die maximale Pflegepersonenzeit pro Pflegebedürftigem sechs Jahre.

Einige Zahlen & Fakten: Wie belastet sind Pflegende?

  • 2015 lebten knapp 2,86 Millionen Pflegebedürftige in Deutschland,
  • 72,6 Prozent wurden ambulant gepflegt,
  • 48,4 Prozent ambulant von Angehörigen gepflegt.

Nach einer Studie des Bundesgesundheitsministeriums von 2017 sagen:

  • 77 Prozent der Hauptpflegepersonen fühlen sich (eher) stark belastet,
  • 2 Prozent der erwerbstätigen Pflegepersonen nutzten im Jahr 2016 die Pflegezeit,
  • 2 Prozent der erwerbstätigen Pflegepersonen nutzten im Jahr 2016 die Familienpflegezeit.

Finanzierung der Pflegepersonenzeit: Das Pflegepersonengeld

Was ist das Pflegepersonengeld und wie hoch soll es sein?

Das Pflegepersonengeld ist eine staatlich finanzierte Lohnersatzleistung, ähnlich dem Elterngeld. Analog zu dieser Leistung beträgt das Pflegepersonengeld 65 Prozent bis 100 Prozent des vorherigen Nettolohns des Pflegenden. Das Pflegepersonengeld liegt mindestens bei 300 Euro und maximal bei 1.800 Euro.

Wie lange soll es gezahlt werden?

Das Pflegepersonengeld kann von zwei Pflegepersonen bis zu 14 Monate bezogen werden. Jede Pflegeperson muss dabei mindestens zwei Monate Pflegepersonengeld in Anspruch nehmen. Eine Pflegeperson kann maximal 12 Monate Pflegepersonengeld für eine pflegebedürftige Person beziehen. Ist allerdings nur eine mögliche Pflegeperson vorhanden, kann diese 14 Monate Pflegepersonengeld erhalten.

Soll es verschiedene Varianten des Pflegepersonengeldes geben?

Ja. Pflegepersonen können zwischen dem normalen Pflegepersonengeld, dem Pflegepersonengeld Plus (analog Elterngeld Plus) und dem Pflegepersonenbonus (analog Partnerschaftsbonus) wählen und diese miteinander kombinieren. Die verschiedenen Varianten un-terscheiden sich in der Dauer ihres Bezuges und der Höhe des Pflegepersonengeldes.

Wer zahlt das Pflegepersonengeld und was kostet diese Leistung?

Finanziert werden sollte das Pflegepersonengeld durch den Staat. Nach Berechnungen des VdK ergeben sich für das Pflegepersonengeld jährliche Kosten in Höhe von ca. 4,3 Milliarden Euro. Zum Vergleich: 6,1 Milliarden Euro betrugen die Staatsausgaben für das Elterngeld im Jahr 2016. Für das Jahr 2018 sind im Bundeshaushaltsplan dafür 6,7 Milliarden Euro eingeplant.

Weitere Fragen zur Pflegepersonenzeit

Soll die Pflegepersonenzeit am Stück absolviert werden?

Nein, die Pflegepersonenzeit ist variabel ausgestaltet. Beide Pflegepersonen können ihre Pflegepersonenzeit zeitlich unabhängig voneinander beanspruchen und in bis zu drei Zeitabschnitte aufteilen. Für mehr Zeitabschnitte ist die Einwilligung des Arbeitgebers nötig.

Haben Pflegende einen Anspruch auf Teilzeit?

Pflegepersonen sollen, ebenso wie in der Elternzeit, ihre Arbeitszeit reduzieren oder auf be-stimmte Art verteilen können. Sollten sich Arbeitgeber und Pflegeperson nicht einigen können, kann letztere zweimal die Verringerung der Arbeitszeit verlangen. Wichtig ist, dass dieser Anspruch allen Pflegepersonen offen steht. Eine bestimmte Betriebsgröße oder das Nichtvorliegen eines dringenden betrieblichen Grundes sollten keine Voraussetzungen sein.

Nach der Pflegepersonenzeit: Dürfen Pflegende ihre Arbeitszeit wieder aufstocken?

Verringert ein Pflegender seine Arbeitszeit für die Pflegepersonenzeit, haben Pflegende das Recht, nach der Pflegepersonenzeit zur vorherigen Arbeitszeit zurückzukehren. Stimmt der Arbeitgeber zu, kann die Pflegepersonenzeit vorzeitig beendet oder verlängert werden. Bei Tod der pflegebedürftigen Person endet die Pflegepersonenzeit drei Wochen nach dem Todestag.

Aktuelle Regelungen für Pflegende

Pflegende Angehörige können derzeit die Pflegezeit und die Familienpflegezeit nutzen. Dazu können sie sich teilweise oder vollständig bis zu sechs Monate und teilweise bis zu 24 Monate von ihrer Arbeit freistellen lassen. Das geht aber nur, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind: Dazu gehören etwa eine gewisse Betriebsgröße des Unternehmens und ein enges Verwandtschaftsverhältnis zum Pflegebedürftigen. Finanzieren können Pflegende diese Zeit mit einem zinslosen Darlehen.

Laut Bundesregierung haben im Jahr 2015 nur 119 Personen ein Darlehen für die Pflegezeit und 123 Personen für die Familienpflegezeit in Anspruch genommen. Nach einer Umfrage, die im Auftrag des Bundesfamilienministeriums erstellt wurde, haben von Januar 2015 bis August 2016 mindestens 68.288 Personen eine Pflegezeit oder eine Familienpflegezeit gemacht.

Diese Zahlen machen deutlich, dass die bisherigen Regelungen zur Freistellung von der Arbeit und zur Finanzierung von Pflegezeiten nicht weit genug gehen.

ken/ime

Schlagworte Altenpflege | Pflegepersonenzeit | Regelungen

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