Auf Schiene oder über den Baumwipfeln

Sommerzeit ist Urlaubszeit. Doch für über zehn Millionen Deutsche, die mit einer Behinderung leben, beginnt sie oft schon lange im Voraus mit mühsamen Vorbereitungen. Welche Unterkunft ist barrierefrei? Wo finde ich rollstuhlgerechte Aktivitäten? Und kann ich einen Städte-Urlaub auch mit Sehschwäche verwirklichen?

Rolli-Draisine in Rinteln.
Rolli-Draisine in Rinteln. | © Pro Rinteln e.V.

Aber nicht nur für Menschen mit Behinderung sind Barrieren ein Hindernis: Gerade ältere Personen und Familien mit Kinderwagen sind für Barrierefreiheit mehr als dankbar – besonders wenn es ums Reisen geht. Deshalb haben wir zu Beginn der Sommerferien einige Anregungen für barrierefreies Reisen in Deutschland zusammengestellt, die eine bunte Mischung bieten für Natur, Kultur und Aktivitäten. Denn Reisen soll Spaß machen und eben nicht behindern.

Städte erkunden

Wie wäre es also mit einer Stadtführung in Gebärdensprache? Köln bietet für Gehörlose, aber auch für Rollstuhlfahrer und Blinde barrierefreie Rundgänge an. Letztere bekommen etwa die Gelegenheit, die Stadt mit ihren Sinnen wahrzunehmen, also zu schmecken, zu riechen, zu hören und zu fühlen. Etwa bei einer Führung durch den Kölner Dom; Blindenhunde sind ausdrücklich erlaubt. Anmeldungen bei der KölnTourismus GmbH unter Telefon (02 21) 34 64 30 und auf www.koelntourismus.de im Internet.

Wer einen Abstecher in die verschiedenen Weltkulturen machen möchte, ist im Rautenstrauch-­Joest-Museum richtig. Es ist rollstuhlgerecht konzipiert und bietet zudem kostenlose Multimedia-Führer für Gehörlose an. Diese leiten die Besucher mit Videos in Gebärdensprache durch die Ausstellung. Informationen unter Telefon (02 21) 22 13 13 56 und auf www.museenkoeln.de im Internet.

Für Rollstuhlfahrer und gehbeeinträchtigte Besucher der Hansestadt hält die Broschüre „Hamburg ohne Grenzen“ zahlreiche Informationen bereit. Hier werden neben Hotels, Restaurants und Museen auch Serviceadressen zum Beispiel zum Ausleihen von Hilfsmitteln vorgestellt. Außerdem bietet die kostenlose Broschüre einen Stadtplan mit barrierefreien Haltestellen. Sie kann unter Telefon (0 40) 30 05 18 51 oder im Internet auf www.hamburg-tourism.de bestellt werden.

In Hannover sind zahlreiche Sehenswürdigkeiten barrierefrei mit der Erlebnislinie 100/200 zu erreichen. Die Niederflurbusse sind allesamt mit Rampe ausgestattet, sodass das Ein- und Aussteigen mit Rollstuhl, Rollator oder Kinderwagen möglich ist. Einen Plan der Buslinie gibt es auf www.uestra.de online.

Museen entdecken

Das Schloss Herrenhausen mit seinen barocken Gärten ist für Besucher der niedersächsischen Landeshauptstadt ein Muss. Museum und Außenanlagen werben mit Barrierefreiheit: Die Kieswege im Garten sind zwar ebenerdig, jedoch nach Aussagen der Betreiber mit Rollstühlen schwierig zu befahren. Gehbehinderte können deshalb am Infopavillon spezielle E-Scooter gegen eine Gebühr von fünf Euro für zwei Stunden ausleihen, eine Reservierung ist empfehlenswert. Für blinde und sehbehinderte Menschen liegen Gartenführer mit Punktschrift zum Ausleihen bereit, vor der Orangerie gibt es zudem einen Tastplan vom Großen Garten. Das Museum Fürstenhaus ist hingegen mit Stufen versehen, hier müssen eine Gruppenführung sowie eine mobile Rampe im Vorfeld angemeldet werden. Informationen gibt es unter Telefon (05 11) 16 83 40 00 oder unter www.hannover.de/Herrenhausen im Internet.

Plan für Sehbehinderte in den Herrenhäuser Gärten in Hannover.
Plan für Sehbehinderte in den Herrenhäuser Gärten. | © Herrenhäuser Gärten

Wer die Welt der Wissenschaft erkunden möchte, kann im Universum Bremen selbst aktiv werden und Experimente zu Technik, Mensch und Natur ausprobieren. Das Museum ist weitgehend barrierefrei. Alle Stockwerke sind über Fahrstühle erreichbar. Bildschirme zum Berühren (mit Touch-Funk­tion) sind für Rollstuhlfahrer zugänglich. Blinde und sehbeeinträchtigte Menschen können Audiostationen nutzen, auf den Schautafeln der Exponate sind Texte in Reliefschrift verfasst. Die Mitarbeiter in der Ausstellung sind zugleich Ansprechpartner und Begleiter, eine Anmeldung dafür ist nicht erforderlich. Mit dem Thema Inklusion beschäftigt sich zudem bis Anfang 2018 die Sonderausstellung „Lieblingsräume“. Hier ist eine Begleitung durch Gebärdendolmetscher möglich, Blinde können die Ausstellung mit einem Leitsystem und Informationen in Brailleschrift selbstständig erkunden. Es gibt aber auch einen Rollstuhl-Parcours zum Testen für Personen, die einmal die Perspektive wechseln und sich in die Welt eines Gehbehinderten versetzen möchten. Informationen gibt es unter Telefon (04 21) 3 34 60 sowie auf https://universum-bremen.de im Internet.

Blindenparcours für Sehende im Universum Bremen.
Blindenparcours für Sehende im Universum Bremen. | © Universum® Bremen, Martinsclub Bremen e.V.

Aktiv sein

Für einen aktiven Sommerausflug bietet sich die Rolli-Draisine in Rinteln an. Über eine Rampe fährt man mit dem Rollstuhl auf die Draisine, anschließend wird dieser mit Gurten fixiert. Per Hand­antrieb kann der Rollstuhlfahrer dann selbst fahren, zwei Begleitpersonen sind jedoch nötig. Aufgrund des Gewichts ist die Rolli-­Draisine akkubetrieben und bietet, wie beim Pedelec, eine Unterstützung beim Fahren. Die Strecke von Rinteln nach Alverdissen ist 18 Kilometer lang und kann beliebig oft mit Pausen unterbrochen werden. Da sie nur einspurig befahrbar ist, treten alle Gäste ab 14 Uhr den Rückweg an – egal an welcher Stelle sie sich befinden. Je nach Wochentag kostet eine Rolli-­Draisinenfahrt zwischen 60 und 65 Euro. Da es nur eine rollstuhlgerechte Draisine gibt, wird eine frühzeitige Anmeldung unter Telefon (0 57 51) 40 39 88 empfohlen. Weitere Infos zur Streckenführung auf http://draisinen.de im Internet.

Strand und Meer

Ein Urlaub am Meer ist gerade für mobilitätseingeschränkte Personen oft schwierig zu handhaben. Die schmalen Räder von Rollstuhl oder Rollator lassen sich im Sand kaum vorwärtsbewegen, vom Wasser ganz zu schweigen. Am Nordbadestrand auf Norderney gibt es dafür einen speziell konstruierten Ballonrollstuhl, mit dem man direkt vom Strand ins Wasser gefahren werden kann. Außerdem bietet die Insel ihren Gästen eigens für den Strand angefertigte Rollatoren mit großen Reifen für eine Leihgebühr von fünf Euro pro Tag. Besonders mobil sind Gäste mit dem batteriebetriebenen Rollstuhl cad.weazle, der über große Ballon­räder verfügt, um im Sand nicht einzusinken. Dieser ist für 25 Euro pro Tag leihbar. Weitere Informationen sind erhältlich bei der Staatsbad Norderney GmbH auf www.norderney.de oder unter Telefon (0 49 32) 89 11 26.

Natur pur

Weitgehend barrierefrei ist auch der Baumwipfelpfad in Bad Harzburg: In 30 Metern Höhe befindet sich ein 1000 Meter langer Erlebnispfad mit Informationsstationen und tollen Ausblicken von verschiedenen Plattformen. Rollstuhlfahrer, Personen mit Rollator und Familien mit Kinderwagen können den Pfad über eine Brücke mit zehn Prozent Steigung erreichen – für Besucher ohne Begleitperson wird ein Hilfsservice angeboten. Der Pfad selbst ist mindestens 1,80 Meter breit, bietet mehrere Sitzgelegenheiten und einen rutschsi-cheren Bodenbelag. Assistenzhunde dürfen ebenfalls mitgebracht werden. Allerdings gibt es keine Infotafeln in Blindenschrift für sehbehinderte Menschen oder Erklärungen in leichter Sprache. Alle Infos zu diesem Ausflugsziel finden Sie im Internet auf www.baumwipfelpfad-harz.de oder unter Telefon (0 53 22) 8 77 79 20.

Besucher flanieren mitten durch die Baumwipfel.
Barrierefrei in den Baumwipfeln. | © Baumwipfelpfad Harz

Einen weiteren natürlichen Höhepunkt hält der Nationalpark Jasmund mit seinen Kreidefelsen auf Rügen bereit. Damit auch Rollstuhlfahrer diese Sehenswürdigkeit erleben können, gibt es einen stufenfreien Zugang zur Küste: Vom Parkplatz Hagen führt ein etwa drei Kilometer langer, rollstuhlgeeigneter Weg durch den Wald zur Viktoriasicht. Die eiserne Plattform ragt über die Kreidefelsen hinaus und bietet Besuchern eine wunderbare Sicht in die Tiefe sowie auf den Königsstuhl. Für den steilen Anstieg (zehn Prozent Steigung) zur Plattform ist eine Begleitperson erforderlich. Bei frühzeitiger Anmeldung sind kostenlose Führungen für Rollstuhlgruppen bis 25 Personen mit einem Ranger möglich, Anmeldung unter Telefon (03 83 93) 3 50 11 22. Der Königsstuhl selbst ist allerdings nur über Stufen und damit nicht barrierefrei zu erreichen, da der Zugang über einem alten Hünengrab liegt.

Übernachten

Gerade wenn es um Unterkünfte auf Reisen geht, sind vorherige Kenntnisse über Barrierefreiheit besonders wichtig. Dafür bieten sich beispielsweise die Jugendherbergen in Leer, Aurich und Hannover an. Sie verfügen über rollstuhlgerechte und barrierefreie Zimmer. Da diese jedoch begrenzt sind, empfiehlt sich eine rechtzeitige Reservierung. Als Integrationsbetriebe beschäftigen die Jugendherbergen in Aurich und Leer zudem mehrere Mitarbeiter mit körperlicher und geistiger Behinderung. Der Umgang mit Barrierefreiheit gehört für sie daher zum Alltag. Informationen zu den einzelnen Jugendherbergen gibt es unter www.jugendherberge.de im Internet. Gerne sind auch die jeweiligen Tourist-Informationen vor Ort bei der Suche behilflich.

INFOS IM INTERNET

Im Internet gibt es hilfreiche Webseiten, auf denen barrierefreie Ausflugs­tipps und Unterkünfte je nach Region vorgestellt werden:

„Reisen für Alle“ ist ein Förderprojekt, das die bundesweite Einführung von barrierefreien Tourismusangeboten verfolgt. Ziel der Website www.reisen-fuer-alle.de ist es, dass Reisende mit Handicap, Senioren und Familien bei der Reisevorbereitung durch eine einheitliche Kennzeichnung verlässliche Informationen zur Lage vor Ort erhalten.

Travelable ist ein Projekt des gemeinnützigen Vereins Sozialhelden e.V. Auf www.travelable.info werden für verschiedene Regionen Tipps zur Barrierefreiheit in Städten gegeben, rollstuhlgerechte Touren vorgestellt und Adressen für Unterkünfte oder den Notfall genannt. Das Angebot wird stetig erweitert.

Die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) stellt das Reiseland Deutschland auf www.germany.travel/de vor. Dabei gibt es eine extra Rubrik zum barrierefreien Reisen mit interaktiver Karte.

Christina Diekmann

Schlagworte Barrierefreie Urlaubsziele | Reisen | barrierefrei | Urlaub

Rat und Tat | Was ist der Grad der Behinderung (GdB)?

Viele Menschen haben körperliche, geistige oder seelische Beeinträchtungen. Um zu bemessen, wie stark diese Beeinträchtigungen im Alltag sind, gibt es den Grad der Behinderung - kurz GdB. Wo kann man einen GdB beantragen? Was sind die Voraussetzungen? Was sind Nachteilsausgleiche? Kai Steinecke erklärt in unserem neuen VdK-TV-Format "Rat und Tat", was man dazu wissen muss.

Der VdK in den sozialen Medien

Der VdK Deutschland bei Instagram


Symbolbild: Eine Gruppe von Menschen mit und ohne Behinderung mit Protestplakaten.
Der VdK ist die größte Selbsthilfe-Organisation in Deutschland, er setzt sich seit 60 Jahren erfolgreich für die Interessen seiner Mitglieder ein.


Foto: Die Geschäftsstelle des VdK Hamburg
Wenn Sie in einem Bereich des Sozialrechts Rat, Hilfe oder Rechtsschutz benötigen, wenden Sie sich vertrauensvoll an die Landesgeschäftsstelle.


Download

Stehend in einer Reihe die Mitglieder des Landesvorstands
Landesverbandsvorstand Sozialverband VdK Hamburg
Symbolbild: Ein Treffen von VdK Mitlgiederinnen mit Kaffee und Kuchen
Unsere Ortsverbände organisieren interessante bunte Abende, kulturelle und informative Veranstaltungen.
Blick auf die Kaffeetafel
Hier informieren wir Sie über aktuelle Veranstaltungen und Versammlungen der Ortsverbände.
Blick auf einen Hamburger Seniorentag
Download der Satzung des Sozialverbandes VdK Hamburg
Symbolbild: VdK Telefonzentrale
Einen Termin vereinbaren. Sich über die Adresse und die Öffnungs- und Sprechzeiten informieren.

Datenschutzeinstellungen

Wir setzen auf unserer Website Cookies ein. Einige von ihnen sind notwendig, während andere uns helfen, unser Onlineangebot zu verbessern.

  • Notwendig
  • Externe Medien
Erweitert

Hier finden Sie eine Übersicht über alle verwendeten Cookies in externen Medien. Sie können Ihre Zustimmung für bestimmte Cookies auswählen.