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Wer fleißig ist, der wird belohnt. Leider erfüllt sich diese Hoffnung für immer weniger Menschen. Die Aufstiegschancen aus den unteren sozialen Schichten werden immer geringer, belegt eine aktuelle Studie der Hans-Böckler-Stiftung. Es ist höchste Zeit für mehr Umverteilung, fordert der Sozialverband VdK.
Im internationalen Vergleich hänge in fast keinem anderen Land der Grad an Wohlstand so stark von der Herkunft ab wie in Deutschland, lautet ein Ergebnis der Böckler-Untersuchung. Außerdem sei alarmierend, so die Autoren, dass die Durchlässigkeit der Schichten immer geringer wird. Kurz: Arm bleibt arm, Reich bleibt reich oder wird sogar noch reicher.
„Die Studie beweist, dass sich Armut in Deutschland immer mehr verfestigt. Die Ergebnisse sind ein weiterer Beleg dafür, dass die Politik in den letzten Jahren viel zu wenig für die Armutsbekämpfung getan hat“, erklärt Ulrike Mascher, Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland.
Die aktuelle Studie vergleicht den Zeitraum kurz nach der Wiedervereinigung, von 1991 bis 1995, mit den Jahren nach der Finanzkrise von 2009 bis 2013. Nach der Wende schafften es 59 Prozent aus den armen Schichten, in die untere Mittelschicht aufzusteigen. Später gelang dies nicht einmal jedem Zweiten. Parallel dazu schritt die Abschottung der Wohlhabenden und Reichen voran. Konnten von 1991 bis 1996 die Hälfte der sehr Reichen ihren Einkommensstatus wahren, verblieben trotz Finanzkrise in den Jahren von 2009 bis 2013 sogar 60 Prozent am oberen Rand.
Das mittlere Jahresnettoeinkommen lag in Deutschland 2013 bei 19.597 Euro. Die Forscher beobachten, dass sich die Struktur der Mittelschicht verändert. Mittlerweile ist ein Hochschulabschluss mit entsprechendem Job fast zwingend, um sich dort halten zu können.
Die Analysen zeigen außerdem, dass die Herkunft eine Schlüsselrolle für den sozialen Aufstieg spielt. „Es ist für ein hoch entwickeltes Land wie Deutschland beschämend, dass Bildung vom Geldbeutel der Eltern abhängt. So wird Armut regelrecht vererbt“, sagt Ulrike Mascher. Die Bildungsoffensiven in den 1970er-Jahren hätten eindrucksvoll gezeigt, dass eine gezielte Förderung von benachteiligten Kindern und Jugendlichen zu großen Fortschritten führt, die letztlich die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes sichert. Die jetzige Situation sei ein „großer Rückschritt“. Zudem warnt sie vor der damit einhergehenden Perspektivlosigkeit: „Wenn sich schon Kinder abgehängt fühlen, birgt das auf Dauer sozialen Sprengstoff.“
Die Verfestigung der Armut und der Langzeitarbeitslosigkeit zeigen auch die Zahlen zum Arbeitslosengeld-II-Bezug („Hartz IV“). Ende 2015 gab es 2,6 Millionen Menschen, die diese Sozialleistung über vier Jahre bezogen. Davon waren 1,44 Millionen schon mehr als acht Jahre auf diese Grundsicherungsleistung angewiesen.
„Zahlen wie diese verstärken das Gefühl, von der Politik im Stich gelassen zu werden“, erklärt Ulrike Mascher. Die unteren Einkommensgruppen müssten dringend „wieder ins Boot geholt werden“. Das betrifft Niedriglöhner, aber auch Rentnerinnen und Rentner. Letztere sind in den Abstiegsgruppen der Böckler-Studie deutlich überrepräsentiert.
Der Sozialverband VdK fordert mehr soziale Gerechtigkeit durch bessere Umverteilung. Dazu gehören eine deutliche Anhebung des Spitzensteuersatzes und die Wiedereinführung der Vermögensteuer. Doch schon jetzt könnten durch mehr Personaleinsatz höhere Steuereinnahmen erzielt werden. Die Deutsche Steuergewerkschaft hat errechnet, dass die Personalkosten eines Betriebsprüfers beim Finanzamt von jährlich etwa 75.000 Euro durch die Steuern von 1,5 Millionen Euro im Jahr, die er eintreibt, mehr als aufgewogen werden.
Dr. Bettina Schubarth
Schlagworte Armut | Armut Einkommensverteilung | Umverteilung | Reichtum
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