12. Februar 2021
URTEILE IM SOZIALRECHT

Krankenkasse muss Fahrtkosten nach Fingerverletzung nicht erstatten

SG Neuruppin sieht keine Mobilitätseinschränkung bei Vierjährigen

Bringt eine Mutter ihren vierjährigen Sohn wegen einer Fingerverletzung mit ihrem Auto zur ambulanten kinderchirurgischen Behandlung, kann sie sich später nicht die Fahrtkosten von der Krankenkasse erstatten lassen.

Das Foto zeigt einen kleinen Jungen, der seine farbverschmierten Hände hochhält.
© unsplash.com

Die Krankenkasse muss die Fahrten zur ambulanten Behandlung nur in besonderen Ausnahmefällen als Sachleistung übernehmen, etwa bei einer Dialysebehandlung oder einer onkologischen Strahlentherapie, entschied das Sozialgericht Neuruppin in einem kürzlich veröffentlichten Gerichtsbescheid vom 26. Oktober 2020 (Aktenzeichen: S 20 KR 263/19).

Im Streitfall hatte sich der vierjährige Sohn der Klägerin im September 2019 am Finger verletzt. Die Mutter fuhr mit ihm zur ambulanten Behandlung zu einem Kinderchirurgen. Die Fahrtkosten wollte sich die Frau von ihrer Krankenkasse erstatten lassen. Ihr Sohn sei angesichts seines Alters ebenso in seiner Mobilität eingeschränkt, wie gehbehinderte Menschen mit einem entsprechenden Merkzeichen, bei denen die Krankenkasse die Krankenfahrten übernimmt.

Doch die Klage auf Kostenübernahme hatte vor dem Sozialgericht aus mehreren Gründen keinen Erfolg. Das Gericht ließ offen, ob statt der Mutter nicht der familienversicherte Sohn die Klage hätte erheben müssen. Ein Anspruch auf Kostenübernahme bestehe so oder so nicht.

Zum einen müssten Krankenkassen Fahrtkosten grundsätzlich nur als Natural- bzw. Sachleistung erbringen. Versicherte erhalten damit keine Geldleistung. Hier habe die Mutter aber die Fahrt bereits selbst durchgeführt und könne nachträglich damit keine Kostenerstattung verlangen.

Damit die Krankenkasse eine Krankenfahrt als Leistung übernimmt, müsse diese aus „zwingenden medizinischen Gründen“ notwendig sein. Dazu könnten etwa Fahrten zu einer stationären Behandlung gehören. In besonderen Ausnahmefällen könnten Krankenkassen auch Krankenfahrten zu einer ambulanten Behandlung übernehmen. Dies sei etwa bei regelmäßigen Fahrten zu einer Dialysebehandlung oder zu einer onkologischen Strahlentherapie der Fall. Hier habe es sich aber weder um eine stationäre Behandlung gehandelt, noch um eine ambulante Therapie mit einer hohen Behandlungsfrequenz.

Zwar könne die Krankenkasse Krankenfahrten auch für gehbehinderte Menschen mit entsprechendem Merkzeichen übernehmen. Der vierjährige Sohn sei mit dieser Gruppe aber nicht vergleichbar. Die Krankentransport-Richtlinien würden vorschreiben, dass der Körper- und Gesundheitszustand des Versicherten von dem für sein Lebensalter typischen Zustand abweichen muss. Der Vierjährige habe aber entsprechend seines Alters keine Mobilitätseinschränkung aufgewiesen.


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Damit die gesetzliche Krankenversicherung die Kosten für eine Krankenfahrt übernimmt, müssen besondere Gründe vorliegen. Es entscheidet der Arzt, der dann die Fahrt verordnet. Besondere Regeln gelten für Menschen mit Behinderungen und mit einem Pflegegrad – oder wenn es schlicht um Leben und Tod geht.

juragentur

Schlagworte Fahrtkosten | Krankenkassen | Krankenfahrten | Urteil | Fingerverletzung | Kind

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