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Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass Menschen, die unter Betreuung stehen, nicht einen Berufsbetreuer für sich wählen dürfen – wenn zugleich auch ein geeigneter ehrenamtlicher Betreuer zur Verfügung steht.
Betreute müssen grundsätzlich ehrenamtlichen Betreuern den Vorrang vor Berufsbetreuern einräumen. Das gilt auch gegen den Willen des Betreuten. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am 21. September 2018 veröffentlichten Beschluss deutlich gemacht (Az.: XII ZB 642/17).
Konkret ging es um einen an einer Persönlichkeitsstörung leidenden Mann aus dem Kreis Herford. Für ihn bestellt das Amtsgericht im Februar 2013 einen Berufsbetreuer, der sich um seine rechtlichen Angelegenheiten kümmerte. Als die Betreuung verlängert werden sollte, entschied das Amtsgericht, dass der Mann eine Betreuung nur noch für den Bereich Behörden- und Sozialversicherungsangelegenheiten brauche. Die Betreuung sollte nun ein ehrenamtlicher Betreuer übernehmen.
Der psychisch Kranke wollte jedoch weiter von dem Berufsbetreuer betreut werden. Er habe zu ihm ein Vertrauensverhältnis entwickelt. Wegen seiner Persönlichkeitsstörung habe er Schwierigkeiten, zu neuen Personen eine soziale Beziehung aufzubauen. Daher entfalle der ehrenamtliche Betreuer.
In seinem Beschluss vom 11. Juli 2018 stellte der BGH jedoch klar, dass eine ehrenamtliche Betreuung grundsätzlich Vorrang vor einer Berufsbetreuung habe. Dies würden die gesetzlichen Bestimmungen vorsehen. Die betreute Person könne zwar wegen ihres Selbstbestimmungsrechts grundsätzlich zwischen mehreren geeigneten Betreuern wählen. Davon ausgenommen sei aber die Wahl zwischen einem Berufsbetreuer und einem ebenfalls geeigneten ehrenamtlichen Betreuer, so der BGH.
Mit der vorrangig zu behandelnden ehrenamtlichen Betreuung habe der Gesetzgeber das legitime Ziel verfolgt, dass Berufsbetreuer mit ihrer besonderen Qualifikation diejenigen Betroffenen vorbehalten sein sollen, die deren Fähigkeiten und Kenntnisse besonders benötigten. Die Bestellung überqualifizierter Betreuer solle nach Möglichkeit vermieden werden. Außerdem müsse man berücksichtigen, dass ein Berufsbetreuer – anders als ehrenamtliche Betreuer – bei mittellosen Personen der Staatskasse besonders zur Last falle.
Eine Berufsbetreuung komme dann in Betracht, wenn die betreute Person den ehrenamtlichen Betreuer gänzlich ablehnt und eine Betreuung ansonsten nicht möglich ist.
Inwieweit eine besonders enge persönliche Beziehung zu dem Berufsbetreuer ein Grund sein kann, eine ehrenamtliche Betreuung abzulehnen, ließ der BGH offen. Dies hänge letztlich vom Einzelfall ab. In diesem konkreten Fall bestehe eine solche enge Beziehung nicht.
Offen ließ der BGH auch die Frage, ob eine betreute Person, die ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung hat, den Berufsbetreuer frei wählen kann, da dann die Staatskasse nicht belastet wird. Im konkreten Fall war der Betreute mittellos. Doch selbst wenn die betreute Person vermögend wäre, gebe es schon aus Gleichbehandlungsgründen Zweifel, die Wahl eines Berufsbetreuers durch den Betreuten zu berücksichtigen.
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©Juragentur
Schlagworte Betreuung | Berufsbetreuer | Bundesgerichtshof | Selbstbestimmung
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