20. Oktober 2017
Eingliederung

Kein Eingliederungsmanagement bei Versetzung von Nacht- in Wechselschicht

Arbeitgeber können Arbeitnehmer, die wiederholt länger erkrankt sind, von der Nacht- in die Wechselschicht versetzen. Zuvor muss kein betriebliches Eingliederungsmanagement stattgefunden haben, selbst wenn der Arbeitgeber seine Weisung teils mit dem Gesundheitszustand des Arbeitnehmers begründet hat.

Ein Arbeitnehmer eines Industriebetriebes hält ein Blech fest.
Welche Regeln gelten beim betrieblichen Eingliederungsmanagement? | © Pixabay

Wenn ein Arbeitgeber einen seiner Beschäftigten von der Nachtschicht in die Wechselschicht versetzt, muss dieser zuvor kein betriebliches Management (bEM) durchlaufen haben. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber die Versetzung mit der Gesundheit des Arbeitnehmers begründet. Der Arbeitgeber sei lediglich verpflichtet, bei der Versetzung nach „billigem Ermessen“ zu entscheiden und alle Umstände des Einzelfalls miteinander abzuwägen, so das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem Urteil vom 18. Oktober 2017 (Az.: 10 AZR 47/17).

Geklagt hatte ein angestellter Maschinenbediener, der seit 2005 fast durchgängig nur in Nachtschicht arbeitete. Doch als der Mann 2013 und 2014 jeweils an 35 Arbeitstagen arbeitsunfähig erkrankt war und er vom 2. Dezember 2014 bis 26. Februar wegen einer suchtbedingten Therapiemaßnahme nicht zur Arbeit kommen konnte, schritt der Arbeitgeber ein.

Nach einem Krankenrückkehrgespräch wies der Arbeitgeber den Beschäftigten an, künftig nicht mehr in der Nacht-, sondern nur noch in der Wechselschicht zu arbeiten. Die Versetzung in die Wechselschicht begründete der Arbeitgeber damit, dass diese weniger gesundheitlich belastend sei und Fehlzeiten dort leichter ersetzt werden können als in der Nachtschicht.

Wann muss man ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchführen?

Der Maschinenbediener hielt die Versetzung für unwirksam. Bevor der Arbeitgeber eine Wechselschicht anordnet, hätte er ein betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) durchführen müssen. Nach dem Gesetz sei dieses vorgeschrieben, wenn ein Beschäftigter innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig ist.

Mit dem bEM muss der Arbeitgeber Maßnahmen prüfen, wie der Arbeitnehmer in die Arbeit wieder eingegliedert werden kann. Möglich sind beispielsweise eine leidensgerechte Umgestaltung des Arbeitsplatzes, veränderte Aufgabenbereiche des Arbeitnehmers oder ein stufenweiser Wiedereinstieg zunächst in Teilzeit.

Doch für eine Versetzung muss der Arbeitgeber kein bEM durchführen, urteilte das BAG, auch wenn die Weisung teilweise auf gesundheitliche Gründe gestützt wird. Entscheidend sei vielmehr, ob der Arbeitgeber nach „billigem Ermessen“ entschieden und alle Umstände des Falles miteinander abgewogen hat. Im konkreten Fall muss dies nun das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg prüfen.

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Schlagworte Betrieb | Wiedereingliederung | Krankheit | Arbeitgeber | Arbeitnehmer

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