25. August 2022
SOZIALRECHT

Kommentar: Von Staub befreien

Auf dem Sozialversicherungssystem liegt der Staub des späten 19. Jahrhunderts, in dem unser Sozialstaat unter Bismarck seinen Anfang nahm. Zeit also, mal gründlich durchzufegen.

Symbolfoto: Eine Frau entstaubt ein Modell des Reichtags mit einem Staubwedel.
© IMAGO / photothek

Dieser Meinung ist nicht nur der VdK. Schützenhilfe kommt vom Präsidenten des Bundessozialgerichts, Rainer Schlegel. Er forderte beim 1. Bayerischen Sozialrechtstag in München, dass Beamtinnen und Beamte, Selbstständige, aber auch Berufsgruppen wie Ärztinnen und Ärzte in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Ein System, das vor allem gut verdienenden Menschen attraktive Versorgungsmöglichkeiten außerhalb der gesetzlichen Rente ermöglicht, sei „nicht mehr zeitgemäß“.

Als oberster Richter am Bundessozialgericht sieht Schlegel täglich die Auswirkungen des Sozial­rechts. Er sieht die Lücken, die das System für viele Menschen nicht schließt. Auch wir im VdK kennen viele Rentnerinnen und Rentner, die nicht wissen, wie sie beispielsweise die derzeit hohen Energiekosten tragen sollen.
Ich freue mich, dass die VdK-Idee einer „Rente für alle“ in höchsten Juristenkreisen diskutiert wird. Bis­marcks Welt, in der Selbstständige oft vermögend, Hand­werker streng ständisch und Beamte eine kleine Gruppe waren, ist Geschichte. Doch unser Rentensystem ist dort stehen geblieben.

Wir brauchen heute eine sichere gesetzliche Rente für alle Erwerbstätigen. Denn wenn trotz jahrzehntelanger Arbeit später ein Leben in Armut oder knapp darüber droht, höhlt das die Glaubwürdigkeit des Sozialstaats insgesamt aus.

Dagegen ist die Rente mit 70, wie sie der Präsident des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, Stefan Wolf, aus der Mottenkiste ge­kramt hat, lebensfremd. Viele schaffen es nicht einmal, bis 65 zu arbeiten. Kürzungen treffen aber gerade Menschen mit niedrigen Rentenansprüchen sehr hart. Damit nicht genug: Diese Menschen sterben etwa fünf Jahre früher als solche mit hohen Ruhestandseinkommen.

Die Zeit ist reif für eine „Rente für alle“. Das Solidarsystem an sich hat sich in den aktuellen Krisen sehr gut bewährt. Es muss dauerhaft gestärkt werden.

Verena Bentele, VdK-Präsidentin


Weitere Kommentare von Verena Bentele:

SOZIALE GERECHTIGKEIT
Das Bild zeigt Verena Bentele
Alle freuen sich über den Frühling. Aber aus unterschiedlichen Gründen. Manche atmen nämlich jetzt vor allem deshalb auf, weil die Heizperiode langsam zu Ende geht. | weiter
26.04.2022
Themen
Das Bild zeigt Verena Bentele
Kommentar von VdK-Präsidentin Verena Bentele: Bei den 61- bis 62-jährigen Arbeitslosen finden nur elf Prozent der Männer und 16 Prozent der Frauen wieder einen Job. (...) Daran sollte ein Wirtschaftsminister arbeiten. | weiter
23.03.2022

  • Sozialrecht
    Ob Rente, Gesundheit und Pflege, Teilhabe und Behinderung, Leben im Alter oder soziale Sicherung: Der Sozialverband VdK ist für seine Mitglieder ein kompetenter Ratgeber und Helfer in allen sozialrechtlichen Belangen. | weiter
  • Rente
    Der VdK will die Rente zukunftssicher machen und Altersarmut verhindern. Lesen Sie hier alles rund um die Themen Rente, Alterssicherung und unsere rentenpolitischen Forderungen. | weiter
  • Soziale Gerechtigkeit
    Rund 15,3 Millionen Menschen sind in Deutschland von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht - das ist fast jeder Fünfte! Der Sozialverband VdK kämpft für soziale Gerechtigkeit und setzt sich gegen die fortschreitende soziale Spaltung ein. | weiter
  • Behinderung
    Der VdK setzt sich für gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung in allen Lebensbereichen ein. Lesen Sie mehr zu Inklusion, Behindertenpolitik und Barrierefreiheit. | weiter
  • Pflege
    Wir finden: Die Situation Pflegebedürftiger und Pflegender muss sich dringend verbessern. Lesen Sie hier mehr zum Thema Pflegepolitik, pflegende Angehörige, häusliche Pflege und Pflegeleistungen. | weiter
  • Gesundheit
    Wir brauchen ein Gesundheitssystem, das an den Bedarfen der Menschen ausgerichtet ist. Lesen Sie mehr zu Gesundheitspolitik, Prävention, Gesundheitsleistungen, Hilfsmitteln und Versorgung. | weiter
  • Frauen
    Frauen erhalten 49 Prozent weniger Einkommen und 53 Prozent weniger Rente als Männer. Der VdK setzt sich für mehr Gerechtigkeit für Frauen ein, kämpft für Gleichberechtigung und Gleichstellung. | weiter
  • Familie
    Wir brauchen Verlässlichkeit für Familien. Der VdK setzt sich unter anderem für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein, für familiengerechte Arbeitszeiten, den Ausbau der Kinderbetreuung und für ein Rückkehrrecht in Vollzeit. | weiter
  • Corona
    Aktuelle Maßnahmen, barrierefreie Texte und Videos sowie unsere Pressemitteilungen zum Thema. | weiter
  • Kampagnen
    Mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen und Kampagnen transportiert der VdK seine Forderungen an die Politik und zeigt immer wieder soziale Missstände auf. | weiter

Anschreiben, Widersprüche und Klageverfahren vor Gericht? Jetzt Beratung vereinbaren!

Der VdK
Eine Frau gibt einer anderen Frau zur Begrüßung die Hand. Sie stehen am Eingang eines Gebäudes mit der Aufschrift "VdK Service Point"
Finden Sie mit der Beratungsstellen-Suche die nächste Rechtsberatungsstelle des Sozialverbands VdK - auch in Ihrer Nähe!
Der VdK
Symbolfoto: Zwei Frauen und ein Mann ziehen gemeinsam an einem Seil, an dessen Ende auch jemand zieht.
Wir machen uns stark für soziale Gerechtigkeit. Wir vertreten Ihre sozialpolitischen Interessen und kämpfen für Ihre Rechte. Unsere Stärke: Unabhängigkeit und Neutralität.

Presse
Abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter mit Informationen zu Sozialpolitik und Sozialrecht sowie aktuellen Infos rund um den Sozialverband VdK.

Datenschutzeinstellungen

Wir setzen auf unserer Website Cookies ein. Einige von ihnen sind notwendig, während andere uns helfen, unser Onlineangebot zu verbessern.

  • Notwendig
  • Externe Medien
Erweitert

Hier finden Sie eine Übersicht über alle verwendeten Cookies in externen Medien. Sie können Ihre Zustimmung für bestimmte Cookies auswählen.