2. März 2020
SOZIALE GERECHTIGKEIT

Überfördert? Wohl kaum.

Kommentar von VdK-Präsidentin Verena Bentele

Das Bild zeigt Geldscheine
© Unsplash

Geld allein macht nicht unglücklich, möchte ich in Abwandlung eines Sprichworts einmal deutlich sagen. Warum ich etwas scharfzüngig bin? Weil es mich ordentlich ärgert, dass Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble vor der Mittelstands- und Wirtschaftsunion Hamburg davon spricht, dass „zu üppige Sozialleistungen die Menschen unglücklich machen“. Mit einer staatlichen „Überförderung“ zerstöre man deren Motivation. Jedenfalls wird er so zitiert.

Übersetzt heißt das wohl: Menschen mit Unterstützungsbedarf müssen knapp gehalten werden, damit sie sich selbst aus ihrer Situation befreien wollen.

Ich war bei dieser Veranstaltung nicht dabei. Wenn ich solche Aussagen persönlich höre, dann frage ich Politiker gern, wo sie „überförderte“ Menschen finden. Die alleinerziehende Mutter, die in einer engen Wohnung von Hartz IV lebt, ist hoffentlich nicht gemeint. Und schon gar nicht deren Kinder, die beim nächsten Schulausflug „krank“ sind, weil die Busfahrt zu teuer ist. Auch nicht der Rentner, der trotz Grundsicherung morgens in der Schlange an der Tafel steht. Und vermutlich waren Menschen, die so etwas sagen, noch nie bei der 52-jährigen Verkäuferin zu Besuch, die wegen einer schweren Erkrankung Krankengeld bezieht und wohl nie mehr in ihrem Job arbeiten kann.

Dass diese Menschen trotz des Bezugs von Sozialleistungen eher unglücklich sind, liegt an ihren unwürdigen Lebensumständen. Und ja, ihr Unglück kommt auch von ihren mageren Finanzen. Denn mit Sozialleistungen auf dem Konto ist man von einem „überförderten“ Leben in Saus und Braus so weit entfernt wie die Erde vom Mars.

15,5 Prozent der Bevölkerung ist armutsgefährdet, hat also weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens. Wer die Menschen vor Sozialleistungsbezug schützen will, muss als Staat handeln: mit der Anhebung des Mindestlohns, mit bezahlbarem Wohnraum, mit Investitionen in Integration und Bildung. Also mit ­ordentlicher Förderung.

Bitte lassen Sie uns die „Überförderung“ ganz schnell wieder aus dem politischen Wortschatz streichen und diese Themen endlich anpacken.

Verena Bentele

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