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Nachlasspfleger werden vom Gericht bestellt, machen Erben ausfindig und verwalten den Nachlass
Jährlich sterben rund 850 000 Menschen in Deutschland, die etwas hinterlassen: Angehörige, Vermögen, Schulden. Immer öfter passiert es, dass sich niemand um die Dinge kümmert, die nach dem Ableben eines Menschen geregelt werden müssen. In solchen Fällen – schätzungsweise 20 000 bis 40 000 im Jahr – werden Nachlasspfleger eingesetzt.
Unterlagen suchen, Informationen sichten und eine Wohnung bis in die hinterste Ecke durchforsten: Für Dr. Falk Schulz ist jede neue Nachlasspflegschaft ein neuer Fall. Er ermittelt für den Verstorbenen. Eine seiner wichtigsten Aufgaben besteht darin, im Auftrag des Nachlassgerichts die gesetzlichen Erben zu ermitteln. „Zuerst suchen wir nach einem Testament“, erklärt Schulz, Vorstand des Bundes Deutscher Nachlasspfleger e. V. (BDN). Das Dokument liege nicht immer bei den Ordnern und Unterlagen, sondern könne überall in der Wohnung deponiert sein: hinter den Vorratsdosen, zwischen Büchern oder in der Reisetasche, die noch vom letzten Krankenhausaufenthalt in der Ecke steht.
Der Nachlasspfleger ist fast nie der Erste in der Wohnung. Stirbt ein allein lebender Mensch daheim, wird der Tote meist vom Pflegedienst oder von Nachbarn bemerkt. Die verständigen erst Polizei und Notarzt, dann kommt der Bestatter. Das zuständige Gericht sichtet die Wohnung und versiegelt sie, die Schlüssel gehen zum Nachlassgericht. Von dort bekommt Dr. Schulz seinen Auftrag und kann mit der Arbeit beginnen.
Wird kein Testament gefunden, sucht Schulz nach Informationen, die Rückschlüsse auf mögliche Erben zulassen. Er sichtet Kontoauszüge, blättert in Fotoalben und spricht mit Nachbarn. „Jeder Hinweis, mag er auch noch so nebensächlich erscheinen, kann letztlich die heiße Spur sein“, beschreibt der Nachlasspfleger seine Arbeit. Es sei wie bei einem Puzzle oder Mosaik. Man müsse Teile vergleichen, zusammenfügen, wieder verwerfen. All das so lange, bis sich ein Bild ergibt, der Fall gelöst ist und die Erben ermittelt worden sind.
Schwierig wird es, wenn er weltweit nach den Erben suchen muss. Das ist oft genug der Fall, wenn sich die Familie verzweigt hat und Geschwister und Nachkommen in andere Länder ausgewandert sind. In der Regel vergehen bis zu neun Monate, ehe der Nachlass einigermaßen geordnet ist. Bei rund 80 Prozent der Fälle handelt es sich um sogenannte Abwicklungspflegschaften. Dann geht es in der Regel um ein geringes Vermögen oder sogar um Schulden.
Dr. Falk Schulz und seine Kollegen bekommen bei ihrer Arbeit viele Einblicke in das persönliche Leben von Menschen. „An dem Zustand einer Wohnung ist abzulesen, wie der Verstorbene zuletzt gelebt hat“, erzählt Schulz. Oft erzählen diese Spuren von Einsamkeit, Krankheit und Traurigkeit. Die Zahl der Single-Haushalte in Deutschland nimmt seit Jahren zu. Menschen leben allein und sterben oft auch allein. Manchmal sind sie nicht mehr dazu gekommen, ihre Angelegenheiten zu regeln, oder haben es immer wieder aufgeschoben. Manchmal ist auch niemand mehr da, der sich für sie interessiert oder sich um sie gekümmert hat.
„Erben gibt es in der Regel immer“, so Schulz. Wenn es um einen verschuldeten Nachlass geht, schlagen die Hinterbliebenen, die nach der gesetzlichen Erbfolge ermittelt werden, in der Regel das Erbe aus. Dafür haben sie sechs Wochen Zeit. Die Frist beginnt nicht mit dem Tod des Angehörigen, sondern mit dem Zeitpunkt, zu dem das Gericht die Erben informiert. Hinterbliebene können verhindern, dass sie geerbte Schulden mit ihrem eigenen Vermögen tilgen müssen. Dazu können Erben zum Beispiel eine Nachlassverwaltung bei Gericht beantragen. Dann übernimmt ein vom Gericht eingesetzter Nachlassverwalter die Abwicklung der Erbangelegenheiten. Dieser ordnet das Erbe und begleicht die Schulden aus dem vorhandenen Erbe. Nachlassverwalter haben deshalb andere Aufgaben als Nachlasspfleger, was oft verwechselt wird.
Nicht jeden Fall können Nachlasspfleger, wie Schulz, lösen. Führen alle Spuren ins Leere, wird die Erbschaft öffentlich bekannt gemacht und an der Gerichtstafel und im Bundesanzeiger veröffentlicht. Wenn es sehr lange dauert, bis die Erben ermittelt worden sind, sorgt der Nachlasspfleger dafür, dass die Wohnung geräumt wird. Er regelt mit dem Vermieter, welche Gegenstände eingelagert werden müssen. Der Vermieter darf die Wohnung jedoch nicht selbst räumen.
Manchmal, so berichtet Schulz, lernen sich Familienangehörige auch erst nach dem Ableben eines Menschen kennen. Das passiere beispielsweise, wenn Halbgeschwister als Erben ermittelt werden. „Die führen wir sozusagen von Amts wegen zusammen“, so der Nachlasspfleger.
Ines Klut
Schlagworte Erbschaft | nachlass | Nachlassverwalter
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