6. Juni 2016
BEHINDERUNG

Zum Sehbehindertentag am 6. Juni: Barrierefreiheit im Web

Der bundesweite Sehbehindertentag fand in diesem Jahr zum Thema "Kontraste" statt. Ausreichende Kontraste sind für die Orientierung sehbehinderter Menschen von zentraler Bedeutung, und zwar nicht nur bei Gebäuden und im öffentlichen Raum. Auch bei der Gestaltung von Internetseiten spielen sie eine wichtige Rolle. Wir werfen anlässlich des Sehbehindertentages einen Blick auf das Thema Barrierefreiheit im Internet.

Motiv der Kampagne "Weg mit den Barrieren!". Bildbeschreibung: Auf der linken Seite ein alter Computer und der Text "1993 - Das Internet läutet eine neue Zeit ein." Auf der rechten Seite der Text: "2018 - Sehbehinderte Menschen klicken meistens ins Nichts. Wir sollten weiter sein. Weg mit den Barrieren! Unterstützen Sie uns. www.weg-mit-den-barrieren.de"
© VdK

Das Thema „Barrierefreiheit“ bringen viele Menschen zuerst mit konkreten physischen Barrieren im Alltag in Verbindung. Sie denken an Stufen, Treppen und Schwellen, an unzugängliche Verkehrsmittel, zu enge Eingänge oder andere Hürden, die Menschen mit und ohne Behinderung den Zugang erschweren oder sogar ganz unmöglich machen. Doch auch virtuelle Barrieren, also Barrieren auf Internetseiten, sind nach wie vor ein weit verbreitetes Problem.

Sehbehindertentag 2016

Laut Zahlen der Weltgesundheitsorganisation WHO gibt es mehr als eine Million sehbehinderte Menschen in Deutschland. Um auf die Bedürfnisse dieser Menschen aufmerksam zu machen, hat der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) im Jahr 1998 einen eigenen Aktionstag eingeführt: den Sehbehindertentag. Er findet jährlich am 6. Juni zu einem bestimmten Thema statt, dieses Jahr geht es um Kontraste. Mehr Informationen unter: www.sehbehindertentag.de

Noch immer sind viele Websites für Menschen mit Sinnesbehinderungen oder mit körperlichen Beeinträchtigungen nur eingeschränkt, mit viel Aufwand oder im schlimmsten Fall gar nicht nutzbar.

In Deutschland gibt die BITV 2.0, die „Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung 2.0“ vor, wie Internetseiten nach dem Behindertengleichstellungsgesetz gestaltet sein müssen, damit sie für jeden Menschen uneingeschränkt nutzbar sind. Die Verordnung legt zum Beispiel fest, dass Videos untertitelt sein müssen, dass alle Nicht-Textinhalte wie Bilder, Buttons und Grafiken eine alternative Beschriftung haben und dass es auf der Website keine flackernden oder blitzenden Elemente gibt (gefährlich für Epileptiker). Auch das richtige Kontrastverhältnis zwischen Vordergrund- und Hintergrundfarbe bei der visuellen Präsentation von Text und Schriftgrafiken ist in der BITV 2.0 festgeschrieben.

Verpflichtend ist die BITV 2.0 allerdings bislang nur für Behörden der Bundesverwaltung - für private Anbieter ist die Umsetzung freiwillig. Mit seiner aktuellen Kampagne „Weg mit den Barrieren!“ setzt der Sozialverband VdK sich für ein barrierefreies Deutschland ein und fordert, dass neben Barrieren im Verkehr, im Wohnungsbau und im Rundfunk auch solche auf Webseiten beseitigt werden müssen, und zwar auch von privaten Dienstleistern. Davon würden nicht nur die betroffenen Internetnutzer profitieren, sondern auch die Anbieter. VdK-Präsidentin Ulrike Mascher erklärt dazu: „Potenzielle Kunden wie beispielsweise sehbehinderte und blinde Menschen können am e-Commerce häufig nicht teilnehmen. Ein Umdenken der Privatwirtschaft erschlösse ihr neue Kunden und würde den Alltag der Betroffenen erheblich erleichtern!“

Die Liste der Hindernisse, auf die Menschen mit Behinderung im Internet stoßen, ist lang. Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) hat eine Vielzahl Websites untersucht und einige besonders ärgerliche Barrieren ausgemacht. Ein großes Problem sind nicht tastaturzugängliche Bedienelemente. Betroffen sind davon alle Nutzer, die nicht mit der Maus, sondern mit der Tastatur im Web surfen, also zum Beispiel Menschen mit motorischen Einschränkungen sowie blinde und sehbehinderte Menschen.

Ein Beispiel: Will jemand etwa eine Reise buchen und möchte das Reisedatum eingeben, so öffnet sich auf vielen Websites ein kleiner Kalender – dieser kann dann aber nur mit der Maus bedient werden, eine alternative Eingabemöglichkeit per Tastatur fehlt. Auch nicht zugänglich beschriftete Formularelemente sind eine nervige Hürde für blinde und sehbehinderte Menschen. Wer sich ein Formular von einem Screenreader vorlesen lässt, ärgert sich über fehlende nicht visuell sichtbare Beschriftungen der Eingabefelder und Bedienelemente.

Was sind CAPTCHAS?

Ein Captcha prüft, ob es sich bei einem Nutzer um einen Menschen oder eine Maschine (einen Roboter, kurz Bot) handelt. So wird etwa vor Absenden eines Formulars eine einfache Rechenaufgabe gestellt oder der User muss eine Zahlenfolge eintippen. Mit dieser Prüfung soll verhindert werden, dass Formulare missbräuchlich von Bots ausgefüllt werden, zum Beispiel um massenhaft Spam zu verschicken.

Weitere Barrieren, die sich eigentlich sehr leicht ausräumen ließen und die den Surfern das Leben unnötig schwer machen: Schwache und damit schlecht erkennbare Kontraste bei Bedienelementen und Texten, ausschließlich visuelle CAPTCHAS ohne Alternativen, die für blinde und sehbehinderte Menschen zugänglich sind, kryptische Icons ohne Alternativtext (eine unsichtbare Beschriftung für blinde und sehbehinderte Menschen), Inhalte, die für Nutzer mit Lernbehinderung nur schwer verständlich sind - die Liste lässt sich weiter fortsetzen.

Mittlerweile haben einige Anbieter zum Glück umgedacht und ihre Websites barrierefrei gestaltet. Sie gehen mit gutem Beispiel voran, bieten ihre Inhalte zusätzlich in leichter Sprache an und stellen Videos in Gebärdensprache bereit. Dabei profitieren sie auch von den Vorteilen, die eine barrierefreie Website quasi nebenbei mit sich bringt: eine bessere Suchmaschinenpositionierung, schnellere Ladezeiten, eine klarere und durchdachtere Struktur und leichtere Bedienbarkeit, die für alle Nutzer angenehmer ist.

Auch bei Anbietern, wo man es weniger vermuten würde, ist Barrierefreiheit ein großes Thema, etwa bei Facebook – hier sorgt ein eigenes Accessibility Team dafür, dass das soziale Netzwerk immer barrierefreier wird. Bei Twitter können seit kurzem barrierefreie Bildbeschreibungen hinterlegt werden. Während Tweets zurzeit noch auf 140 Zeichen beschränkt sind, räumt Twitter für die Bildbeschreibung 420 Zeichen ein. Twitter-Nutzer können die Funktion über ihre Einstellungen, Menüpunkt "Barrierefreiheit", aktivieren.

Weiterführende Informationen:

Bundesweiter Sehbehindertentag am 6. Juni zum Thema "Kontraste":
www.dbsv.org/dbsv/aufgaben-und-themen/sehbehindertentag/

Kontraste von Grafiken:
www.bitvtest.de/infothek/artikel/lesen/wcag2-kontraste-grafiken.html

Einführung in das Thema Barrierefreiheit im Web:
www.einfach-fuer-alle.de/artikel/einfuehrung-barrierefreiheit

Informationen von Facebook über Barrierefreiheit:
www.facebook.com/help/141636465971794/

Twitters neue Tweet-Funktion - Bildbeschreibung:
www.webpixelkonsum.de/2016/04/01/twitters-neue-tweet-funktion-die-bildbeschreibung/


VdK-TV: Mit Behinderung im Web (UT)

Für blinde Menschen und Menschen mit geistiger Behinderung bietet das Internet nach wie vor Hindernisse. Barrierefreie Seiten und Texte in einfacher Sprache sind noch nicht allzu weit verbreitet.

cl

Schlagworte Barrierefreiheit | Internet | barrierefrei | BITV | Sehbehindertentag | Kontraste

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