27. März 2017
Themen

Gesundheit muss für alle bezahlbar sein

Sozialverband VdK fordert die Rückkehr zur Solidarität – Kosten müssen endlich wieder auf alle Schultern verteilt werden

In der gesetzlichen Krankenversicherung sind die Lasten schon lange ungleich verteilt. Die solidarische Finanzierung – seit dem 19. Jahrhundert eine tragende Säule – wird zunehmend ausgehebelt. Damit muss Schluss sein, fordert der Sozialverband VdK Deutschland vor der Bundestagswahl von den Politikern aller Parteien. 

Symbolfoto: Ein Stethoskop liegt auf einem Haufen Euro-Scheine und -münzen
© imago/blickwinkel

Vor allem Arbeitnehmer mit kleinem Einkommen sowie Rentnerinnen und Rentner sind von den steigenden Gesundheitsausgaben betroffen. Fast 1000 Euro gibt ein Rentnerhaushalt im Jahr für Zuzahlungen und selbst finanzierte Arzneimittel aus. Bei vielen ist das mehr als ein Monatseinkommen. Hinzu kommen die höheren Zusatzbeiträge für die Krankenkasse.


Beiträge

Derzeit liegt der allgemeine Beitragssatz der gesetzlichen Krankenversicherung bei 14,6 Prozent. Arbeitgeber und Arbeitnehmer zahlen je die Hälfte. Die Einnahmen reichen jedoch nicht aus, um die Ausgaben zu decken. Gründe dafür sind steigende Ausgaben für Arzneimittel, Ärzte und Krankenhäuser. Diese Mehrausgaben schultern die Versicherten durch Zusatzbeiträge alleine. Die Arbeitgeber bleiben weiterhin verschont. Ihr Beitrag ist bei 7,3 Prozent eingefroren.

Der Zusatzbeitrag liegt durchschnittlich bei 1,1 Prozent des Brutto-Monatseinkommens. Die Krankenkassen haben bereits Anhebungen angekündigt, sodass künftig bis zu 1,8 Prozent von Arbeitnehmern und Rentnern zusätzlich aufgebracht werden müssen, während der Arbeitgeberbeitrag weiterhin unangetastet bleibt. Eine Studie der Universität Duisburg-Essen warnt sogar, dass bis 2020 der durchschnittliche Zusatzbeitrag auf 2,4 Prozent steigt.

Der VdK fordert:
Oberster Grundsatz: Die Gesundheitsversorgung muss solidarisch finanziert werden. Dafür ist unverzichtbar, dass die Arbeitgeber wieder den halben Anteil übernehmen müssen. Zudem müssen alle Menschen in die gesetzliche Krankenversicherung einbezogen werden. Vorsicht ist davor geboten, den derzeit noch gut gefüllten Gesundheitsfonds langsam zu leeren. Die Regierung darf den Beitragszahlern in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht alleine die Last aufbürden, die eigentlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe aller Steuerzahler ist. Statt jetzt auf den Gesundheitsfonds zurückzugreifen, sollte vielmehr die Schieflage in der gesetzlichen Krankenversicherung korrigiert werden.

Die Zusatzbeiträge sind eine einseitige Belastung und bringen vor allem einkommensschwächere Menschen, Ältere und chronisch Kranke erheblich in Bedrängnis. Eine weitere Belastung insbesondere dieser Bürgerinnen und Bürger darf es nicht geben. Gesundheit muss für alle bezahlbar sein.


Soziale Spaltung stoppen! - Gesundheit (UT)

Version mit Untertiteln: Die Forderungen des Sozialverbands VdK zur Bundestagswahl 2017 zum Thema Gesundheit auf einen Blick: Rund 27 Millionen Menschen in Deutschland leiden an einer oder mehreren chronischen Erkrankungen. Gesundheit muss für alle bezahlbar sein!


Zuzahlungen

Für jedes verordnete Arznei-, Hilfs- oder Heilmittel muss ein Patient zehn Prozent des Preises zuzahlen – mindestens fünf, maximal zehn Euro. Zwar gibt es eine Begrenzung, nach der Patienten pro Jahr nur bis zu zwei Prozent ihres Bruttoeinkommens zuzahlen müssen, chronisch Kranke ein Prozent. In der Realität sind gerade chronisch kranke Menschen erheblich durch finanzielle Mehraufwendungen belastet, müssen im Vergleich zu anderen fast ein Drittel mehr leisten. Ältere haben in der Regel zwischen 61 und 70 Prozent mehr Aufzahlungen als 18- bis 30-Jährige.

Der VdK fordert:
Neben den offiziellen Zuzahlungen haben sich über die Jahre weitere Mehrkosten eingeschlichen. So müssen nicht verschreibungspflichtige Medikamente in der Regel selbst bezahlt werden. Trotz der geringen Einzelbeträge sind das für chronisch kranke Patienten mit kleinen Renten oder niedrigen Einkommen oft hohe Ausgaben. Verordnete Arzneimittel müssen wieder in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung zurück. Auch bei rezeptpflichtigen Medikamenten führt ein kompliziertes System dazu, dass viele Patienten zum Teil hohe Eigenanteile tragen müssen. Wenn ein Arzt ein Medikament verordnet, dessen Preis über einem von den Krankenkassen festgelegten Festbetrag liegt, bezahlt der Patient die Differenz selbst. Der VdK fordert, dass ärztlich verordnete Arzneimittel, die der Apotheker nicht gegen ein gleichwertiges günstigeres Produkt austauschen darf, von der Krankenkasse voll übernommen werden.


Selbstzahlerleistungen

In der Arztpraxis werden Patienten immer öfter zusätzlich zur Kasse gebeten. Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) wie Knochendichtemessungen oder Augeninnendruckmessung (Glaukom-Untersuchung) werden als Vorsorge empfohlen und „verkauft“, doch die Krankenkassen übernehmen diese Kosten nicht.

Der VdK fordert:
Sinnvolle Leistungen müssen in den Katalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen werden, medizinisch nicht sinnvolle dürfen den Versicherten nicht mehr angeboten werden.


Zahnersatz

Für notwendigen festsitzenden Zahnersatz bezahlen die Krankenkassen derzeit 50 Prozent (bei regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen bis zu 80 Prozent) des Preises der sogenannten Regelversorgung, die einen einfachen und zweckmäßigen Zahnersatz beinhaltet. Allerdings ist die Regelversorgung zum letzten Mal vor zwölf Jahren angepasst worden und wird von den Zahnärzten in der Realität überhaupt nicht mehr angeboten. Patienten sind gezwungen, sich auf eigene Kosten behandeln zu lassen, wenn sie eine zeitgemäße Versorgung erhalten wollen. Wer sich das nicht leisten kann, muss auf Zahnersatz komplett verzichten.

Der VdK fordert:
Die Regelversorgung, nach der die gesetzliche Krankenversicherung ihre Festzuschüsse berechnet, muss auf dem heutigen Stand der Zahnmedizin erfolgen.


Hilfsmittel

Auch bei ärztlich verordneten Hilfsmitteln sind Patienten gezwungen, zum Teil hohe Eigenanteile selbst zu tragen. So übernimmt beispielsweise eine Krankenkasse lediglich um die 16 Euro im Monat für eine Vollversorgung mit Inkontinenzartikeln. Die Rechnung des Lieferanten für den Patienten ist jedoch um ein Vielfaches höher. Wenn der Patient sich das nicht leisten kann und auf der Kassenleistung besteht, muss er sich mit niedrigster Qualität begnügen.

Der VdK fordert:
Versicherte müssen immer die Wahl zwischen mehreren aufzahlungsfreien Hilfsmitteln haben. Zudem ist das Hilfsmittelverzeichnis zu überarbeiten. Des Weiteren muss die Beratung der Versicherten durch die Anbieter frei von jeglichen wirtschaftlichen Interessen sein.

Runder Button mit dem Logo des VdK Deutschland und der Aufschrift "VdK-Aktion Soziale Spaltung stoppen! www.vdk.de Bundestagswahl 2017"

Mehr in unserem Themenblatt "Gesundheit" zur VdK-Aktion "Soziale Spaltung stoppen!":

  • Themenblatt Gesundheit.pdf (480,26 KB, PDF-Datei)

    VdK-Standpunkt und Forderungen zum Thema Gesundheit. Die paritätische Finanzierung der Kosten im Gesundheitswesen wird nach und nach ausgehebelt. Zusatzbeiträge und Zuzahlungen belasten immer mehr Menschen mit niedrigem Einkommen. Gesundheit wird zu einem Gut, das sich viele nicht mehr leisten können.

Ines Klut

Schlagworte Gesundheitssystem | Krankenversicherung | Gesundheitsversorgung | Soziale Spaltung stoppen | Zuzahlungen | Hilfsmittel | Zahnersatz

Liebe Leserin, lieber Leser,

dieser Artikel liegt in unserem Archiv und ist daher möglicherweise veraltet.

Zur Startseite mit aktuellen Inhalten gelangen Sie hier: Startseite: Über uns

Datenschutzeinstellungen

Wir setzen auf unserer Website Cookies ein. Einige von ihnen sind notwendig, während andere uns helfen, unser Onlineangebot zu verbessern.

  • Notwendig
  • Externe Medien
Erweitert

Hier finden Sie eine Übersicht über alle verwendeten Cookies in externen Medien. Sie können Ihre Zustimmung für bestimmte Cookies auswählen.