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Moderator Tobias Schlegl ist jetzt Notfallsanitäter – Im Interview sagt er, was sich in Pflege und Rettungsdienst ändern muss
Mit seinen 42 Jahren hat er schon viel gemacht und erlebt. Tobias Schlegl hat gezaubert, musiziert, moderiert, geschauspielert, Filme synchronisiert, eine Kolumne für eine Zeitung sowie ein Buch geschrieben. Vor etwa vier Jahren fuhr er seine Medienpräsenz deutlich zurück. Seitdem ist er im Rettungsdienst tätig. Wieso er diesen Schritt wagte und welche Erkenntnisse er aus den Einsätzen gewonnen hat, beschreibt er im Interview mit der VdK-ZEITUNG.
Herr Schlegl, Sie sind jetzt ausgebildeter Notfallsanitäter. Was hat Sie dazu bewogen, in Radio und TV kürzer zu treten, um Menschen in Not zu Hilfe eilen zu können?
Ich habe immer mehr den Drang verspürt, dass ich etwas extrem Relevantes machen und der Gesellschaft etwas zurückgeben will. Irgendwann konnte ich das nicht mehr ignorieren. Deshalb habe ich vor der Lebensmitte den Lebenszug noch einmal abgebremst und die dreijährige Ausbildung zum Notfallsanitäter begonnen.
Sie haben während Ihrer Ausbildung und danach extreme und belastende Situationen erlebt. Hat Sie das verändert?
Ja, ich habe viel erlebt. Und einige Einsatzbilder haben sich eingebrannt. Das hat sich schließlich nach anderthalb Jahren so geäußert, dass es mir seelisch und körperlich nicht mehr gut ging.
Mussten Sie Hilfe in Anspruch nehmen, um negative Erlebnisse zu verarbeiten?
Ich habe Hilfe vom KIT bekommen, dem Kriseninterventionsteam, das in dramatischen Situationen für Angehörige, aber auch für Einsatzkräfte da ist. Danach konnte ich mit dem Erlebten viel besser umgehen.
Haben auch die Arbeiten an Ihrem Buch „Schockraum“, das Ende August erscheint, zu deren Bewältigung beigetragen?
Ja, so konnte ich die Dinge künstlerisch verarbeiten. Das hat sich äußerst positiv auf mich ausgewirkt. Außerdem fand ich es spannend und wichtig, die fiktive Geschichte von jemandem zu erzählen, dem – im Gegensatz zu mir – nicht geholfen wurde und der eine Belastungsstörung entwickelt, die sein ganzes Leben aus der Bahn wirft. Daraus ist ein höchst emotionaler Roman entstanden.
Es gab und gibt aber hoffentlich auch positive Erfahrungen als Notfallsanitäter.
Natürlich. Der wertvollste Moment war, als sich ein recht junger Patient, den wir Tage zuvor reanimiert hatten, im Krankenhaus bei mir von Herzen bedankt hat. Für diesen Augenblick hat sich die gesamte Ausbildung gelohnt.
Durch Ihre Tätigkeit haben Sie eine Menge Einblicke in unser Gesundheitssystem bekommen. Welche Erkenntnisse haben Sie daraus gewonnen?
Ich habe gesehen, wie sehr die Arbeitsbedingungen die Angestellten in der Pflege und im Rettungsdienst belasten. Personalnot, viele Überstunden. Eine physisch und psychisch harte Arbeit, die für die Verantwortung, die man trägt, viel zu spärlich entlohnt wird.
Der Sozialverband VdK fordert schon lange verbesserte Arbeitsbedingungen in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Was ist aus Ihrer Sicht unbedingt und schnellstmöglich zu verbessern, um das dortige Personal zu entlasten?
Wir müssen die Arbeitsbelastung senken, damit die Menschen länger in dem Job durchhalten beziehungsweise nicht noch mehr Arbeitszeit reduzieren. Die Personalnot darf nicht noch größer werden. Das ständige Einspringen-Müssen muss reduziert werden. Das geht alles nur durch die zwei großen Schrauben: runter mit der monatlichen Arbeitszeit und fairere Löhne.
Interview: Mirko Besch
Schlagworte Tobias Schlegl | VdK-Zeitung | Rettungsdienst | Posttraumatische Belastungsstörung
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Überregionale Artikel der VdK-Zeitung, Doppelausgabe Juli / August 2022, im Format rtf |
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