20. September 2018
VdK-Zeitung

Verloren, verlassen und wiedergefunden: VdK-Mitglieder erzählen von ihrer Heimat

Heimat – darunter kann sich jeder etwas vorstellen. Dennoch ist Heimat für jeden Menschen etwas anderes: für die einen ein Sehnsuchtsort, für die anderen der Platz, wo sie hingehören. Manche haben mehr als eine Heimat, andere hingegen haben sie unwiederbringlich verloren, und so mancher musste sie erst verlassen, um festzustellen, dass er eine hat. VdK-Mitglieder haben uns von ihrer Heimat erzählt.

Symbolfoto: Ein dekoriertes Lebkuchenherz mit der Aufschrift
Was ist Heimat - ein Ort, ein Gefühl oder etwas ganz anderes? Wir haben unsere VdK-Mitglieder gefragt. | © pixabay.de

Schon als junger Mann träumte Jürgen Vochetzer aus München von Südamerika. Er lernte Spanisch und begann eine Brieffreundschaft, aber eine Reise ergab sich nicht. Als Rentner – seine Frau war inzwischen verstorben – beschloss er, nach Argentinien auszuwandern und dort seinen Lebensabend zu genießen. Er besuchte seine Freunde und reiste durch das Land, um es kennenzulernen. Anfangs war alles neu und aufregend, doch mit der Zeit überfiel ihn Heimweh. „Es war schön, aber ich wollte wieder zurück – egal, was die Zuhausegebliebenen denken“, sagt er. „Ein Gutes hatte aber das Ganze: Ich bin dankbarer geworden und schätze vieles in Deutschland mehr als früher.“

Heimat: Ein goldenes Wort

Was Heimat bedeutet, erfährt man oft erst, wenn man sie verliert. So wie VdK-Mitglied Oswald Kahle aus dem bayerischen Ansbach, der 1945 als Zehnjähriger zusammen mit seiner Mutter und den vier Geschwistern die Stadt Tarnowitz in Oberschlesien verlassen musste. „Ich war der Meinung, meine Heimat endgültig verloren zu haben“, schreibt er. Doch mit dem Fall des Eisernen Vorhangs gab es wieder Kontakte, die sich im Laufe der Jahre intensivierten. Ein Freundeskreis organisiert nun jedes Jahr eine Busreise nach Tarnowitz. Kahle war schon achtmal mit dabei und wurde immer sehr herzlich empfangen. „Heimat ist ein goldenes Wort“, resümiert er.

Manche Menschen haben nicht nur eine Heimat. So zum Beispiel Heidi Kaminski aus Dinslaken in Nordrhein-Westfalen. Die gebürtige Österreicherin lebt seit 20 Jahren in Deutschland. Auch wenn das Ruhrgebiet ihre Wahlheimat geworden ist, liebt sie noch immer die österreichische Küche, die Berge, die Almwiesen und die Sprache. Ihre große Sehnsucht ist es, wieder nach Österreich zurückzukehren. Wenn ihr Mann in Rente ist, will er mit ihr auswandern.

Günter Georgis Leitspruch lautet: „Lass dir die Fremde zur Heimat, nie aber die Heimat zur Fremde werden.“ Der Journalist und Humorist aus dem brandenburgischen Senftenberg verlor 1957 seinen Arbeitsplatz und wurde aus dem DDR-Schriftstellerverband ausgeschlossen. 1958 fand der heute 90-Jährige mit seiner Familie eine neue Heimat im Saarland.

Die Heimat verlassen: Aus Liebe geflohen

Auch Eva Hüttenrauch lebte in der DDR. Mit 18 Jahren verließ sie ihre Heimat in Nordhausen in Thüringen – der Liebe wegen. Ihr späterer Ehemann stammte zwar aus dem Osten, war aber 1955 in den Westen übergesiedelt. „Im Herbst 1957 waren die Grenzen dicht. Da erfuhr ich schmerzhaft, was Liebe auch bedeuten kann“, erinnert sie sich. Also reiste sie 1958 zu Bekannten nach Ostberlin und bat sie, ihr behilflich zu sein. Die Flucht führte mit der S- und U-Bahn quer durch die ganze Stadt und endete in einem Notaufnahmelager in Marienfelde. Von dort aus flog sie nach Frankfurt am Main. Nach mehreren Jahren in der Großstadt ließ sich das Ehepaar im Main-Kinzig-Kreis in Hessen nieder. „Unser Haus, mein Garten – es ist und bleibt meine zweite Heimat“, betont Hüttenrauch.

Nicht alle haben das Glück, bis zum Schluss in der vertrauten Umgebung bleiben zu dürfen. Dies hat Jana Förster schmerzhaft erfahren. Die gebürtige Tschechin zog mit 23 nach München, wo sie 40 Jahre lebte und sich sehr wohlfühlte. „München ist meine Heimat“, sagt sie. Doch die Gentrifizierung machte auch vor ihrem Viertel nicht Halt. Die Vermieterin kündigte ihr wegen Eigenbedarfs. Weil es aussichtslos war, als Rentnerin eine bezahlbare Wohnung zu finden, zog Förster ins niederbayerische Deggendorf. „Ich versuche, mir eine neue Heimat aufzubauen, aber es fehlt etwas“, bedauert sie.

Wie wichtig es ist, im Alter und bei einer Erkrankung einen Ort zu haben, an dem man sich rundherum wohlfühlt, hat Anja Brocker aus Duisburg erlebt. Sie hat eine Wohnung in „einem kleinen Paradies“, in dem die Nachbarn sich gegenseitig aushelfen. „Gerade bei meiner Angsterkrankung ist es toll, einen Ort gefunden zu haben, an dem ich mich sicher, geborgen und beschützt fühlen kann“, schreibt sie.

Heimat ist Ruhe und Erholung

Thomas Schmidberger aus dem niederbayerischen Viechtach liebt seine Heimat. Seit einem Unfall im Kindesalter ist der 26-Jährige komplett querschnittsgelähmt. Der erfolgreiche Tischtennisspieler und Paralympics-Teilnehmer ist viel unterwegs. „Heimat bedeutet für mich Rückzug aus dem stressigen Alltag, Ruhe, Regeneration und Geborgenheit“, sagt er. Sein Elternhaus wurde behindertengerecht gebaut und erlaubt ihm ein barrierefreies Alltagsleben. In Viechtach lebt der Großteil seiner Freunde. „Die Menschen hier kennen mich schon so lange und freuen sich mit mir über meine sportlichen Erfolge“, sagt er.

Hinweis der Redaktion

Herzlichen Dank!

Liebe Leserinnen und Leser der VdK-Zeitung, damit haben wir nicht gerechnet: Auf unseren Aufruf zum Thema „Heimat“ hin haben wir fast 100 Zuschriften bekommen. Viele Menschen haben sich große Mühe gemacht, handgeschriebene Briefe verfasst und alte Fotos mitgeschickt.

Leider mussten wir uns aus Platzgründen auf einige wenige Beiträge beschränken. Wir bitten, dies zu entschuldigen, und möchten uns an dieser Stelle bei jedem Einzelnen für seine Zuschrift herzlich bedanken!

ali

Schlagworte Heimat | Wohlfühlen | Geborgenheit | Erholung | VdK-Mitglieder

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