10. Juli 2023

Jeder darf seine Probleme schildern

Der VdK Berlin-Brandenburg bietet seit 2018 die Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (EUTB) an. In Berlin-Reinickendorf beraten Ruth Endriss und Alise Sulen Menschen mit Behinderung, chronisch Kranke und Schmerzpatienten über passende Angebote und Leistungen, die sie in Anspruch nehmen können und helfen beim Ausfüllen der Anträge. Hier sprechen sie über ihre Arbeit.

Das Foto zeigt eine Frau, die eine andere Frau berät.
© Canva/kate

EUTB – Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung: Was verbirgt sich hinter dieser sperrigen Bezeichnung?

EUTB meint „Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung“. Menschen mit Behinderung, chronisch Kranke und Schmerzpatienten sollen mit Hilfe der Teilhabeberatung die richtigen Angebote und Anlaufstellen finden, um gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Die EUTB-Beratungsstellen werden von unterschiedlichen Trägern angeboten, einer davon ist der VdK Berlin-Brandenburg.

Wie hilft die EUTB und wer kann die Beratung in Anspruch nehmen?

Wir geben Rat und Hilfe bei allen Fragen zum Sozialsystem. Das heißt, wir beraten chronisch Kranke und Menschen mit Behinderungen und deren Angehörige zu Ansprüchen und Leistungen. Wir beraten aber auch Menschen, die unter chronischen Schmerzen leiden, wie Rückenschmerzen, Gelenkprobleme, Migräne oder psychische Probleme haben. Jeder darf seine Fragen stellen, seine Probleme schildern. Wir entscheiden dann, ob und wie wir helfen können oder verweisen gegebenenfalls auf andere kompetente Ansprechpartner.

Die EUTB bietet Beratungen von Betroffenen für Betroffene. Was bedeutet das genau und welche Vorteile hat das?

Die Idee der Teilhabeberatung basiert auf dem Gedanken, dass eigene Erfahrungen mit Krankheit und Behinderung in die Beratung mit einfließen können und somit ein wertvoller Erfahrungsaustausch möglich ist, quasi eine Beratung von Betroffenen für Betroffene. Allerdings ist dies kein Muss.

Was sind die häufigsten Anliegen, mit denen die Ratsuchenden zu Ihnen kommen?

Die Fragen sind sehr vielfältig und hängen mit der jeweiligen Erkrankung beziehungsweise Behinderung sowie der aktuellen Lebenssituation der Ratsuchenden zusammen. Sind es ältere Menschen, geht es häufig um die pflegerische Versorgung, wie Pflege organisiert und finanziert werden kann. Jugendliche mit Einschränkungen haben Fragen zu Ausbildungswegen, psychisch erkrankte Menschen haben Fragen zu therapeutischen Möglichkeiten, zur psychiatrischen Infrastruktur oder Assistenzleistungen als Hilfestellung im Alltag. Sehr häufig schütten Ratsuchende aber einfach auch nur ihr Herz aus und erzählen von ihren Sorgen und Nöten.

Wie können Sie den Ratsuchenden ganz konkret helfen?

Portrait von Ruth Endriss
Ruth Endriss. | © privat

Eine Ratsuchende bittet zum Beispiel um Hilfe beim Ausfüllen des Antrags zum Grad der Behinderung. Daneben berichtet sie von Überlastung durch die zunehmend erschwerende Pflegesituation der Eltern. Diese hätten noch keinen Pflegegradantrag gestellt, sie wisse auch nicht, wie das geht. Die Eltern seien zunehmend dementiell erkrankt. Auch möchte sie wissen, was im Zuge der Beantragung der Leistungen zum Arbeitsleben (berufliche Rehabilitation) auf sie zukommt. Sie ist erschöpft und weint. Ich fülle den Antrag zum Grad der Behinderung mit ihr zusammen aus, erläutere alles und vereinbare ein weiteres ausführliches Gespräch zur Situation der Eltern. Ich erkläre ihr, welche Maßnahmen bei der beruflichen Rehabilitation in Frage kommen. Im Telefonat, einige Tage später, gebe ich ihr die Kontaktdaten von Demenz-Beratungsstellen, erläutere, wie die Ratsuchende an den Antrag für den Pflegegrad gelangt und worauf es bei der Begutachtung ankommt.

An welchen Punkten können Sie nicht weiterhelfen?

Ganz klar abzugrenzen von unserer Beratung ist die Rechtsberatung, die spätestens bei Fragen zum Widerspruchsverfahren beginnt. Hier verweisen wir auf anwaltliche Beratung. Auch betreuen wir Anliegen nicht im Sinne einer gesetzlichen Betreuung, wir können somit nicht vertieft in die Situation der Ratsuchenden einsteigen.

Wie viele Beratungsstellen gibt es in Berlin und Brandenburg?

Bundesweit gibt es 610 solcher Stellen, die leider immer noch zu wenig bekannt sind. In Berlin sind es 12, in Brandenburg 21.

Wie viele Menschen kommen in Ihre Beratung? Und wie findet die Beratung statt?

Das ist recht unterschiedlich. Wir erhalten schätzungsweise 200 bis 400 Anfragen pro Monat. Die telefonischen Beratungen machen den größten Teil aus, daneben bieten wir in der Beratungsstelle in Reinickendorf zweimal pro Woche persönliche Beratungen an. Im Einzelfall beraten wir auch Zuhause, wenn Ratsuchende aus welchen Gründen auch immer unser Angebot weder telefonisch noch persönlich nutzen können.

Wenn ich nicht die EUTB des VdK Berlin-Brandenburg in Reinickendorf aufsuchen kann, wo wende ich mich dann hin?

Wie gesagt, unsere Beratungen können auch telefonisch durchgeführt werden. Es steht genauso viel Zeit zur Verfügung wie im persönlichen Gespräch. Wenn man jedoch lieber einen persönlichen Termin vorzieht, findet man unter www.teilhabeberatung.de EUTB-Beratungsstellen in der Nähe seines Wohnorts.

Wie geht es nach der Beratung bei Ihnen für die Ratsuchenden weiter?

Das hängt von der jeweiligen Situation ab, Anträge werden von den Ratsuchenden gestellt, es bleibt dann abzuwarten, ob weitere Fragen aufkommen, mit denen Ratsuchende sich dann wieder an uns wenden können.

Interview: Dörte Gastmann

Kontakt:

EUTB® Berlin-Reinickendorf

EUTB® Sozialverband VdK Berlin-Brandenburg e. V. Reinickendorf
Brunowstraße 52
13507 Berlin
Telefon: 030 864910 -861/-862
Fax: 030 864910-860
eutb.berlin.reinickendorf@vdk.de

Sprechzeiten:

9:00 bis 17:00 Uhr

10:00 bis 18:00 Uhr

Weitere EUTBs in Ihrer Nähe finden Sie unter EUTB-Beratungsstellen.

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