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Pflegeheimpleiten von privaten Betreibern alarmieren den Finanzmarkt. Die über lange Zeit währende Goldgräberstimmung bei Pflegeimmobilien als Geldanlagen scheint vorbei zu sein. Das Problem fehlender Pflegeheimplätze wird letztlich aber wieder der Allgemeinheit aufgebürdet, kritisiert der Sozialverband VdK.
Im ersten Quartal 2023 sind die Verkäufe von Gesundheitsimmobilien um fast 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr eingebrochen, berichtet die auf diesen Sektor spezialisierte Immobilienberatung Cushman & Wakefield. Insbesondere Pflegeheime gelten inzwischen als Objekte, die Investoren besser abstoßen sollten. Drei große deutsche Pflegeheimbetreiber, Curata, Convivo und Novent, mussten jüngst Insolvenz anmelden. Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) befürchtet sogar eine Pleitewelle. Eine Umfrage unter seinen Mitgliedern, die etwa die Hälfte der deutschen Pflegeheime betreiben, hat ergeben, dass 68,5 Prozent von ihnen „in naher Zukunft eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz sehen“.
Pflegeimmobilien wurden lange als sichere Wertanlagen angepriesen. Renditeversprechen bis zu sechs Prozent waren keine Seltenheit. Vorsichtige Anlegerinnen und Anleger konnten oft damit beruhigt werden, dass der Staat selbst mit der Sozialleistung „Hilfe zur Pflege“ für stabile Einnahmen garantiert.
Schon seit etwa 2015 warnten Finanzmarktexperten, dass die Goldader versiegen könnte. Gewinne wurden schmäler, weil etwa Einzelzimmervorschriften in manchen Landespflegegesetzen hohe Investitionen notwendig machten und Pächter ihren Zahlungspflichten nicht nachkommen konnten.
Die aktuell angespannte Situation führt der bpa auf Personalengpässe zurück, die zu einer Kürzung des Angebots führen. Hinzu kämen gestiegene Personalkosten durch das Tariftreuegesetz und hohe Lebensmittel- und Energiekosten, die staatlicherseits nicht genügend refinanziert würden. Kritiker wie die Evangelische Heimstiftung werfen der bpa jedoch vor, dass mit staatlichen Hilfen letztlich die schwindenden Renditen an Betreiber- und Investorenketten aufgefangen werden sollen, ohne an den Geschäftsmodellen etwas zu ändern.
„Gerade rächt sich die in den 1990er-Jahren getroffene Entscheidung, die Bereitstellung der Pflegeinfrastruktur dem freien Markt zu überlassen. Die Leidtragenden sind aktuell wieder einmal die Pflegebedürftigen, die immer weniger Angebote vorfinden. Über kurz oder lang zahlt dann die Allgemeinheit, wenn doch der Staat wieder einspringt“, sagt VdK-Präsidentin Verena Bentele. Sie fordert eine grundsätzliche Neuausrichtung des Pflegemarkts: „Pflegebedürftigkeit darf keine Grundlage mehr für Gewinnmaximierung sein. Die Bereitstellung einer guten Pflegeinfrastruktur muss Teil der Daseinsvorsorge werden, die der Staat für seine Bürgerinnen und Bürger zu treffen hat.“ Wenn dafür private Unternehmen ins Boot geholt werden, müssen deren Gewinne begrenzt werden: „Der VdK fordert, dass der Staat die Kontrolle darüber erlangt, wie Leistungen der Pflegeversicherung und Steuergelder in der stationären Pflege ausgegeben werden.“
Um hohe Gewinne in Pflegeeinrichtungen zu erzielen, muss dort an vielem gespart werden: an Löhnen, Personalschlüssel, Sauberkeit, Qualität und Menge des Essens. Und das auf Kosten der oft hilflosen Menschen, die in diesen Einrichtungen leben. Für das Ansehen der Branche auf dem Finanzmarkt war das lange egal. Doch das ändert sich gerade.
Nun kursiert ein Anlegertipp für eine neue Goldader: Pflege-WGs. Sichere Mieteinnahmen und Insolvenzschutz versprächen hohe Erträge mit wenig Risiko, heißt es. Die Karawane zieht also weiter.
Dr. Bettina Schubarth
Schlagworte Pflege | Pflegeheim | Pflegeimmobilien
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