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Der tägliche Schulweg ist für viele Kinder die erste Strecke, die sie ohne ihre Eltern bewältigen müssen. Damit sie wohlbehalten ankommen, werden die Schülerinnen und Schüler von den Verkehrshelferinnen und -helfern an vielbefahrenen Straßen und Kreuzungen über die Fahrbahn geleitet.
Die Idee der Schülerlotsen stammt aus den USA. Dort sicherten bereits seit den 1920er-Jahren Jugendliche den Schulweg für ihre jüngeren Mitschüler. Ende der 1940er-Jahre entstanden im amerikanisch besetzten Baden-Württemberg die ersten Lotsendienste in Deutschland. Im Januar 1953 wurden die Schülerlotsinnen und -lotsen bundesweit eingeführt.
Anlass war die hohe Zahl von Unfällen mit Kindern. Allein im besagten Jahr 1953 verunglückten in Westdeutschland (ohne das Saarland) 32 807 Kinder unter 13 Jahren im Straßenverkehr, 1147 starben. Eltern hatten Angst, ihre Sprösslinge allein zur Schule zu schicken. Zum Vergleich: 2021 kamen in Deutschland laut Statistischem Bundesamt 49 Kinder auf dem Schulweg ums Leben.
Heute sieht man nur noch selten Schülerinnen oder Schüler, die die Kelle schwingen. Die meisten Schulweghelferinnen und -helfer sind Erwachsene. Sie stehen täglich an festgelegten Lotsenpunkten und sorgen dafür, dass die Kleinen sicher über die Kreuzung oder die Straße kommen. Dabei dürfen sie nicht in den Straßenverkehr eingreifen, sondern müssen warten, bis sich eine Lücke ergibt. Auch in brenzligen Situationen sind sie zur Stelle. Bundesweit gibt es derzeit rund 50 000 Menschen, die dieses Ehrenamt ausüben.
Eine davon ist Dragica Karas. Jeden Morgen und Mittag steht sie zur gleichen Zeit an der Hauptkreuzung der niederbayerischen Kreisstadt Pfarrkirchen. „Ich mache das seit eineinhalb Jahren und möchte es nicht mehr missen“, sagt das VdK-Mitglied. Die Rentnerin wollte in ihrer freien Zeit etwas Sinnvolles machen. „Als ich gesehen habe, dass die Stadt Verkehrshelferinnen und -helfer sucht, habe ich mich beworben“, erzählt sie. Von der Polizei wurde sie fit gemacht für ihr Ehrenamt. Mittlerweile kennt sie alle Schülerinnen und Schüler und wird morgens von ihnen freundlich begrüßt. „Ich brauche Kinder um mich herum – am liebsten solche, die ich hinterher wieder abgeben kann“, sagt sie und lacht.
Schon als Jugendliche engagierte sich Melanie Rüthlein als Schülerlotsin. Seit ihre Zwillinge in die Schule gehen, geleitet sie die Kinder in ihrem Wohnort sicher zum Schulbus. „Bei uns im Dorf gibt es so viele Freiwillige, die das machen, dass ich nur alle zwei Wochen drankomme“, erzählt die Vorsitzende des VdK-Ortsverbands Wasserlosen in Unterfranken. Eine Kelle hat sie nicht. Dafür nimmt sie manchmal den Familienhund mit, und die Kinder freuen sich, wenn sie ihn streicheln dürfen. Der Landkreis Schweinfurt weiß die Arbeit der Verkehrshelferinnen und -helfer zu schätzen: Alle zwei Jahre gibt es ein Treffen, bei dem der Landrat langjährig Engagierte auszeichnet.
Der VdK-Ortsverband Trebgast in Oberfranken hat 2005 sogar einen Schülerlotsendienst ins Leben gerufen. Über viele Jahre haben die VdKler, unterstützt von der Polizeiinspektion Stadtsteinach, bei Wind und Wetter dafür gesorgt, dass die Kinder aus dem Ort gefahrlos die Straßen überqueren können. Nach 18 Jahren hat sich der Lotsendienst längst etabliert und ist aus der 1700-Seelen-Gemeinde nicht mehr wegzudenken. Mittlerweile engagieren sich auch andere Helferinnen und Helfer.
In Zeiten, in denen immer mehr Kinder von ihren Eltern zur Schule gebracht werden, wird es zunehmend schwieriger, Kinder und Erwachsene für dieses Amt zu begeistern. Auch das frühe Aufstehen und die Regelmäßigkeit, zu der man sich verpflichtet, halten viele davon ab, sich zu bewerben. Während der Corona-Pandemie ist die Zahl der Schulweghelferinnen und -helfer in Bayern von rund 30 000 auf 25 000 gesunken. Dabei sind diese Ehrenamtlichen beim heutigen Verkehrsaufkommen nötiger denn je. Wer sich dafür interessiert, kann bei seiner Gemeinde- oder Stadtverwaltung nachfragen.
Annette Liebmann
Schlagworte Schülerlotsendienst | Ehrenamt | VdK
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