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Stefan Feßlmeier aus Abensberg fand durch das Malen von abstrakten Blumenbildern einen Weg aus der Depression. Einige Kunstwerke von ihm sind in der VdK-Kreisgeschäftsstelle Kelheim zu bewundern.
Jeden Morgen geht Stefan Feßlmeier in sein Atelier und malt ein Bild. Der Duft von Kaffee mischt sich mit dem Geruch von Acrylfarben. Mit ruhiger Hand führt der 42-Jährige den Spachtel – neben dem Pinsel sein wichtigstes Werkzeug – und verteilt mit fließenden Bewegungen nach und nach bunte Farbkleckse auf der Leinwand. So entsteht wieder ein kraftvolles, abstraktes Blumengemälde.
2016 und 2017 hätte der Niederbayer nicht gedacht, dass die Kunst wieder Farbe in sein Leben bringen würde. Denn diese Zeit bezeichnet Feßlmeier als die dunkelste Episode seines Lebens. Wenn das VdK-Mitglied zurückblickt, waren damals viele Ereignisse zusammengekommen, die für ihn irgendwann nicht mehr zu verkraften waren. Seit 1998 war der gelernte Heizungsbauer in der Automobilindustrie beschäftigt. Ein Job, der in seinen Augen immer eintöniger wurde. Sechs Jahre lang arbeitete er in der Nachtschicht.
Dann wurde der zweifache Familienvater geschieden. Darüber hinaus gab es am Arbeitsplatz Kollegen, von denen er sich gemobbt fühlte. Eine Versetzung in eine andere Abteilung empfand er als Zwang. Auszeit half nicht „Absolut keinen Antrieb“ – so beschreibt Stefan Feßlmeier seinen damaligen Gemütszustand. „Ich nahm mir 2017 dann für drei Monate eine berufliche Auszeit, weil ich dachte, das hilft mir. Aber zu Hause bin ich weiter abgerutscht.“
Als er einen Online-Fragebogen zum Thema Depressionen ausfüllte, dämmerte ihm, dass eine seelische Erkrankung der Grund für seine düstere Stimmung war. „Ich habe mit keinem darüber geredet.“ Als die Rückkehr in den Job bevorstand, kam der Zusammenbruch. Erst da suchte der geborene Kelheimer professionelle Hilfe. „Ich habe mich im Klinikum gemeldet, weil ich mit den Nerven am Ende war.“ Die Ärzte stellten eine schwere Depression fest. Stefan Feßlmeier war fast erleichtert: „Endlich wusste ich, was los ist.“
Während der fünf Monate in der Klinik entdeckte er unter den therapiebegleitenden Angeboten das Malen. „Ich habe gemerkt, dass mir diese Kunst am meisten hilft. Sie beruhigt mich, und ich bekomme den Kopf frei.“ Als der Abensberger Anfang 2018 die Klinik verließ, nahm er sich vor, jeden Tag ein Bild zu malen. Seitdem ist wirklich fast täglich ein Gemälde entstanden. Einige davon sind in der VdK-Kreisgeschäftsstelle in Kelheim zu bewundern. „Die Geschäftsstelle wirkt dank Stefan Feßlmeiers Bilder freundlicher und fröhlicher“, freut sich VdK-Kreisgeschäftsführerin Martina Mayer.
Nun muss der Künstler aus Platzmangel pausieren. In schönstem Niederbayerisch zählt er zusammen: „Bei mir dahoam sans grob geschätzt 150 Buidln, bei meinen Eltern aufm Dachboden lagern no amoi 500.“ Und das, obwohl der 42-Jährige schon viele Werke für den guten Zweck gespendet hat. Wenn Stefan Feßlmeier heute über seine Erkrankung spricht, tut er das auch, um anderen Betroffenen Mut zu machen, sich helfen zu lassen. Die Lust am Zeichenhandwerk ist nicht neu: Stefan Feßlmeier hat von klein auf ein Faible für Tattoos und mittlerweile ein eigenes Studio auf seinem Dachboden eingerichtet. Auch Tattoos stärken ihn: An seinem linken Fuß ist ein Kompass zu sehen, rechts ein Kreuz. „Beide Motive geben mir Kraft, den Glauben an mich selbst zu finden“, erklärt Stefan Feßlmeier.
Elisabeth Antritter
Schlagworte Depressionen | Malen
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