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Im März 2017 trat ein Gesetz in Kraft, wonach Schwerkranke unter bestimmten Voraussetzungen eine Therapie mit Cannabis in Anspruch nehmen können. Seitdem ist Medizinalhanf für solche Patienten eine Kassenleistung. Doch Betroffene haben es nach wie vor schwer: Viele Anträge werden von den Kassen abgelehnt. Zudem gibt es Versorgungslücken bei auf Cannabis basierenden Arzneimitteln.
Thorsten Hetfeld beschäftigt sich tagtäglich mit dem Thema Cannabis als Medizin. Er hält Vorträge vor Ärzten und Apothekern, die in seinen Augen noch viel zu wenig über diese Therapie wissen. Das VdK-Mitglied aus Forstinning bei München ist seit mittlerweile vier Jahren dank medizinischem Cannabis so gut wie schmerzfrei. Die Behandlung hat den 50-Jährigen sogar aus dem Rollstuhl befreit, auf den er zehn Jahre angewiesen war.
Doch trotz der neuen Rechtslage seit 2017 hat sich die Situation für Schmerzpatienten noch längst nicht entspannt. Zwar haben sich in Hetfelds Fall immerhin die Ausgaben gesenkt. Die Kosten für das Rezept für eine Monatsration von 100 Gramm medizinischem Cannabis werden von der Kasse übernommen. Doch sein tatsächlicher Bedarf ist doppelt so hoch. Jetzt muss er zwar nicht mehr monatlich rund 4500 Euro selbst bezahlen.
Aber mit rund 2800 Euro für das Privatrezept muss er jeden Monat immer noch tief in die Tasche greifen. Leisten kann er sich das nicht. Er hat mittlerweile hohe Schulden. Der Schmerzpatient kann es nicht begreifen, dass ein Gramm Cannabis als Arzneimittel in Deutschland bis zu 28 Euro kostet. „In den Niederlanden wird das Gramm für 1,50 Euro hergestellt.“ Gemeinsam mit dem VdK kämpft Hetfeld für eine volle Kostenübernahme.
Norbert Kileber sorgt sich um die Kostenübernahme durch die Krankenkassen. Er arbeitet in einer Apotheke in München und betreut unter anderem Thorsten Hetfeld. „Es gibt Patienten, die eine Genehmigung für nur eine bestimmte Sorte Cannabis erhalten haben. Kann diese nicht geliefert werden, versuche ich, nach alternativen Cannabis-Sorten zu recherchieren und diese für den Kunden zu bestellen.“ Doch wenn der Apotheker eine nicht genehmigte Sorte abgibt, riskiert er, am Ende des Jahres auf den Kosten sitzen zu bleiben. „Es ist die individuelle Entscheidung des Apothekers, ob er dieses Risiko eingehen möchte.“
Mit Lieferengpässen müssten Betroffene immer wieder rechnen, fürchtet Norbert Kileber. Denn bislang gibt es hierzulande keinen Cannabis-Anbau. Folglich bezieht Deutschland das pflanzliche Arzneimittel in pharmazeutischer Qualität aus anderen Ländern, aktuell vor allem aus den Niederlanden und Kanada. „Schwerkranke brauchen eine durchgehende Therapie“, sagt Kileber und fordert, dass der Anbau von Cannabis in Europa so geregelt wird, dass Deutschland nicht allein auf Importe angewiesen ist.
Dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) den Weg für den Anbau von Cannabis in Deutschland frei gemacht hat, begrüßt er. Thorsten Hetfeld kritisiert, dass die geplante Menge von 10,4 Tonnen Medizinalhanf aus deutschem Anbau in den nächsten vier Jahren, also 2,6 Tonnen pro Jahr, zu knapp bemessen sei.
Laut einer Umfrage des Handelsblatts bei der AOK, Barmer und TK wird die Anzahl der gesetzlich versicherten Cannabis-Patienten in Deutschland seit der Neuregelung 2017 auf mehr als 40.000 geschätzt. Das BfArM veranschlagt bei Cannabisblüten eine Jahresmenge von 365 Gramm pro Patient. Allein bei dieser konservativen Schätzung bräuchte es 14,6 Tonnen, um die Kranken zu versorgen. Der tatsächliche Bedarf dürfte deutlich höher liegen. „Wir werden weiterhin auf Importe angewiesen sein“, ist sich Hetfeld sicher.
Elisabeth Antritter
Schlagworte Medizinisches Cannabis | Schmerzpatienten | Medizinalhanf
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