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Wenn Henry Pritschet das Fernweh plagt, sehnt er sich nicht nach dem Strand von Italien oder Spanien. Ihn reizen das satte Grün des Machu Picchu in Peru oder die Weiten der Wüste Jordaniens. Der Rollstuhl ist dem VdK-Mitglied bei keiner seiner Reisen im Weg.
Afghanistan war das Land, das seine Abenteuerlust weckte. 1966 machte sich Heinrich „Henry“ Pritschet mit seinen zwei Brüdern und deren Bergsteiger-Freunden auf den Weg in das Land fernab jeglichen Tourismus. „In erster Linie haben sie mich wegen meiner Sprachkenntnisse mitgenommen“, erzählt der gebürtige Allgäuer und lacht. Als gelernter Exportkaufmann spricht er fließend Englisch, Französisch und Spanisch. Für Afghanistan befasste er sich außerdem mit Persisch. „Mich interessiert jede Sprache.“ An Bergsteigen im Hindukusch-Gebirge war für ihn indes nicht zu denken – mit zwei Jahren war er an Kinderlähmung erkrankt und ist seither auf Krücken oder den Rollstuhl angewiesen. Für Henry Pritschet aber kein Hindernis, das Abenteuer zu wagen.
8.000 Kilometer fuhren die Allgäuer mit dem Auto durch das ehemalige Jugoslawien, die Türkei und den Iran, über Stock und Stein. „Das wäre heute wegen Krieg und Terror undenkbar“, sagt das VdK-Mitglied. Bedauern liegt in seiner Stimme. Zu schön sind die Länder und Städte vor ihrer Zerstörung gewesen. Davon zeugen Fotografien, die Henry Pritschets Wände in seinem Haus im oberbayerischen Forstern zieren. Er deutet auf ein Bild, das buntes Markttreiben im Herzen von Aleppo zeigt. Jener umkämpften Stadt in Syrien, in der heute kein Stein mehr auf dem anderen steht.
Er war viel mit dem Auto unterwegs. Kreuz und quer fuhr er durch Europa und den Nahen Osten. „Ich wählte selten den direkten Weg. Schließlich wollte ich etwas sehen. Auch abseits der üblichen Strecken“, erklärt der 74-Jährige. Wie viele Tausend Kilometer das waren, zeigt eine überdimensionale Landkarte, die eine komplette Wand in seinem Flur einnimmt. Hier hat er die Routen eingezeichnet, die er früher mit seiner Frau und nach ihrer Trennung alleine gefahren ist. Auch Deutschland und seine Nachbarländer erkundete er, bereiste Regionen, die in Reiseführern eher stiefmütterlich behandelt werden. „Sobald ein Ziel besonders populär oder touristisch ist, reizt es mich nicht mehr so sehr.“
Irgendwann wollte er noch mehr sehen von der Welt, von Ländern und Kontinenten, die mit dem Auto nicht zu erreichen sind. Er suchte ein Reisebüro, das Fernreisen für Menschen mit Behinderung anbietet, und fand eines in der Oberpfalz. Ein Höhepunkt war für ihn der Besuch des Machu Picchu, einer gut erhaltenen Ruinenstadt der Inkas auf einem Bergrücken in Peru. „Ich hatte meine Zweifel, ob sie uns Rollstuhlfahrer da raufbekommen würden“, sagt der Rentner und schüttelt noch heute den Kopf, wenn er daran denkt. „Sie haben.“
Ähnlich spektakulär war der Trip zu Felsenkirchen in Äthiopien, die selbst Touristen ohne Gehbehinderung eher aus der Ferne betrachten. Afrika fasziniert Henry Pritschet ohnehin besonders – auch Uganda und Tansania haben es ihm angetan. So recht entscheiden kann er sich aber nicht, wenn er sein absolutes Lieblingsreiseziel nennen soll. „Überall auf der Welt ist es schön“, sagt er. Und schon fallen ihm viele weitere tolle Erlebnisse ein, in Nepal oder Vietnam zum Beispiel.
Optimal für Rollstuhlfahrer sei es in den USA, sagt der 74-Jährige. „Es gibt praktisch keine Barrieren. Man kann bis an den Rand des Grand Canyon fahren.“ Von den Amerikanern hat er sich abgeschaut, welch große Alltagshilfe ein Elektro-Scooter ist. So ist er trotz seiner Behinderung in der Heimat mobil, fährt zum Einkaufen, zum Chor, zur Volkshochschule, zum VdK. Ehrenamt ist für ihn Ehrensache, zu Hause rumsitzen ist so gar nichts für Henry Pritschet. Außer wenn er nach einer Reise Bilder und Videos sortiert und für seine Vorträge vorbereitet. „Die Leute im Ort sagen, sie müssten gar nicht weit reisen, weil sie ja meine Filme sehen“, erzählt er und lächelt. „Ich übernehme das Reisen gerne für sie.“
Caroline Meyer
Schlagworte Reisen | Menschen mit Behinderung | Henry Pritschet
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