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„Wir können die Zufriedenheit der Staatsregierung mit der sozialen Lage in Bayern nicht teilen“, erklärte VdK-Präsidentin Verena Bentele am 9. August auf der Pressekonferenz des Sozialverbands VdK Bayern in München. „Die weiß-blaue Idylle trügt. Es geht ein Riss durch Bayern“, bestätigte VdK-Landesvorsitzende Ulrike Mascher. Insbesondere die Themen Armut, Pflege und Barrierefreiheit dürfen im Freistaat nicht länger vernachlässigt werden. Mit seinem Forderungskatalog zur Landtagswahl setzt der VdK deshalb klar Zeichen für ein soziales Bayern.
Pflegebedürftige und pflegende Angehörige rutschen schnell ins soziale Abseits. Mascher forderte: „Die Pflege muss in Bayern denselben Stellenwert bekommen wie der Ausbau der Kinderbetreuung. Das Kümmern um Ältere muss genauso wichtig sein wie das Kümmern um Kinder.“ Derzeit sind Pflegeheime und ambulante Dienste total überlastet, immer häufiger werden mögliche neue Kunden abgewiesen. Doch dem Personalmangel in der Pflege mit einer „allgemeinen Dienstpflicht“ für junge Leute abzuhelfen, wie es aktuell diskutiert wird, sieht der Sozialverband VdK kritisch. Mascher sprach sich stattdessen für eine Stärkung der freiwilligen Dienste und des Ehrenamts in der Pflege aus. Es sollten mehr Anreize geschaffen werden, sodass sich beispielsweise nach einem Freiwilligen Sozialen Jahr die Ausbildungszeit in einem Sozialberuf verkürzt.
Pflege macht arm: 1713 Euro pro Monat müssen Pflegebedürftige in Bayern 2017 durchschnittlich aus eigener Tasche für einen Heimplatz bezahlen. „Bei den kleinen bayerischen Renten sind die Ersparnisse im Heim dann schnell dahingeschmolzen“, sagte Mascher. Über 55.000 Pflegebedürftige müssen deshalb von Sozialhilfe, also „Hilfe zur Pflege“ leben. Ein Erfolg des VdK Bayern ist, dass das bayerische Pflegegeld von 1000 Euro nicht mit dieser Sozialleistung verrechnet wird, sondern auch den Bedürftigsten zukommt. „Das begrüßen wir. Nun warten wir noch darauf, dass eine weitere VdK-Forderung, nämlich bei der Hilfe zur Pflege auf den Rückgriff auf das Einkommen der Kinder zu verzichten, endlich umgesetzt wird. Hier muss die CSU ihren Einfluss in Berlin geltend machen“, forderte Mascher.
VdK-Landesvorstandsmitglied Verena Bentele, die im Mai 2018 als Nachfolgerin von Ulrike Mascher das Amt der Präsidentin des VdK Deutschland übernommen hat, nahm Stellung zur Armutspolitik. „Jobwunder heißt nicht Arbeitnehmerparadies“, betonte sie. Dieses Wunder sei in Bayern teuer erkauft: „Wir haben eine hohe Quote an Leih- und Teilzeitarbeit. 820.000 Menschen sind ausschließlich geringfügig beschäftigt. 83.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen ihren Lohn aufstocken lassen. Nahezu jeder fünfte Beschäftigte arbeitet in Bayern für Niedriglohn. Das ist alles Gift für die Rente“, erklärte sie. Sie forderte eine Anhebung des Mindestlohns auf 12,63 Euro. Das ist der Betrag, mit dem sich in 45 Jahren Vollzeittätigkeit eine Rente oberhalb der Grundsicherung erwirtschaften lässt. „Auch wer einer einfachen Tätigkeit nachgeht, muss sicher sein, dass er später nicht in Altersarmut leben muss.“
Die Armutsschwelle für einen Einpersonenhaushalt liegt in Bayern bei 1039 Euro. Viele Ältere haben aber deutlich weniger monatlich auf ihrem Konto. Deshalb steigen die Grundsicherungszahlen stetig an. In Bayern leben aktuell mehr als 125.000 Rentenbezieher „vom Amt“. Allein in München sind es 15.000 und damit 5,5 Prozent aller Rentnerinnen und Rentner. Bentele forderte die künftige Staatsregierung auf, im Bundesrat Druck zu machen beim Kampf gegen Altersarmut. Eine zentrale VdK-Forderung ist die Angleichung der Mütterrente, also „drei Rentenpunkte für alle Kinder – ohne Wenn und Aber“, wie Bentele betonte. Zudem müsse es einen Freibetrag für die Mütterrente in der Grundsicherung geben, damit die ärmsten Frauen von dieser Leistung tatsächlich etwas haben.
Auch beim Thema Barrierefreiheit lässt der VdK nicht locker: „Versprochen ist versprochen: Bayern will bis 2023 barrierefrei sein“, erinnerte Bentele an die Aussage des damaligen Ministerpräsidenten Horst Seehofer 2013. Erhebliche Zweifel sind angebracht: Anfang 2014 waren 34 Prozent der bayerischen Bahnstationen barrierefrei, Anfang 2017 waren es erst 39 Prozent: „Wenn es in diesem Tempo weitergeht, werden längst Flugtaxis durch Bayern sausen, bis der letzte Bahnhof barrierefrei umgebaut ist“, erklärte die frühere Bundesbehindertenbeauftragte Bentele.
Einen Ratschlag hatte sie auch parat: „Ich empfehle einen Besuch in Österreich.“ Dort müssen, anders als in Deutschland, auch private Anbieter ihre Dienstleistungen und Produkte barrierefrei gestalten. Ob Einkauf, Urlaubsreise, Kino, Arztbesuch, öffentliche Verkehrsmittel oder der Arbeitsplatz: Barrierefreiheit ist Pflicht. So wurde in den vergangenen zehn Jahren schon viel erreicht für die Inklusion. Bisher setzt man in Deutschland bei der Barrierefreiheit aber auf reine Freiwilligkeit. Ohne Erfolg, stellte Bentele fest: „Das bringt nichts. Wir brauchen gesetzliche Regelungen und Verpflichtungen.“ Der Anfang müsste nach Meinung des VdK im Gesundheitsbereich gemacht werden.
VdK-Landesgeschäftsführer Michael Pausder berichtete von der großen Resonanz auf die VdK-Aktion zur Landtagswahl „Bayern muss sozialer werden!“. Die klare sozialpolitische Positionierung des VdK trägt zum anhaltenden Mitgliederwachstum bei, ist Pausder überzeugt. Derzeit hat der Sozialverband VdK in Bayern 680.000 Mitglieder. „Wir wollen die Politik aufrütteln und den müden Wahlkampf beleben“, sagte Pausder.
Auf zahlreichen Großveranstaltungen nehmen Landtagskandidatinnen und -kandidaten Stellung zum Forderungskatalog des VdK Bayern. Die Abschlusskundgebung findet am Freitag, 14. September, um 15 Uhr, in der Alten Kongresshalle in München statt. Auf dem Podium sitzen CSU-Sozialministerin Kerstin Schreyer, SPD-Spitzenkandidatin Natascha Kohnen, der Landesvorsitzende der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, und Ulrich Leiner von Bündnis 90/Die Grünen. Der Eintritt zur barrierefreien Veranstaltung ist frei. Die Forderungen des VdK Bayern finden Sie unter: Forderungskatalog_LTW_2018_Version_2.pdf (457,31 KB, PDF-Datei)
bsc
Schlagworte Armut | Altersarmut | Pflege | Barrierefreiheit | Aktion zur Landtagswahl 2018 | Hilfe zur Pflege | Mütterrente
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