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„Krankheit und Armut: Das ist ein Teufelskreis, aus dem immer mehr Menschen nicht mehr herausfinden“, sagte VdK-Landesvorsitzende Ulrike Mascher auf der Jahrespressekonferenz des Sozialverbands VdK Bayern in München. Trauriges Beispiel hierfür ist die prekäre Situation der Erwerbsminderungsrentner, die aus gesundheitlichen Gründen früher aus dem Arbeitsleben ausscheiden müssen und ein Armutsrisiko von 37 Prozent aufweisen. Gerade die Ausgaben für Gesundheit steigen für Rentnerinnen und Rentner, chronisch Kranke und Menschen mit Behinderung immer weiter an. Aktuell kündigen große Krankenkassen wie die AOK und die TK an, ab 2016 die Zusatzbeiträge für ihre Versicherten weiter zu erhöhen. Die anderen Kassen werden folgen. „Diese Entwicklung ist symptomatisch dafür, woran unser Gesundheitssystem kränkelt: Es wird zunehmend sozial ungerecht“, kritisierte Mascher.
VdK-Mitglieder berichten von häufigen Auseinandersetzungen mit Pflege- und Krankenkassen. Insbesondere bei Krankengeldbezug werde großer Druck von den Kassen aufgebaut. Patienten werden mit Entzug des Krankengelds bedroht oder in Richtung Erwerbsminderungsrente gedrängt. In diesem Zusammenhang erteilte Mascher den bekannt gewordenen Vorschlägen des Sachverständigenrats an Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe, eine „Teilerwerbsunfähigkeit“ für Krankengeldbezieher einzuführen, eine klare Absage: „Das ist kein akzeptabler Weg, um Krankengeldkosten einzudämmen. Ein Versicherter ist gegenüber seiner Krankenkasse immer in der schwächeren Position. Der Druck auf langfristig Erkrankte wird durch solche Maßnahmen nur weiter steigen.“ Stattdessen empfahl sie den Ausbau von Prävention und Rehabilitation sowie ausreichend Therapieplätze für psychisch Erkrankte, um Krankengeldkosten dauerhaft zu reduzieren.
Immer mehr Versicherte geraten in Bedrängnis, was ihre Gesundheitsausgaben betrifft. Um fünf Prozent steigen pro Jahr die Zuzahlungen und Eigenanteile für Patienten, während beispielsweise die Neurenten stetig absinken. Viele Medikamente wie Schmerzmittel, Salben oder Kreislauftropfen werden zwar teils vom Arzt verschrieben, müssen aber aus eigener Tasche bezahlt werden. Die Ausgaben für eine neue Brille oder für Zahnersatz sprengen bei vielen Rentnern das Budget, so dass viele auf solche wichtigen Anschaffungen verzichten. Auch hier zeigt sich ein großes Gefälle, denn die Altersarmut in Bayern wird immer größer: Die Armutsgefährdungsquote unter den Beziehern gesetzlicher Renten liegt im Freistaat bei 26,6 Prozent. „Da müssen viele an der Gesundheit sparen“, weiß Mascher. In diesem Zusammenhang kritisierte sie, dass für Gesundheitsausgaben im Regelsatz für Grundsicherungsbezieher nur 17,36 Euro vorgesehen sind. Realistisch sind nach Verbraucherstichproben für Rentner 92 Euro pro Monat. „Die Regelsätze für Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung müssen auf die Bedürfnisse dieser Betroffenen abgestimmt werden“, forderte die VdK-Landesvorsitzende.
Armut führt auch zur gesundheitlichen Ausgrenzung. Mascher nannte hierfür ein Beispiel: 12,50 Euro dürfen Inkontinenzprodukte pro Patient und Monat im Pflegeheim kosten. Wer nicht bis zu 100 Euro drauflegen kann, muss sich mit minderwertiger Qualität zufrieden geben – in diesem äußerst sensiblen Bereich der Körperhygiene.
„Gesundheit muss nicht nur für alle bezahlbar, sie muss auch für alle erreichbar sein“, führte Mascher weiter aus. Sie forderte die Staatsregierung auf, die gesundheitliche Infrastruktur im Flächenland Bayern zu verbessern. Als Beispiele nannte sie den Rückgang der Hausarztpraxen auf dem Land, den noch ungenügenden Ausbau der Palliativversorgung und die kaum vorhandenen Anlaufstellen für Pflegebedürftige und ihre Angehörige für Beratungs- und Entlastungsleistungen.
VdK-Landesgeschäftsführer Michael Pausder stellte die Jahresbilanz 2015 für den Sozialverband VdK Bayern vor. Mit aktuell 653.000 Mitgliedern habe man einen „historischen Höchststand“ erreicht, erklärte er. In den Monaten Januar bis November konnten 43.442 neue Mitglieder gewonnen werden. 11 Prozent aller über 50-Jährigen in Bayern sind VdK-Mitglied. In einigen Landkreisen liegt der Bevölkerungsanteil bei über 10 Prozent.
„Kernstück und Alleinstellungsmerkmal ist unsere Sozialrechtsberatung“, so Pausder weiter. „Der Ansturm auf unsere Geschäftsstellen wächst und wächst.“ Die Materie des Sozialrechts werde immer komplexer und erklärungsbedürftiger. Deshalb sei der VdK ein gefragter Ratgeber. 2015 konnten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den 69 Kreis- und sieben Bezirksgeschäftsstellen sowie in der Rechtsabteilung der Landesgeschäftsstelle für die VdK-Mitglieder fast 23 Millionen Euro an Nachzahlungen erstreiten.
Pausder stellte außerdem die für das Jahr 2016 geplante VdK-Kampagne „Weg mit den Barrieren!“ vor. Damit will sich der VdK für ein barrierefreies Bayern einsetzen. Prominente Unterstützung erhält der VdK Bayern durch die Bundesbehindertenbeauftragte Verena Bentele, die auch Mitglied des VdK-Landesvorstands ist und bei einigen Aktionen in Bayern vor Ort mit dabei sein wird. Geplant sind unter anderem Großveranstaltungen in allen bayerischen Bezirken, Ortsbegehungen in den Gemeinden und Städten sowie Mitmachaktionen in den VdK-Orts- und Kreisverbänden und im Internet. „Wer sich heute um Barrierefreiheit kümmert, betreibt Zukunftspolitik, da immer mehr Menschen darauf angewiesen sein werden, barrierefrei zu leben“, ist Pausder überzeugt. Mit den VdK-Aktionen wolle man Ministerpräsident Horst Seehofer auch an sein Versprechen „Bayern barrierefrei 2023“ erinnern. „Hier wird der VdK weiter Druck aufbauen“, kündigte Pausder für 2016 an.
Dr. Bettina Schubarth
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