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Alter als Restzeit oder Feierabend des Lebens: Darüber können die meisten
Älteren nur den Kopf schütteln. Politik, Medizin und Gesellschaft
tun sich schwer, mit dem neuen selbstbestimmten Altersbild der
Generation 60plus umzugehen. Wie heute die Weichen für eine
zeitgemäße Zukunft des Alters gestellt werden müssen, darüber
diskutierten beim VdK-Forum 2012 in der Evangelischen Akademie
Tutzing Wissenschaftler und Praktiker.
Unsere Gesellschaft ist noch längst nicht auf ein längeres Alter und mehr ältere Menschen vorbereitet, stellte der Landesgeschäftsführer des VdK Bayern, Albrecht Engel, in seiner Begrüßung fest. Dass Selbstbestimmung im Alter Voraussetzungen bedarf, erläuterte VdK-Präsidentin Ulrike Mascher in ihrem Vortrag. Das Wichtigste ist ein ausreichendes Alterseinkommen, also in der Regel eine ausreichend hohe gesetzliche Rente. Der Sozialverband VdK nehme deshalb Einfluss auf die Rentenpolitik, um die um sich greifende Altersarmut einzudämmen. Weitere Voraussetzungen seien bezahlbarer und barrierefreier Wohnraum, eine gute und zuverlässige Gesundheitsversorgung sowie eine tragfähige Infrastruktur auch in ländlichen Regionen. Gerade Ehrenamt und Lobbyarbeit sind im VdK eng verknüpft: Denn mit Einzelfallhilfe vor Ort kann man sicherlich die ärgste Not lindern, doch für eine grundlegende Verbesserung der Situation armer und kranker Menschen muss man politische Entscheidungen korrigieren und Strukturen ändern, so Mascher.
Wie vielgestaltig Alter ist, zeigte Dr. Roland Rupprecht vom Institut für Gerontologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg auf. Die Frage nach der Lebensqualität beantworten beispielsweise viele Ältere überraschend positiv: Die Zufriedenheit hängt viel mehr von inneren emotionalen Ressourcen ab als von körperlichen Gebrechen. Am wichtigsten für ein gutes Lebensgefühl im Alter und letztlich für die Gesunderhaltung seien soziale Kontakte: Hier zählt nicht die Anzahl, sondern die Qualität von Beziehungen.
Sich selbst fordern
Die Förderung der Gesundheit ist das Herzensanliegen der
prominenten Ärztin Dr. Marianne Koch. Den Ausdruck
überalterte Gesellschaft empfinde ich als reine
Gemeinheit, empörte sich die ehemalige Schauspielerin in
ihrem Vortrag. Die agile 80-Jährige merkte zwar bescheiden an, sie
habe mit den Genen viel Glück gehabt, dass
sie heute so gesund und fit ist. Aber, betonte sie, jeder hat es
selbst in der Hand, wie er altert. Sich die körperliche wie
geistige Beweglichkeit zu erhalten, sei das A und O. Regelmäßig den
Körper ein wenig fordern, vernünftig essen und das
Hirn mit Neuem füttern so lauten ihre Ratschläge.
Dazugehören ist wichtig, betonte Koch:
Verteidigen Sie Ihren Platz in der
Gesellschaft!
Kämpferisch zeigte sich auch Dr. Not-Rupprecht Siegel vom VdK-Geriatriezentrum Neuburg. Er brach eine Lanze für ältere Patienten. Die Medizin müsse weg von der Wahrnehmung derer Defizite hin zu einer Wahrnehmung derer Möglichkeiten. Deshalb sei auch Rehabilitation für Ältere so wichtig. Die Zahlen geben ihm recht, denn 80 Prozent kehren nach der Reha wieder nach Hause zurück und bleiben noch lange Zeit selbstständig. Warum Maßnahmen zur Gesunderhaltung Älterer aber kaum gefördert werden, dafür hatte Dr. Elke Olbermann vom Institut für Gerontologie an der Technischen Universität Dortmund eine mögliche Erklärung: Krankenkassen sehen Präventionsangebote als Maßnahme zur Kundengewinnung. Ältere fielen durchs Raster.
Mit der längeren Lebensspanne Älterer wachsen aber auch die Ansprüche an ein gesellschaftlich aktives Alter. VdK-Präsidentin Ulrike Mascher hatte bereits in ihrem Vortrag gewarnt: Ältere sind nicht automatisch die stille Reserve für gesellschaftliche Tätigkeiten. Diesen Gedanken griff Dr. Peter Zeman vom Deutschen Zentrum für Altersfragen in Berlin auf: Ehrenamtlich tätige Ältere sind zunehmend kritisch und selbstbewusst. Wer Ältere erfolgreich zum Engagement motivieren will, dem rät Zeman schlicht: Sie müssen fragen, was sie wollen. Alte Formen des Ehrenamts reizen häufig nicht mehr, viele Ältere wollen aktiv mitgestalten, Neues erleben, Spaß haben und körperlich wie geistig fit bleiben.
Kommunale Beispiele
Susanne Tatje vom Amt für Demografie in Bielefeld hält kommunale
Strategien nur dann für erfolgversprechend, wenn sie sich
mindestens an einer Generationsspanne orientieren und nicht nur am nächsten Wahltermin. Wie das Konzept
eines Mehrgenerationenhauses funktionieren kann, stellte Ruth
Dorner, Bürgermeisterin der 40 000 Einwohner zählenden Stadt
Neumarkt/Oberpfalz (Bayern), vor. 2100 Veranstaltungen,
Freiwilligen-Agentur, Klimabündnis, internationale Kochkurse die
Neumarkter nutzen ihr Mehrgenerationenhaus und sind stolz auf ihre
Aktivitäten. Das sei ein Gewinn für die Kommune, der sich gar nicht
beziffern lässt. Beim vierteljährlichen Neubürgerempfang im Mehrgenerationenhaus werden immer
eine Reihe Ehrenamtliche gewonnen. Das, so
Dorner, kostet die Stadt nichts außer ein paar
Semmeln.
bsc
Berichte aus der VdK-Zeitung über vergangene
VdK-Foren:
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