Springen Sie direkt:
Seit dem 25. Januar 2016 gibt es sogenannte Terminservicestellen (TSS) zur Vermittlung von zeitnahen Facharztterminen. Die TSS, die von der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) organisiert wird, bietet den Versicherten im Lande den gesetzlich vorgeschriebenen Terminservice bei ihrer Patienteninformationsstelle „MedCall – Ihr Infoservice rund um die Gesundheit“ an. Dorthin können sich Patienten wenden, die dringend einen Facharzttermin benötigen, über die entsprechende und mit Code versehene Überweisung durch ihren Hausarzt (gegebenenfalls auch einen anderen Arzt) verfügen und trotz eigener Nachfrage bei einem Facharzt dort keinen Termin bekommen oder keinen zeitnahen Termin behalten haben. (Keine Überweisung ist nötig bei Augen- und Frauenärzten.)
Diese Patienten können sich dann zum Ortstarif an die
wenden. Dieses TSS-Servicetelefon ist immer von montags bis donnerstags in der Zeit von 8 bis 16 Uhr und freitags von 8 bis 12 Uhr besetzt. Die TSS will dem Anrufer innerhalb einer Woche ein, maximal zwei, Facharzttermine zur Auswahl anbieten. Diese Facharzttermine sollen innerhalb des vorgesehenen Vier-Wochen-Zeitfensters liegen. Kann innerhalb der Vier-Wochen-Frist kein Facharzttermin angeboten werden, so hat die TSS dem Versicherten innerhalb einer weiteren Woche einen Behandlungstermin in einer Klinik zu organisieren. Die Vermittlung eines speziellen Wunschtermins soll aber ebenso wenig möglich sein, wie die Vermittlung eines Sprechstundentermins bei einem Wunschfacharzt oder bei einem Facharzt in einem bestimmten Ort.
Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg weist auch darauf hin, dass die Pflicht der Terminservicestellen zur Vermittlung eines zeitnahen Facharzttermins weder für Routineuntersuchungen noch für die Behandlung von Bagatellerkrankungen gilt. Eine Bagatellerkrankungen liegt dann vor, wenn ein Zuwarten von mehr als vier Wochen hingenommen werden kann, weil keine Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand ohne Behandlung verschlechtert und auch keine Gefahr besteht, dass eine längere Verzögerung der Behandlung zu einer Beeinträchtigung des angestrebten Behandlungserfolgs führen könnte. Aufschiebbare Behandlungen sind laut Kassenärztlicher Vereinigung insbesondere Früherkennungsuntersuchungen, Verlaufskontrollen bei medizinisch nicht akuten Erkrankungen sowie Untersuchungen zur Feststellung der körperlichen oder psychischen Leistungsfähigkeit. Die Beurteilung, ob dringlich oder nicht, obliege stets dem überweisenden Arzt, in der Regel dem Hausarzt, betont die KVBW. Dieser überweisende Arzt muss denn auch die Dringlichkeit auf der Überweisung – und zwar mittels eines speziellen Codes vermerken. Und diesen Code muss der Anrufer bei der Terminservicestelle bereithalten, um den neuen Terminvermittlungsservice überhaupt nutzen zu können.
Die KVBW weist ferner darauf hin, dass Notfallpatienten, die aufgrund massiver gesundheitlicher Probleme sofort ärztlich behandelt werden müssen, nicht die TSS, sondern ihren Haus- oder Facharzt direkt aufsuchen oder den Rettungsdienst unter der bekannten Telefonnummer 112 in Anspruch nehmen müssen. „Notfalltermine werden nicht durch die Terminservicestelle vermittelt“, hebt die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg ausdrücklich in ihrem Patientenmerkblatt hervor. Ebenso weist die KVBW darauf hin, dass die Servicemitarbeiter am Telefon „keine Telefonärzte“ seien und am Telefon weder behandeln noch fernmündliche Diagnosen stellen könnten.
Bislang gab es immer wieder Beschwerden von gesetzlich Versicherten wegen zu langer Wartezeiten auf einen Facharzttermin. Diverse Untersuchungen zeigten zum Teil erhebliche Unterschiede in Sachen Terminvergabe zwischen Privatpatienten einerseits und Patienten, die bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert sind, andererseits. Die Politik hat die Kritik des Sozialverbands VdK und weiterer Organisationen an dieser Ungleichbehandlung aufgegriffen und im Sommer 2015 das „Gesetz zur Stärkung der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung“ (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz) verabschiedet. Es sieht unter anderem sogenannte Terminservicestellen (TSS) bei den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) vor, die am 25. Januar 2016 ihre Arbeit aufgenommen haben. Danach sollen die KVen Patienten mit dringender Überweisung Facharzttermine vermitteln.
Die „VdK-Zeitung“ sprach mit Dr. Johannes Fechner, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Vorstands der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) über dieses neue Angebot aber auch über die Reform des ärztlichen Notfalldienstes in Baden-Württemberg.
VdK-Zeitung: „Herr Dr. Fechner, ersetzen die neuen Terminservicestellen künftig generell die jeweiligen Terminvereinbarungen der Patienten mit ihren Facharztpraxen?“
Dr. Fechner: „Nein, sicherlich nicht. Die Terminservicestelle kann keinen Termin bei dem Wunscharzt des Patienten vermitteln. Ebenso kann sie grundsätzlich auch nicht auf einen gewünschten Zeitpunkt Rücksicht nehmen. Wir gehen daher davon aus, dass die meisten Patienten auch weiterhin sich selbst um einen Termin kümmern. Die Erfahrung zeigt auch, dass die Hausärzte die Patienten unterstützen, wenn es dringend ist. Nicht vergessen werden sollte auch, dass die Patienten die Terminservicestelle nur dann in Anspruch nehmen können, wenn ein Überweisungsschein vorliegt, auf dem über einen aufgetragenen Code die Dringlichkeit des Termins erkennbar ist.“
VdK-Zeitung: „Für welche Patienten sind diese Terminservicestellen nun konkret vorgesehen?“
Dr. Fechner: „Die Terminservicestellen sind für die Patienten gedacht, die einen Behandlungstermin bei einem Facharzt benötigen, der aus medizinischen Gründen in den nächsten Wochen stattfinden soll.“
VdK-Zeitung: „Innerhalb welcher Zeitspanne können diese Patienten fortan einen Facharzttermin bekommen?“
Dr. Fechner: „Die gesetzliche Vorgabe regelt, dass die Terminservicestelle innerhalb von einer Woche einen Termin organisieren soll, der dann in den kommenden vier Wochen stattfinden muss.“
VdK-Zeitung: „Wie muss man sich den Ablauf konkret vorstellen? Wohin müssen sich die Patienten wenden?“
Dr. Fechner: „Die Patienten gehen zuerst zu ihrem Hausarzt und bekommen dort eine Überweisung. Mittels eines Codes, den der Hausarzt auf dem Überweisungsformular anbringt, wird die Dringlichkeit der Behandlung bei dem Facharzt dokumentiert. Die Patienten sollten sich zunächst selbst bei einem Facharzt ihrer Wahl um einen Termin kümmern. Nur wenn dieser Weg nicht erfolgreich war, können sich die Patienten dann telefonisch unter (07 11) 78 75 - 39 66 an die Terminservicestelle der KVBW wenden, müssen diesen Code bereithalten und bekommen dann einen Termin vermittelt. Noch nicht endgültig festgelegt ist, in welcher Entfernung der Arzt sein soll. Hier wird es ein abgestuftes System geben, einfach ausgedrückt: Je spezialisierter, desto weiter entfernt kann der Arzt sein.“
VdK-Zeitung: „Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang das Prinzip der freien Arztwahl?“
Dr. Fechner: „Das Prinzip der freien Arztwahl wird im Grundsatz nicht angetastet. Die Wahlfreiheit ist allerdings dahingehend eingeschränkt, dass ein Termin nicht beim ‚Wunschfacharzt‘ garantiert ist, aber immer bei einem Facharzt in zumutbarer Entfernung. Eine Bitte an die Patienten: sollte ein Termin nicht wahrgenommen werden können, bitten wir darum, den Termin direkt in der Facharztpraxis abzusagen, damit er anderweitig vergeben werden kann. Die Fachärzte berichten nämlich, dass bereits heute ein erheblicher Teil der Termine von den Patienten nicht eingehalten wird. Wir halten es für einen groben Fehler des Gesetzgebers, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen die Terminservicestellen mit beträchtlichem Aufwand einrichten müssen, die zudem allein von den Ärzten zu finanzieren sind, und andererseits die Patienten nicht verpflichtet werden, die für sie extra reservierten Termine in Anspruch nehmen. Zumindest wäre es aus unserer Sicht erforderlich, dass sich die Patienten an den Kosten beteiligen, wenn sie einen Termin nicht einhalten und vorher nicht absagen. Und zudem hat die Politik hat mit der Einrichtung von Terminservicestellen das Problem des Ärztemangels natürlich nicht gelöst. Denn dadurch gibt es ja keine zusätzlichen Fachärzte. “
VdK-Zeitung: „Kommen die neuen Terminservicestellen für Terminvermittlungen grundsätzlich an alle Fachärzte infrage oder gibt es hier auch Ausnahmen?“
Dr. Fechner: „Die Terminservicestellen sind für Termine bei allen Facharztgruppen zuständig.“
VdK-Zeitung: „Wird bei der Terminvergabe auch den besonderen Belangen behinderter Menschen Rechnung getragen? Wir denken da zum Beispiel an barrierefreie Zugänge zu Arztpraxen, aber auch an zumutbare Entfernungen zum Wohnort.“
Dr. Fechner: „Das ist so generell nicht vorgesehen, weil das uns überfordern würde. Gleichwohl werden unsere Mitarbeiter natürlich versuchen, soweit möglich, den Anforderungen der Patienten Rechnung zu tragen.“
VdK-Zeitung: „Im Jahr 2014 erfolgte bereits die Reform des ärztlichen Notfalldienstes. Welche wesentlichen Neuerungen gibt es hier?“
Dr. Fechner: „Wir haben nun landesweit bis auf den Landkreis Tübingen, an den Wochenenden und Feiertagen überall zentrale Notfallpraxen, die für den Bereitschaftsdienst zuständig sind. Größtenteils sind die Notfallpraxen an den Krankenhäusern angesiedelt.“
VdK-Zeitung: „Welche konkreten Vorteile bringt die Reform des Notfalldienstes den Patienten?“
Dr. Fechner: „Die Patienten wissen zum einen, wo sie hinfahren müssen. Der Weg zum Krankenhaus ist überall bekannt. Die Patienten müssen nicht mehr recherchieren, welcher Arzt Dienst hat, wie er zu erreichen ist und wo er seine Praxis hat. Sie fahren einfach ins Krankenhaus, an dem die Notfallpraxis angesiedelt ist, da ist ein Arzt und sie brauchen auch keine Anmeldung. Zusätzlich nehmen unsere Ärzte natürlich weiterhin Hausbesuche vor, wenn die Patienten nicht mobil sind und es medizinisch erforderlich ist. Die Ärzte in den Notfallpraxen können die Einrichtung des Krankenhauses mit nutzen. Wenn es etwa erforderlich wäre, dass eine Laboruntersuchung oder eine Röntgenaufnahme angefertigt werden muss, ist das nun einfach möglich. Und falls sich herausstellt, dass der Patient doch stationär aufgenommen werden muss, entfällt der Krankentransport. Wir haben bislang sehr gute Erfahrungen gemacht, und auch die Umfragen unter den Patienten zeigen eine hohe Zufriedenheit.“
VdK-Zeitung: Was sagen Sie dazu, dass der VdK Baden-Württemberg nun zukünftig selbst Patientenberatung in Baden-Württemberg anbietet?
Dr. Fechner: „Der VdK ist ein anerkannter Verband, in dem hohes Fachwissen zu den einzelnen Themen vorhanden ist. Da bietet es sich an, dass der Verband auch Patientenberatungen vornimmt. Wir begrüßen das Beratungsangebot des VdK ausdrücklich und werden weiterhin gut und vertrauensvoll mit dem VdK zusammenarbeiten.“
Das Gespräch mit Dr. Johannes Fechner führte Britta Bühler von der „VdK-Zeitung“.
Bildrechte auf der Seite "http://www.vdk.de//bawue/pages/vdk-themen/vdk-themen/70655/neue_terminservicestellen_seit_25_januar_2016":
Liste der Bildrechte schließen
Wir setzen auf unserer Website Cookies ein. Einige von ihnen sind notwendig, während andere uns helfen, unser Onlineangebot zu verbessern.