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Sebastian Benda, VdK-Ehrenamtler auf der Bundesgartenschau (BUGA) Heilbronn, dreht einen Schalter an der Armatur des Herds. Ein leicht surrender Ton ist zu hören und der Küchenhängeschrank senkt sich herab.
„Das ist ja toll, da kann ich das Geschirr genau auf meiner Höhe reinstellen und herausnehmen und muss mich nicht aus dem Rollstuhl mühevoll hochziehen“, sagt Paul Neuhaus. Auch die absenkbare Kochplatte begeistert Neuhaus bei der Besichtigung des Muster-Apartments des VdK-Kreisverbands Heilbronn.
Neuhaus fährt Rollstuhl, da er an Poliomyelitis (Kinderlähmung) erkrankt ist. Beine und Bauchmuskulatur sind bei ihm gelähmt.
„Wer an Polio erkrankt, der bekommt nach 40 bis 50 Jahren noch mal einen Einbruch. Da ist es wichtig, sich zeitig erneut über barrierefreie Möglichkeiten des selbstbestimmten Wohnens zu informieren. Paul Neuhaus ist nicht nur als Privatmann hier, er ist auch im Vorstand des Bundesverbands Poliomyelitis Selbsthilfe und schaut sich für seine Mitglieder um.
„Grundsätzlich ist es besser, direkt in einen Neubau umzuziehen, als umzubauen, aber natürlich ist das auch eine Entscheidung, die Menschen schwerfällt. Gerade im Alter beobachte ich bei unseren Mitgliedern, dass sie immer weniger entscheidungsfreudig sind. Es herrscht die Haltung: Wenn es kommt, dann mache ich es. Wenn es aber dann da ist, haben die Leute oft kein Geld, keine Zeit und vor allem keine Kraft mehr“, sagt Neuhaus. So sieht es auch Kreisvorsitzender Frank Stroh: „Uns ging es darum, dass wir Dinge zeigen, die man nachträglich einbauen kann. Was kann ich ohne großen Auf- wand nachrüsten“. So finden sich im Apartment beispielsweise Bo- denbeleuchtung wie im Flugzeug, ein Panikschalter, den man bequem vom Bett aus bedienen kann und mit einem Klick das ganze Apartment erleuchtet, oder ein Hitzealarm über der Herdplatte, der bei Dampf Alarm schlägt.
„Die Idee wurde 2015 geboren, als wir zum Thema Wohnen im Alter eine Veranstaltung mit der Kreishandwerkskammer Heil- bronn-Franken gemacht haben.“ Stroh führte mit mehreren Investoren Gespräche, denn der Sozialverband VdK wollte nicht ein Apartment kaufen, sondern nur mieten. Am Ende konnte er sich mit der Firma Paulus Wohnbau einigen, die mit anderen Investo- ren auf dem Gelände der Bundes- gartenschau ein neues Wohn- und Gewerbequartier erstellt hat, das nach der BUGA weiter ausgebaut wird.
Für die Innenausstattung hat Frank Stroh gute Kooperationspartner an Land gezogen: Die Firma Hoffmeister stellt die Möbel zur Verfügung wie beispielsweise das höhenverstellbare Bett. Von Verosana kommen die ausgestell- ten Reha-Hilfsmittel wie der Not- rufknopf und die Kreishandwer- kerschaft Heilbronn-Öhringen hat Lichtleisten und auch Hilfsmittel montiert. „Unsere Kooperations- partner sind schon sehr großzügig, das muss man sagen. Auch der BUGA-Inklusionsbeauftragte Karl Reinwald hat uns bei dem Projekt sehr unterstützt“, freut sich Kreischef Stroh.
Pro Tag besuchten im ersten Monat rund 80 Besucher das Muster-Apartment. An Feiertagen und Wochenenden kommen sogar über 100 Interessierte in das Apartment (Nr. 79 im BUGA-Geländeplan), das von Dienstag bis Sonntag von 10 bis 16 Uhr geöffnet hat. Dort informieren 45 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Kreisverband Heilbronn über die mehr als sechs Monate hinweg.
„Man merkt auch den Stolz der Ehrenamtlichen, dass wir vom Kreisverband auf der BUGA sind.
So soll es auch sein“, sagt Stroh lächelnd. Zu diesen Ehrenamtlichen gehören auch Karin und Sebastian Benda. Beide sind im Vorstand des VdK Gundelsheim. Das Ehepaar hat auch schon zu Hause Umbauten vorgenommen, sodass das Thema für sie ein Heimspiel ist. Sebastian Benda zeigt einem Besucher gerade den Kühlschrank. „Besonders gefällt mir, wie der Kühlschrank hier angeordnet ist. Sehen Sie, ideal für mich als Rollstuhlfahrer. Ich öffne die Tür und gleich nebendran ist die Ablageplatte für die herausgeholten Sachen“, sagt der Besucher.
Karin Benda stellt fest, dass die unterschiedlichsten Menschen kommen. „Manche schauen für ihre Eltern oder ältere Angehöri- ge. Oder sie wollen sich vorab informieren und andere sind schon älteren Semesters und für sie wird das Thema jetzt aktuell.“ Der Umbau zu einer altersgerechten Wohnung mit alltagsunterstützenden Assistenzlösungen (AAL) ist grundsätzlich sehr individuell. Ein Zuschuss über die Pflegekasse ist möglich, wenn ein Pflege- grad festgestellt ist. Eine Finanzierung über KfW-Kredite, die günstiger sind als herkömmliche, kann auch in Frage kommen. Details können
priba
Das VdK-Muster-Apartment finden Sie unter der Nr. 79 auf dem BUGA Geländeplan. Es hat von Dienstag bis Sonntag von 10 bis 16 Uhr geöffnet.
Unsere 45 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beraten Sie vor Ort gerne.
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