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Nach 23 Jahren als Landesgeschäftsführer in Stuttgart und insgesamt 39 Jahren in Diensten des Sozialverbands VdK Baden-Württemberg beendete Hans-Josef Hotz seine hauptamtliche Tätigkeit und geht in den wohlverdienten Ruhestand. Wir sprachen sprachen mit dem 64-Jährigen über die Verbandsarbeit in außergewöhnlichen Zeiten.
VdK-Zeitung: Der 18. Ordentliche Landesverbandstag steht im Oktober 2020 wieder an. Diesmal sind etliche personelle Änderungen zu erwarten. Zugleich geht die Corona-Krise an dieser wichtigen VdK-Veranstaltung nicht spurlos vorbei. Welche Erwartungen haben Sie an den Landesverbandstag?
Hans-Josef Hotz: Nach reiflicher Überlegung hat der Vorstand entschieden, den Landesverbandstag in Präsenzform durchzuführen. Wir müssen allerdings die Teilnehmerzahl dieser wichtigen Satzungsveranstaltung auf das Notwendigste beschränken. Denn es gilt auch hier, die Hygiene- und Abstandsregeln zu beachten. Aus jahrelanger Erfahrung weiß, dass die Delegierten – trotz Corona – auch diesmal vorausschauende und beherzte Entscheidungen treffen werden. So werden wir die erfolgreiche Arbeit in gewohnter Kontinuität und zukunftsorientiert fortsetzen können.
Die Pandemie könnte die soziale Spaltung in der Gesellschaft, weiter vertiefen. Welche Probleme sehen Sie und wie kann der VdK Baden-Württemberg zur Lösung beitragen?
Die Corona-Krise ist eine der größten Herausforderungen seit dem Zweiten Weltkrieg. Sie verlangt uns allen viel ab. Freiheiten, die wir für unantastbar hielten, müssen eingeschränkt werden. Die Pandemie ist ein einziger Stresstest. Einige Systeme bestehen ihn, andere nicht. Die Solidarität ist dem VdK seit jeher ein zentrales Anliegen – ob vor 75 Jahren oder heute. Corona zeigt einige Baustellen sehr deutlich auf. Wir müssen verhindern, dass aus der Corona-Krise eine soziale Krise wird. Wir müssen jetzt die richtigen Lehren ziehen, damit der gesellschaftliche Zusammenhalt bestehen bleibt. Es gilt die sozialen Sicherungssysteme zu stärken – nicht auszuhöhlen. Verlässliche Sozialleistungen geben Sicherheit im Leben. Allerdings darf die Finanzierung der Corona-Mehrkosten nicht allein auf gesetzlich Versicherte abgewälzt werden. Und wir brauchen auch in anderen Bereichen eine soziale und generationengerechte Politik mit Augenmaß.
Seit 1981 sind Sie in hauptamtlicher Funktion für den VdK im Lande tätig. Wie hat sich die Verbandsarbeit seitdem verändert?
Dank der vorausschauenden Arbeit unseres 2018 verstorbenen und von mir sehr geschätzten Ehrenpräsidenten Walter Hirrlinger hat sich der VdK zu einem modernen Sozialverband mit über zwei Millionen Mitgliedern entwickelt. Auch unter der Verantwortung der Vorsitzenden Hans-Otto Walter und Roland Sing haben wir den damit verbundenen Spagat erfolgreich gemeistert, die in die Jahre gekommenen Strukturen ebenso zu professionalisieren wie unsere Serviceangebote und dennoch die traditionell zentrale Rolle des Ehrenamts zu erhalten. Denn es prägt unsere Verbandsarbeit entscheidend. Die heutige VdK-Erfolgsgeschichte mit über 240 000 Mitgliedern allein im Südwesten beruht größtenteils auf der vielfältigen Arbeit unserer Verbandsstufen.
Seit den 90er-Jahren wurden beim VdK Baden-Württemberg der Sektor Marketing und Kommunikation, aber auch der Sozialrechtsschutz stark ausgebaut. Wie schätzen Sie diese Entwicklung ein?
„Tue Gutes und rede darüber“ ist seit je her unser Motto. Neben der sozialrechtlichen Vertretung sind Aufklärung und schnelle Information seit langem weitere Schwerpunkte. Zudem haben sich die Erwartungen der jetzt heterogenen Mitgliederschar im Laufe der Zeit stark gewandelt. Gerade die Jüngeren stellen andere Ansprüche an unsere Serviceleistungen. Um dem gerecht zu werden, haben wir den Sektor Marketing und Kommunikation nachhaltig ausgebaut. Die breite öffentliche Wahrnehmung unserer auch digital begleiteten Aktion „Pflege macht arm!“ mit über 100 000 gesammelten Unterschriften belegen die Richtigkeit dieses Wegs.
In 2000 hat der Landesverband seinen Sozialrechtsschutz in eine gemeinnützige GmbH ausgegliedert. Was waren damals die Beweggründe?
Der Sozialrechtsschutz ist und bleibt unser Kerngeschäft. Denn die Menschen vertrauen auf die VdK-Kompetenz. Mehr Verfahren und der einhergehende Personalbedarf sind Folgen des Mitgliederanstiegs. Aber auch die Gemeinnützigkeit des VdK Baden-Württemberg machte es erforderlich, den Sozialrechtschutz in eine gGmbH auszugliedern. Im Zentrum stand dabei der Servicegedanke. Heute gibt es flächendeckende Beratung in 35 Geschäftsstellen mit 55 Sozialrechtsreferenten. Allein 60 000 Ratsuchende sprachen in 2019 persönlich bei uns vor. Daraus resultieren über 13 000 erledigte Verfahren und rund acht Millionen Euro an Nachzahlungen. Die Finanzierung dieser Dienstleistung wäre in alter Form nicht machbar gewesen.
Heute kann die VdK Sozialrechtsschutz gGmbH Baden-Württemberg auf eine bereits 20-jährige erfolgreiche Arbeit zurückblicken. Gleichwohl galt es Hürden zu überwinden und einen langwierigen BSG-Prozess zu führen. Was ist Ihr Fazit?
Es war eine einmalige Chance, die wir dank des Rückhalts des Vorstands und trotz wiederholter rechtlicher Rückschläge ergriffen und zugleich juristisches Neuland betreten haben. Erst nach langem, steinigem Weg durch die Instanzen hat das Bundessozialgericht unserem Begehren stattgegeben – ein wichtiger Etappensieg. Nach der Gründung der gemeinnützigen GmbH mussten wir unser Beratungsangebot neustrukturieren. Dies war ein administrativer Kraftakt, der ohne die nachhaltige Unterstützung der Bezirks- und Kreisverbände nicht möglich gewesen. Heute dient unsere gGmbH als Blaupause für andere Landesverbände.
Eine wichtige Säule der VdK-Arbeit ist seit je her das Ehrenamt. Doch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sind heute anders als in Nachkriegszeit oder 80ern, als Sie haupt- und ehrenamtlich anfingen. Wie kann es gelingen, künftig ebenfalls Menschen für das VdK-Ehrenamt zu gewinnen?
Freiwilliges Engagement hat Tradition im Südwesten, fast jeder Zweite engagiert sich ehrenamtlich. Dafür müssen wir dankbar sein. Denn Ehrenamt erfüllt Verbandsarbeit mit Leben. Diese Menschen geben dem VdK ein Gesicht. Gerade in Corona-Zeiten wird klar, wie wichtig gesellschaftliche Solidarität und Hilfe vor Ort sind. Ich danke allen aktiven Mitgliedern für diesen beachtlichen Einsatz. Bleiben Sie uns treu, wir brauchen Sie weiterhin!
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Schlagworte Landesverbandstag | Corona | Hans-Josef Hotz | Geschäftsführung
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