24. November 2021
    Presse

    „Das ist eine Mogelpackung!“

    Landesregierung möchte SeniorInnen zur Führerscheinabgabe motivieren

    • Sozialverband VdK BW zweifelt an der Ausgewogenheit der Aktion
    • Appell: Programmangebote zur Förderung der Fahrtauglichkeit im Alter und barrierefreier Ausbau des ÖPNV im ländlichen Raum

    „Bus und Bahn statt Führerschein“ – mit diesem Projekt möchte das baden-württembergische Verkehrsministerium die Straßen im Land sicherer machen. In der Hauptverantwortung sieht das Ministerium Seniorinnen und Senioren ab 65: Diese Altersgruppe sei besonders häufig an Verkehrsunfällen beteiligt. Diese Aussage steht allerdings im Widerspruch zur Erhebung des Statistischen Bundesamtes „Verkehrsunfälle. Unfälle von Senioren im Straßenverkehr 2019“, so der Sozialverband VdK Baden-Württemberg e.V.

    Laut dieser bundesstatistischen Erhebung haben Seniorinnen und Senioren im Vergleich zu ihrem Bevölkerungsanteil eine unterproportionale Unfallbeteiligung im Straßenverkehr. Ihr Anteil an allen Verunglückten betrug demnach lediglich 13,5 Prozent. „Diese Erhebung ist unvereinbar mit der Darstellung des Verkehrsministeriums [Baden-Württemberg]“, so Hans-Josef Hotz, Vorsitzender des VdK Baden-Württemberg. „Unserer Auffassung nach ist ausschließlich die jeweilige individuelle Fahrtüchtigkeit entscheidend – nicht das Lebensalter!“

    Zu beachten ist auch der demographische Wandel. Ältere Menschen sind heute wesentlich mobiler unterwegs, als noch vor einigen Jahren. Somit steigt auch automatisch ihr Anteil bei Verkehrsunfällen. Hans-Josef Hotz erklärt: „Immer mehr Menschen der Generation 65+ besitzen einen Führerschein, nutzen ihr Auto bis ins hohe Alter und sind als Fahrradfahrer unterwegs.“

    Bislang beteiligen sich 15 Verkehrsverbünde im Rahmen eines Kooperationsvertrags an dem Landesprojekt, das die Seniorinnen und Senioren ab 65 Jahren dazu bewegen soll, freiwillig ihren Führerschein abzugeben. Im Gegenzug dürfen sie ein Jahr lang kostenlos den öffentlichen Nahverkehr in ihrer Region nutzen. Dieses Tauschangebot betrachtet der VdK Landesverband als eine Mogelpackung. Denn wer nach Ablauf des kostenfreien Probejahres seinen Führerschein wiederhaben will, muss finanzielle und bürokratische Hürden in Kauf nehmen. Laut Aussage des Landratsamts Rhein-Neckar fallen für eine Wiedererteilung der Fahrerlaubnis Gebühren zwischen circa 34 und 260 Euro an. Zudem wird ein Sehtest fällig sowie weiterhin ein Erste-Hilfe-Nachweis und ein biometrisches Lichtbild.

    Auch der mangelhafte infrastrukturelle Ausbau der ländlichen Regionen wird bei dem Projekt „Bus und Bahn statt Führerschein“ gänzlich ignoriert: 34 Prozent der Menschen in Baden-Württemberg leben im ländlichen Raum, der Großteil der ländlichen Bevölkerung gehört der Altersgruppe über 65 Jahren an. Gerade hier ist der ÖPNV, im Gegensatz zur Stadt, nur unzureichend ausgebaut. „Der Zugang zu medizinischer Versorgung – also die Erreichbarkeit von ÄrztInnen oder Apotheken – ist insbesondere auf dem Land für ältere Menschen erschwert, sofern sie auf Bus und Bahn angewiesen sind“, führt Hotz aus. Zumindest bei Fahrgästen auf dem Land ist ein Sinneswandel somit eher unwahrscheinlich.

    Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass das ebenfalls von Bündnis 90/Grüne geführte Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg bei seiner Bedarfsplanung der ärztlichen Versorgung im krassen Widerspruch zu dem Aktionsziel seiner ParteikollegInnen im Verkehrsministerium steht. „Wir sind sehr überrascht, dass das Sozialministerium bei der Bemessung der Erreichbarkeit von FachärztInnen im ländlichen Raum den motorisierten Individualverkehr als Messkriterium bestimmt – und eben nicht den öffentlichen Nahverkehr“, bemerkt Hotz.

    Unter diesen Vorrausetzungen spricht sich der VdK Baden-Württemberg gegen die Aktion „Bus und Bahn statt Führerschein“ aus. Zielführender sieht der Landesverband die Bereitstellung von mehr Programmangeboten zur Förderung der Fahrtauglichkeit im Alter und fordert weiterhin von der Landesregierung den konsequenten Ausbau des barrierefreien ÖPNV im ländlichen Raum.

    Die Presseinformation als PDF-Datei zum Herunterladen:

    R. Schwarz

    Pressekontakt

    Rebecca Schwarz
    Sozialverband VdK Baden-Württemberg e.V.
    Telefon: 0761 504 49-24
    E-Mail: rebecca.schwarz@vdk.de

    Informiert bleiben
    Aktuelle Informationen direkt von der Abteilung Marketing und Kommunikation: Melden Sie sich hier für unseren Presseverteiler an!

    Soziale Netzwerke

    Aktuelle Themen im Netz: Als moderner Sozialverband nutzen wir auch die sozialen Medien. Das volle Programm zum Reinklicken, Streamen und Herunterladen gibt es auf Facebook, Twitter, YouTube und Instagram.

    Direkt ins Postfach
    Newsletter abonnieren
    Alle aktuellen Neuigkeiten aus dem Sozialrecht, der Sozialpolitik und dem Ehrenamt gibt es mit dem Newsletter des Sozialverbandes VdK Baden-Württemberg direkt ins eigene Postfach.

    Artikel aus der Mitgliederzeitung
    VdK-Zeitung
    So spannend wie das Leben: Die VdK-Zeitung ist mit 1.6 Millionen Exemplaren pro Ausgabe eine der größten Mitgliederzeitungen bundesweit. Unsere VdK-Mitglieder erhalten 10 Ausgaben im Jahr direkt nach Hause – natürlich kostenlos! Wir berichten über aktuelle Entwicklungen in der Bundes- und Landespolitik, informieren über regionale Hilfsangebote und vieles mehr.

    Besser verständlich
    Holzbuchstaben in bunten Farben auf einem Tisch
    Oft sind gerade rechtliche Informationen so kompliziert, dass sie nicht von allen Menschen verstanden werden. Deswegen veröffentlichen wir hier regelmäßig Informationen und Artikel in Einfacher Sprache. Viel Spaß beim Lesen!

    Datenschutzeinstellungen

    Wir setzen auf unserer Website Cookies ein. Einige von ihnen sind notwendig, während andere uns helfen, unser Onlineangebot zu verbessern.

    • Notwendig
    • Externe Medien
    Erweitert

    Hier finden Sie eine Übersicht über alle verwendeten Cookies in externen Medien. Sie können Ihre Zustimmung für bestimmte Cookies auswählen.